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ZSC Lions im neuen Stadion – heute beginnt eine neue Ära

ZSC-head coach Rikard Groenborg during the regular season game of the National League Swiss ice hockey championship between HC Ambri-Piotta and the ZSC Lions at the Gottardo Arena (New Valascia) in Am ...
Die Schonfrist für ZSC-Chef Rikard Grönborg und seine Mannen ist vorbei.Bild: keystone
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ZSC Lions – der Beginn einer neuen Ära und das Ende der Schonfrist

Heute beginnt für die ZSC Lions mit dem ersten Heimspiel der Saison gegen Gottéron, der ersten Partie im neuen Tempel, nicht nur eine neue Ära. Eigentlich beginnt die Saison sportlich erst jetzt. Die Schonfrist für Trainer Rikard Grönborg ist zu Ende.
18.10.2022, 11:0318.10.2022, 15:55
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War da nicht Kritik am Trainer und ein wenig auch am Sportchef? War da überhaupt etwas? Für die ZSC Lions beginnt mit der ersten Partie im neuen Hockey-Tempel heute Abend gegen Gottéron ein neues Zeitalter. So grosse Worte gehören sich, wenn ein Hockeyclub 92 Jahre nach seiner Gründung zum ersten Mal in seinem eigenen Stadion – also einer Arena, die ihm gehört – auftreten darf. Und den Anfang der Geschichte verlegen wir ins Jahr 1930. Damals ist der ZSC gegründet worden, aus dem 1997 die ZSC Lions hervorgegangen sind.

Aber ist es sportlich wirklich der Beginn einer neuen Ära? Das ist die zentrale Frage. Im Frühjahr haben die ZSC Lions und ihr Trainer Rikard Grönborg die Mutter aller Niederlagen erlitten: Sie verspielten im Final gegen Zug eine 3:0 Führung. Was bei uns noch nie und in Amerika zuletzt in den Tiefen des letzten Jahrhunderts passiert ist. In vier Anläufen ist es nicht gelungen, den Sieg zu erringen, der die Meisterschaft gebracht hätte. Auch Sportchef Sven Leuenberger hat eingeräumt: Das sei prägend, das gehe nicht so schnell vergessen. In der öffentlichen Kritik, logisch, der Trainer. Schliesslich ist er ein berühmter Chef – zweimal Weltmeister mit Schweden – und der teuerste der Liga.

Die ZSC Spieler nach der Niederlage beim Eishockey Playoff-Finalspiel, Spiel 7, der National League zwischen dem EV Zug und den ZSC Lions am Sonntag, 1. Mai 2022 in Zug. (KEYSTONE/Urs Flueeler).
Die Enttäuschung war gross: Die Lions geben gegen Zug den sicher geglaubten Titel aus der Hand.Bild: keystone

Aber die Titelentscheidung ist spät gefallen. Erst am 1. Mai. Das Interesse wendet sich der Eishockey-WM zu und überhaupt ist es bald zu schön, zu mild und zu spät, um sich medial mit dem ZSC-Trainer auseinanderzusetzen. So kommt dem charismatischen Schweden entgegen, dass der Einzug in den neuen Tempel wegen ein paar lockerer Schrauben erst heute, Dienstag, erfolgt. Die ZSC Lions mussten ihre bisherigen acht Meisterschaftsspiele auswärts bestreiten. Immer auswärts! Wer mag da kritisieren? Wer sich mit dem Trainer beschäftigen? Niemand. Alle blicken jetzt vorwärts in die neue Ära mit der neuen Arena.

Und als die NZZ soeben trotzdem nach der Zukunft des Trainers fragte, dessen Vertrag ja nach der Saison ausläuft, konnte Sportchef Sven Leuenberger staatsmännisch sagen: «Da haben wir keine Eile. In den letzten Wochen und Monaten hatte ganz klar die neue Halle Priorität.» Da ist es weniger ins Gewicht gefallen, dass Rikard Grönborg bei der Mannschaft noch nicht alle Schrauben fest angezogen hat. Wäre alles wie früher, wäre der missglückte Start – 1:4 in Rapperswil-Jona, 1:2 n. V. in Langnau – kaum so geräuschlos hingenommen worden.

Für die ZSC Lions beginnt mit der ersten Partie im neuen Hockey-Tempel heute Abend gegen Gottéron ein neues Zeitalter.

Wer sagt, die Schonfrist für den Trainer sei nun mit dem Einzug in den neuen Tempel vorbei, ab sofort habe der Sport Priorität, ist also sachlich und keineswegs polemisch. Wo stehen die Zürcher sportlich? Pro Spiel sind maximal 3,0 Punkte möglich. Die ZSC Lions haben in acht Auswärtspartien einen Punktedurchschnitt von 1,9 erreicht. Das ist gut. Auch andere Werte sind vorzüglich: bisher am wenigsten Gegentore und das beste Spiel in Unterzahl. Der Sportchef hatte sich vorgenommen, für eine noch solidere Defensive zu transferieren.

ZSC Lions Verteidiger 44 Dean Kukan stürmt neu im Trikot der ZSC Lions. Hier während dem Testspiel gegen den Düsseldorfer EG. (Zürich, Schweiz, 19.08.2022) Eishockey *** ZSC Lions defender 44 Dean Kuk ...
Dean Kukan ist bisher eine ordentliche Verstärkung für den ZSC.Bild: IMAGO / Andreas Haas

Mit dem NHL-Rückkehrer Dean Kukan und mit Olympiasieger und Weltmeister Mikko Lehtonen hat er dieses Ziel offensichtlich erreicht. Und wird der Titelkampf am Ende nicht in der Defensive entschieden? Eben.

Aber eine noch so perfekte Defensive reicht nicht. Nun, im neuen Tempel, lebt der Homo in Glaciem nicht vom Resultat allein. Das Publikum will Unterhaltung. In diesem Bereich ist es über all die Jahre zu kurz gekommen. Das Hallenstadion, 70 Jahre lang die Heimat des Stadtzürcher Hockeys, war auf einer städtischen Kultur- und Unterhaltungsskala von Niederdorf bis Opernhaus immer ein wenig näher dem Opernhaus. Vor allem während der langen Qualifikation vom September bis Ende Februar. Nun gibt es auch in Zürich ein echtes Hockeystadion. Nun soll es auch während der Qualifikation ordentlich rocken.

Ist die Mannschaft gut genug, um eine Euphorie zu entfachen? Auf diese Frage hat Sven Leuenberger kürzlich geantwortet: «Davon bin ich überzeugt. Ja, wir haben ein Team, mit dem man das Stadion füllen kann.» Allerdings hapert es mit der offensiven Kür schon noch ein bisschen: bisher erst die Nummer 9 der Liga in der Torproduktion und nur die Nummer 12 im Powerplay. Euphorie, Spektakel und Unterhaltung mit einem Team, das vor allem defensiv funktioniert? «Wir wollen in erster Linie erfolgreiches Eishockey zeigen», hat der Sportchef der NZZ dazu gesagt. «Wenn man die spektakulären Tic-Tac-Toe-Tore erzwingen will, geht es meistens schief.»

Zum ersten Mal in ihrer Geschichte sind die Zürcher ab heute Herr im eigenen Haus. Mit permanenten Kabinen im Stadion und einem Spiel- und Trainingsplan, der nicht um Konzerte und Aktionärsversammlungen herumgebaut werden muss.

Zum ersten Mal in ihrer Geschichte sind die Zürcher ab heute Herr im eigenen Haus. Mit permanenten Kabinen im Stadion und einem Spiel- und Trainingsplan, der nicht um Konzerte und Aktionärsversammlungen herumgebaut werden muss. Nun steht auch bei der Infrastruktur das Hockey im Zentrum. Ein Fortschritt, der gar nicht hoch genug bewertet werden kann. Aber auch so ist die Herausforderung enorm, spektakulär, unterhaltsam und siegreich sein zu müssen.

Da ist Gottéron als erster Gast im neuen Tempel der perfekte Gegner: Gottéron hat in seiner jüngeren Geschichte dem Publikum mit Slawa Bykow und Andrej Chomutow wohl mehr Tic-Tac-Toe-Spektakel geboten als jeder andere Klub. Aber Gottéron ist trotzdem nie Meister geworden. Weil es die Balance zwischen defensiver Sachlichkeit und spielerischem Spektakel noch nie gefunden hat. Und die ZSC Lions haben diese Balance in den letzten acht Jahren auch nur noch einmal gefunden.

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39 Kommentare
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Bruno Wüthrich
18.10.2022 07:26registriert August 2014
Ich bin beileibe kein Z-Fan. Aber ein Schnitt von 1,9 Punkten in acht Auswärtspartien ist wahrlich auch für Zürich nicht übel. Nach dem miserablen Saisonstart (mit der 1:2 - Niederlage in Langnau) hat man sich offensichtlich sehr gut aufgefangen. Die Mannschaft soll ja in erster Linie das neue Heimstadion rocken und dann die Meisterschaft gewinnen. Die Auftritte in der Fremde während der Quali sind da nicht so wichtig.

Und Langnau ist ja wirklich übermächtig.
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Thomas Meister
18.10.2022 05:58registriert April 2019
Der ZSC hat saisonübergreifend 6 mal in Serie verloren. 4 mal im Playofffinal. 2 mal beim Saisonstart davon sogar gegen Langnau. Und trotzdem steht Grönborg noch an der Bande. Wieso? Er bringt die Mannschaft nicht weiter. Ein System ist auch nach dieser langen Zeit noch immer nicht erkennbar. Er bringt es nicht fertig dass der ZSC sein Potential aufs Eis bringt. Man weiss nie was man zu sehen bekommt. Mal fast perfektes Hockey und dann wieder kraft- und emotionslose Auftritte.
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