SCB-General Marc Lüthi sagt, diesen Personalentscheid habe Martin Plüss als Chef des Sportbereiches (polemisch: Obersportchef) gefällt.
«Das ist seine Abteilung, dafür ist er verantwortlich. Also fragen Sie bitte bei ihm nach und nicht bei mir.» Nun ist Martin Plüss ein Mann mit Stil. Also verweist er auf die offizielle Medienmitteilung. An deren Formulierung hat Marc Lüthi mitgearbeitet. «Da brauchten wir keinen Juristen …» So begründet der SCB die Korrektur des Irrtums Patrik Bärtschi offiziell:
Martin Plüss sagt, der SCB werde noch einen weiteren Ausländer verpflichten. Voraussichtlich einen produktiven, auch fürs Powerplay geeigneten Flügel oder Center. Da ja auf nächste Saison mit dem zwar nicht brillanten, aber verlässlichen und erfahrenen Sandro Zurkirchen ein Schweizer Goalie kommt, kann Trainer Jussi Tapola auch mal sechs ausländische Feldspieler einsetzen. Diesen zusätzlichen ausländischen Arbeitnehmer muss nun Martin Plüss suchen. Er bestätigt: «Ja, das ist so.»
Patrik Bärtschi ist nicht das Opfer eines Sparprogrammes geworden. Martin Plüss ist nämlich auch damit beschäftigt, einen neuen Untersportchef zu verpflichten. Und Marc Lüthi ergänzt: «Bewerbungen werden gerne entgegengenommen. Auch ein Chronist kann sich bewerben.»
Was also sind die Gründe für die sofortige Trennung? Da Marc Lüthi an Martin Plüss verweist und Martin Plüss die offizielle Medienmitteilung nicht weiter kommentiert, müssen wir wieder einmal die Gewährsleute beim SCB befragen. Sie sind in diesem Fall besonders auskunftsfreudig. Weil alle offenbar froh und erleichtert sind, dass Patrik Bärtschi endlich gehen muss. Der smarte Zürcher, der sein Selbstvertrauen (und damit seine Fähigkeit, alles besser zu wissen) nie unter den Scheffel gestellt habe, sei schon nach kurzer Zeit im SCB-Fuchsbau unbeliebter gewesen als Florence Schelling, die es als Sportchefin auch nur auf ein Jahr Amtszeit gebracht hatte und im April 2021 gehen musste. Weiterhin wohnhaft im Züribiet sei Patrik Bärtschi in Bern gar nie angekommen und beim SCB ein Fremdkörper geblieben.
Die am häufigsten gestellte Frage in den SCB-Büros der letzten Saison gemäss verlässlichsten Gewährsleuten: «Weiss jemand, wo der Bärtschi ist?» Fatal für einen Kadermann, der in einer zentralen sportlichen Position die SCB-Werte und seine Identifikation mit dem SCB täglich bei der Arbeit vorleben müsste. Und das als selbstbewusster Zürcher in Bern.
Martin Plüss habe lange Zeit seine schützende Hand über seinen unbeliebten Sportchef gehalten. Ein Blick auf die Kaderliste erkläre, warum er nun die Notbremse gezogen habe. Beim SCB laufen im Frühjahr unter anderem die Verträge von Simon Kindschi, Samuel Kreis, Romain Loeffel, Ramon Untersander, Benjamin Baumgartner, Simon Moser, Fabian Ritzmann, Thierry Schild und Joel Vermin sowie von mehreren Ausländern aus. Auch das Arbeitsverhältnis von Trainer Jussi Tapola endet spätestens im nächsten Frühjahr. Kommt dazu, dass auch die Verpflichtung von HCD-Goalie Sandro Aeschlimann ab 2026 noch in diesem Jahr über die Bühne gehen sollte.
Die Fachkenntnis von Patrik Bärtschi wird gerühmt. Mit Austin Czarnik gelang ihm ja ein Volltreffer. Aber er war nicht dazu in der Lage, den Liga-Topskorer zu halten. Obwohl der Amerikaner gerne schon im Herbst verlängert hätte. Aber da war die Frage, als er seinen Wunsch vorbrachte, wohl im Büro auch: «Wo ist eigentlich der Bärtschi?» Und so hat Austin Czarnik halt vorzeitig bei Lausanne unterschrieben.
Auch wäre es eigentlich am Untersportchef gewesen, zwischen Jussi Tapola und Dominik Kahun zu vermitteln. Aber dafür hätte er natürlich in Bern weilen müssen. Im Homeoffice ist es schwierig, Konflikte zu managen. Und letztlich ist die Torhüterfrage nicht ganz glücklich gemanagt worden: Philip Wüthrich (zu Ambri) wird durch Sandro Zurkirchen (von Kloten) ersetzt. Ist das ein Transfergewinn auf der wichtigsten Position? Wir wollen weder polemisieren noch grübeln.
Alles in allem dürfen wir angesichts der vielen auslaufenden Verträge behaupten: Ein so grosses Arbeitspensum hatte die Sportabteilung beim SCB vielleicht noch nie zu bewältigen.
Achtung, nun kommt eine polemische Interpretation: Martin Plüss und Marc Lüthi dürften sich bei einem Kaffee mit Gipfeli im Büro in kürzester Zeit einig gewesen sein, dass diese Vertragssituation nicht zu stemmen ist, wenn im Büro fast täglich gefragt wird: «Wo ist eigentlich der Bärtschi?» Ende der polemischen Interpretation.
Weil so viel Arbeit ansteht, ist es auch logisch und richtig, dass der SCB so schnell wie möglich die Position des Untersportchefs wieder besetzen will. Martin Plüss sagt, er habe noch keinen Kandidaten im Sinn. Patrik Bärtschi muss gehen, obwohl so viel Arbeit ansteht und noch niemand in Sicht ist, der seinen Job übernehmen kann – noch Fragen?