Selten ist ein Schillerfalter so hoch geflogen und nun so tief gefallen: Killian Mottet, bei Gottéron ausgebildet und bei Gottéron gross und wohlhabend geworden. In der Saison 2020/21 gehört er zu den besten Stürmern mit Schweizer Pass: 50 Spiele, 23 Tore, 48 Punkte. Den Höhenflug bestätigt er in der darauffolgenden Saison: 18 Tore, 43 Punkte und als logische Folge die Berufung ins WM-Team von 2021 und ins Olympiateam von 2022.
Inzwischen hat der Schillerfalter die Flügel zugeklappt. Ein einziges Tor in dieser Saison und seine Eiszeit ist von einst über 18 Minuten auf unter 3 Minuten in den aktuellen Playoffs reduziert worden. Zwischendurch muss er sogar auf der Tribüne Platz nehmen.
Der 36-fache Nationalstürmer hat bei Gottéron eine ruhmreiche Vergangenheit – aber keine Zukunft mehr. Das Problem: Er hat im Sommer 2022 auf dem Zenit seiner Laufbahn geschickt verhandelt und bis 2027 verlängert. Zu einem Salär von ziemlich exakt 500'000 Franken (also einer halben Million) pro Saison.
Killian Mottet kostet also Gottéron in den nächsten zwei Jahren bis zum Ende des Vertrages eine gute Million. Weil es keinen Sinn macht, den heute am meisten überbezahlten Spieler in der Kabine zu haben, ist Sportdirektor Gerd Zenhäusern auf der Suche nach einer Lösung. Natürlich findet er keinen Klub, der den Vertrag übernimmt. Dazu ist nicht einmal mehr Lugano bereit.
Wenn er aber ein Sonderangebot macht, dann kann er einen Klub finden, der Killian Mottet eine neue Chance gibt und den Vertrag per Saldo aller Ansprüche auflösen. Das wird ihn viel Geld kosten. Die Milchbüchlein-Rechnung in solchen Fällen: Killian Mottet ist mit einer Abfindung zwischen 300'000 und 500'000 Franken zufrieden und kann seine Karriere für rund 200'000 Franken pro Saison bei einem anderen Klub fortsetzen.
Eine Frage ist zu klären: Ist Killian Mottet mit 34 Jahren noch 180'000 bis 220'000 Franken wert? Der Chronist hat Gewährsleute befragt, die es wissen müssen und die Antwort ist übereinstimmend: Ja, er ist das Risiko wert.
Das Problem: Er ist ein Schillerfalter, von der Sensibilität her durchaus ein wenig Gottérons Antwort auf Dominik Kahun. Fühlt er sich wohl und in der Kabine akzeptiert, dann vermag er die Flügel noch immer auszubreiten und zwischen 10 und 20 Tore und über 30 Punkte beizusteuern. Er sei fit, und wenn er eine neue Herausforderung bekomme, dann werde er sicherlich mit Leidenschaft, Feuer und Flamme für seine Rehabilitation kämpfen. Für den Trainer sei er kein Problem. Auf den Punkt gebracht: Killian Mottet braucht nicht nur ein neues Team, er benötigt auch eine neue Hockey-Heimat, um sich wohl zu fühlen.
Ein Spitzenteam gibt Killian Mottet keine neue Chance. Er ist viel zu sensibel, um in Hierarchiekämpfen für eine Position zu kämpfen. Eigentlich hat er nur noch unter Hockey-Romantikern eine echte Chance. Und wo wird noch Hockey-Romantik auf sportlich hohem Niveau gelebt? Richtig: in Langnau und Ambri.
Die SCL Tigers könnten mehr offensive helvetische Feuerkraft auf den Aussenbahnen gut gebrauchen: Sie sind diese Saison defensiv zwar die Nummer 2, offensiv aber bloss die Nummer 11. Nur zwei Schweizer Stürmer haben 10 oder mehr Tore erzielt: Dario Rohrbach (12) und Dario Allenspach (10). Die Annahme ist realistisch, dass Killian Mottet unter Trainer Thierry Paterlini noch einmal aufblüht und mehr als 10 Tore beisteuern kann. Zur Sache äussert sich Pascal Müller natürlich nicht. Auskünfte über seine Transfertätigkeiten scheut er wie der Teufel das geweihte Wasser.
Hochkarätige Schweizer Stürmer kann Langnau sowieso keine verpflichten. Dazu fehlt das Geld. Aber auf dem Transferwühltisch gibt es immer wieder mal eine preisgünstige Rolex. Killian Mottet ist eine solche Rolex. Im Laufe der nächsten Wochen dürften noch weitere Luxusuhren auf den Transferwühltisch kommen – Killian Mottet sollte also nicht zu hoch pokern bei den Saläransprüchen und auch sonst demütig sein und den Hockey-Göttern auf den Knien danken, wenn ihm Langnau oder Ambri eine neue Chance geben.