Im Sommer 2001 kommt Chris McSorley nach Genf. Im Auftrag der amerikanischen Anschutz-Gruppe macht er aus dem darbenden NLB-Team Servette eine der ersten Adressen in unserem Hockey. Später zieht sich Anschutz aus dem helvetischen Geschäft zurück und Chris McSorley übernimmt den Klub. Er ist nun die «heilige Dreifaltigkeit»: Besitzer, Manager und Trainer.
Schliesslich überlässt der Kanadier nach einigen Wirrungen und Irrungen seine Anteile der Rolex-Stiftung. Im Gegenzug erhält er im Sommer 2019 einen für Schweizer Verhältnisse sehr, sehr, sehr hoch dotierten Rentenvertrag mit mehr als 800'000 Franken Jahressalär als General Manager bis 2028.
Im Sommer 2020 kommt es zur Trennung. Chris McSorley wird entlassen/freigestellt/des Amtes enthoben/gefeuert – je nach Leseart der Parteien. Gleichzeitig wird sein Name, wo es immer geht, aus der Geschichte gestrichen. Sogar die nach ihm benannten Burger im Stadionrestaurant (das nun auch nicht mehr seinen Namen trägt) sind von der Speisekarte verschwunden.
Eine gütliche Einigung scheitert. Und so fordert er nun die gesamte Restanz aus diesem Vertrag in der Höhe von 7,65 Millionen Franken auf dem Rechtsweg ein. Er bestätigt: «Ja, das ist so. Ich bedauere diese Entwicklung sehr. Ich habe alles in meiner Macht stehende für eine gütliche Einigung unternommen.»
Der Fall lässt die Anwälte auf den Tischen tanzen. Denn für sie gibt es viel, viel Geld zu verdienen. Keine der beiden Parteien dürfte eine Niederlage in der ersten Instanz akzeptieren. Hier sind so viele Emotionen und Egos im Spiel, hier geht es um so viel Geld, dass die ganze Geschichte schliesslich vor Bundesgericht enden könnte.
Was den Fall so interessant macht: Es geht nicht nur um Arbeitsrecht. Chris McSorleys Vertrag ist aufgeladen mit Strafzahlungen für beide Seiten im Falle einer vorzeitigen Auflösung.
Zu untersuchen gibt es dabei mancherlei: Sind diese Strafzahlungen rechtens? Unterliegen sie auch der Schadenminderungspflicht? Will heissen: Verringert sich die zu zahlende Summe durch das, was Chris McSorley nun als Cheftrainer in Lugano verdient? Sind die Gründe für die Auflösung des Vertrages stichhaltig? Angeblich sind Chris McSorley zwei Gründe genannt worden: Mit 59 sei er zu alt und er habe das Projekt eines neuen Stadions nicht gut gemanagt. Und angeblich seien Angestellte des Klubs von Verwaltungsräten dazu «ermuntert» worden, illoyales Verhalten ihres Chefs schriftlich zu dokumentieren, um etwas gegen ihn in der Hand zu haben. Was nicht funktioniert habe.
Kein Wunder: Als letzte Amtshandlung vor seiner Absetzung hat Chris McSorley im Sommer 2020 die Mannschaft zusammengestellt, die soeben im letzten Frühjahr den Final erreicht hat. Er hat dem Klub eine «Belle Epoque» beschert: Dreimal Finalist, zweimal Spengler-Cup-Sieger. In Genf wird er als «Jesus Chris» verehrt. Ihm illoyales Veralten vorzuwerfen ist wohl so absurd, wie Roger Köppel heimliche Sympathien für die SP zu unterstellen.
Chris McSorley freut sich sehr, dass er sich in Lugano zum ersten Mal in seiner Karriere nur ums Coaching kümmern muss. Darüber hinaus hat er nun auch noch ein spannendes Hobby – ein juristisches Glücksspiel um 7,65 Millionen. Die Chancen, dass er mit Lugano im Laufe seines Dreijahresvertrags Meister wird, sind wesentlich höher als ein vollständiger Sieg in diesem Rechtsstreit.
Mag sein, dass Chris McSorley in dieser Sache ohne Fehl und Tadel ist. Aber Recht haben und Recht bekommen sind zwei Paar Schuhe. Eine alte Weisheit sagt: Auf hoher See und vor Gericht sind wir in Gottes Hand.
Und auf den Tischen tanzen die Anwälte.
Er schaffte es aber, Servette in die NL zu führen und dort bis in den Final.
Ausserdem hat er den Nachwuchs wieder auf Vordermann gebracht. Immer wieder schaffen es Spieler in die NL oder sogar nach Übersee.
Er hat auch Patrick Emond aus dem Nachwuchs zu seinem Nachfolger gemacht.
Dass jetzt die Trennung zu einer Schlammschlacht verkommt, entwürdigt seine Verdienste für Genf.
Genf wäre nie dahin gekommen ohne Chrissie.
Ich hoffe er rockt dafür jetzt in Lugano.
Good Luck Chrissie