Seit Donnerstag ist klar: Beim FC Barcelona geht eine Ära zu Ende – Lionel Messi verlässt die Katalanen nach 21 Jahren und wird ab der nächsten Saison ein neues Trikot tragen.
Barça gab in einem offiziellen Statement bekannt, man habe sich mit dem Superstar nicht auf einen neuen Vertrag einigen können. Damit verlässt der 34-Jährige seinen langjährigen Klub ablösefrei. Was sind die Gründe dafür? Und wie geht es jetzt bei Messi weiter? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
In seinem Statement machte der FC Barcelona klar, dass eigentlich sowohl der Klub als auch der Spieler an einer weiteren Vertragsverlängerung interessiert gewesen wären. Dass es dennoch zu einer Trennung kommt, begründen die Katalanen mit «finanziellen und strukturellen Hindernissen» und den Regulierungen der LaLiga.
Damit gemeint ist die Gehaltsobergrenze, welche es in der spanischen Liga gibt und welche davon abhängt, wie hoch die Einnahmen jedes Teams sind. Da diese Einnahmen aufgrund der Corona-Pandemie jedoch auch beim FC Barcelona deutlich tiefer waren als noch in den Jahren zuvor, sank bei den Katalanen die Gehaltsobergrenze stark. So hätte der Lohn von Messi deutlich gekürzt werden müssen – so deutlich, dass keine Einigung mehr erzielt werden konnte.
Hätte Barcelona den Wünschen Messis nachkommen wollen, hätten die Katalanen einige Grossverdiener ziehen lassen müssen. Dies gelang bisher nicht – vor allem, weil viele von ihnen zuletzt nicht wirklich überzeugen konnten und es deshalb an Interessenten mangelt. So kosten etwa Philippe Coutinho, Miralem Pjanic und Samuel Umtiti – drei Spieler, auf welche Barça eigentlich nicht mehr setzt – pro Jahr zusammen etwa 30 Millionen Euro. Nennenswerte Abgänge konnten die Katalanen in diesem Sommer somit nicht verzeichnen – mit Spielern wie Junior Firpo oder Jean-Clair Todibo verliessen bisher ausschliesslich solche den Verein, welche nicht zu den Topverdienern gehören.
Zudem verkleinerte Barça seinen Gehalts-Spielraum in diesem Sommer gleich selbst. Mit Sergio Agüero, Memphis Depay und Eric Garcia verpflichteten die Katalanen drei grosse Namen, die zwar ablösefrei kommen, aber das Gehaltsbudget weiter belasten. So soll Agüero je nach Medienbericht zwischen 7 und 10 Millionen jährlich verdienen, Depay etwa 5 Millionen.
Am Mittwoch platzte zudem vorerst der Deal der spanischen Liga mit dem Investor CVC, welcher für einen Anteil von 10 Prozent an einer neu gegründeten Vermarktungsgesellschaft 2,7 Milliarden an die Liga und die Klubs überwiesen und damit das Gehaltsbudget der Klubs vergrössert hätte. Das Brisante daran: Neben Real Madrid stellte sich ausgerechnet auch Barcelona gegen den Deal, mit der Begründung, es sei nicht angemessen, einen Vertrag für die nächsten 50 Jahre in einem unsicheren Umfeld, wie es der Fussball ist, zu unterschreiben.
Mit dem Statement vom Donnerstagabend sowie einem emotionalen Abschiedsvideo scheint es, als wäre Messis Abschied aus Barcelona definitiv. Dennoch wird noch immer darüber spekuliert, dass der Superstar in Katalonien bleiben könnte – für die Buchmacher ist ein neuer Vertrag bei Barça noch immer eine wahrscheinliche Option.
So spekuliert etwa «The Athletic», das Communiqué vom Donnerstag könnte ein Bluff von Barcelona gewesen sein, um Druck auf die Liga und die Regel des Salary Caps auszuüben. Mit Messi würde Spanien zwei Jahre nach Cristiano Ronaldo auch sein zweites grosses Aushängeschild verlieren, was der Vermarktung der Liga sicherlich schaden würde. Dass die Ligabosse nun aber tatsächlich die Regeln der Gehaltsobergrenze für einen Messi-Verbleib ändern, darf stark bezweifelt werden.
Die Franzosen sollen sich bereits bei Messi gemeldet haben und auch für die Buchmacher ist ein Wechsel in die französische Hauptstadt die mit Abstand wahrscheinlichste Option. In Frankreich gibt es im Gegensatz zu Spanien keine Gehaltsobergrenze, zudem ist PSG nicht gerade dafür bekannt, bei den Spielerlöhnen sparsam zu agieren. So könnte Messi bei den Franzosen wohl deutlich mehr verdienen, als es bei Barcelona möglich gewesen wäre.
Zudem hätte «La Pulga» beim französischen Vizemeister die Aussichten, nochmals die Champions League zu gewinnen. Mit Gianluigi Donnarumma, Sergio Ramos sowie Georginio Wijnaldum wechselten in diesem Sommer schon drei ganz grosse Namen ablösefrei nach Paris, von Inter kam zudem Achraf Hakimi. Da gleichzeitig alle Stars bisher gehalten werden konnten – allen voran Messis guter Freund Neymar – zählen die Franzosen in der kommenden Saison zu den Topfavoriten auf den Titel in der Königsklasse.
Wie PSG verfügen auch die Engländer über ein dickes Portemonnaie – allerdings wurde dieses in diesem Sommer schon gehörig strapaziert. Ebenfalls am Donnerstag wurde bekannt, dass die Citizens den englischen Nationalspieler Jack Grealish verpflichtet haben und dafür Aston Villa satte 117 Millionen Euro überwiesen. Zudem halten sich hartnäckig die Gerüchte, dass auch Harry Kane in diesem Sommer nach Manchester wechseln könnte. Auch beim Stürmerstar ist von einer Ablöse von über 100 Millionen Euro die Rede – sollte es so weit kommen, bliebe wohl kaum Platz für eine Messi-Verpflichtung.
Sollte sich der englische Meister allerdings dafür entscheiden, sich tatsächlich um den argentinischen Superstar zu bemühen, hat City einen grossen Trumpf – Trainer Pep Guardiola. Der Katalane trainierte Messi von 2008 bis 2012 bei Barcelona und holte in dieser Zeit zweimal die Champions League. Das Verhältnis zwischen Guardiola und Messi ist nach wie vor ausgezeichnet, der Argentinier sagte kürzlich, Guardiola sei, gemeinsam mit Luis Enrique, der beste Trainer, den er je gehabt habe.
Eine weitere Möglichkeit ist, dass Messi nach seinem Abschied aus Barcelona dem europäischen Fussball den Rücken zukehren wird. Eine realistische Option wäre dann ein Wechsel in die nordamerikanische MLS. In einem Interview mit «La Sexta» kokettierte Messi zuletzt mit einem Nordamerika-Abenteuer und sagte: «Ich hatte immer den Traum, mal in den Vereinigten Staaten zu leben und zu erfahren, wie die Liga dort ist.»
Eine mögliche Destination in der MLS wäre etwa Inter Miami, der Verein von David Beckham. Klubchef Jorge Mas verriet dem «Miami Herald» im Juni, es habe bereits Gespräche mit Messi gegeben. Deshalb sei er «optimistisch», dass der Argentinier dereinst im Trikot von Inter Miami auflaufen werde. Dass dies aber schon in diesem Sommer der Fall sein könnte, ist aber doch eher unwahrscheinlich.
Sollte Messi Europa verlassen, könnte auch eine Rückkehr nach Argentinien infrage kommen. Die besten Karten hätten dann die Newell's Old Boys – der Verein also, bei welchem Messi bis zu seinem 13. Lebensjahr und seinem Wechsel nach Barcelona spielte.
Hola Leo, estás ahí? En Argentina recién ahora es 1 de julio…
— Newell’s Old Boys (@Newells) July 1, 2021
(El que no arriesga no gana 👀) https://t.co/aGo40Kp32t pic.twitter.com/HJ1EUy3aDZ
«Ich habe den Traum, für Newell's in Argentinien zu spielen», sagte Messi 2019 gegenüber «TyC Sports», fügte damals aber an: «Es ist ein Traum, den ich habe, seit ich klein bin, aber ich habe eine Familie. Ich habe drei Kinder und ich lebe an einem Ort, der mir alles gegeben hat und wo ich meinen Kindern eine tolle Zukunft garantieren kann.» Da nun der Abgang aus Barcelona definitiv scheint, sind diese Gegenargumente zumindest mal vom Tisch.
Das Positive für Barcelona: In der Offensive ist man auch ohne Messi relativ breit aufgestellt. Wunderkind Ansu Fati wird nach einer langen Verletzungspause bald sein Comeback geben, zudem wurden mit Memphis Depay und Sergio Agüero in diesem Sommer bereits zwei Mittelstürmer verpflichtet. Möglich scheint zudem, dass Antoine Griezmann nach dem Messi-Abgang eine wichtigere Rolle einnehmen könnte. Der französische Weltmeister kam im Schatten des Argentiniers nie ganz an seine Leistungen aus Atlético-Zeiten heran und könnte sich nach dessen Wechsel nun wieder steigern. Zudem stehen mit Ousmane Dembélé (derzeit verletzt) und Martin Braithwaite noch zwei weitere Offensiv-Kräfte im Kader.
Mit 34 Jahren ist Messi im Herbst seiner Karriere – dennoch belegen die Zahlen noch immer, wie wichtig der Argentinier für die Katalanen war. In der vergangenen Saison war der Argentinier mit 30 Treffern und elf Vorlagen an 41 der 85 Liga-Treffer Barcelonas beteiligt. Und auch die Beteiligung an den Expected Goals zeigt, dass der Einfluss Messis in den letzten Jahren konstant hoch geblieben ist: In der letzten Saison war der Argentinier an 45 Prozent aller «Expected Goals» beteiligt, womit er einen grösseren Einfluss hatte als beispielsweise noch in den Saisons 2015/16 oder 2016/17.
Übrigens, finde ich es fatal, dass die Schuld einzig bei der neuen financial Regel der Liga gesucht wird. Is doch gut, das den Auswüchsen im fussball etwas der riegel vorgeschoben wird
Wir sind gespannt...