Was war für das für ein Grand Prix! Das dritte Rennen der Saison war endlich so, wie sich Fans die Formel 1 vorstellen – gespickt mit spannenden Strategien, packenden Manövern, brisanten Fahrfehlern und ausufernden Emotionen.
Hatte in den letzten Jahren Mercedes die Königsklasse des Motorsports mit seiner Dominanz wie gelähmt, schien sich in China die Wachablösung nun zu vollziehen. Der Rundkurs in Schanghai war eigentlich der perfekte Ort für Ferrari, um die «Silberpfeile» endgültig als führende Formel-1-Kraft abzulösen. Im Qualifying lief alles nach Plan, doch dann kam dieses Rennen.
Pole-Setter Sebastian Vettel hatte zunächst noch alles im Griff, im ersten Renndrittel hielt er seinen ersten Verfolger Valtteri Bottas sicher auf Distanz. Doch danach überschlugen sich die Ereignisse. Erst führte ein Strategiefehler bei Ferrari dazu, dass Bottas Vettel an der Box überholen konnte. Das hätte man bei Ferrari ja noch verschmerzen können.
Aber dann krachten in Runde 30 die beiden Toro-Rosso-Piloten ineinander. Weil vom Zusammenprall ordentlich Trümmer auf der Strecke blieben, wurde das Rennen mittels Safety-Car-Phase neutralisiert. Das nützte Red Bull mit viel taktischem Gespür aus.
Da der Vorsprung nach hinten gross genug war, um «kostenlos» einen Stopp einlegen zu können, wurden Daniel Ricciardo und Max Verstappen an die Box beordert, wo ihnen frische, softe Reifen aufgezogen wurden. Von den Rängen 4 und 6 konnten die beiden «Roten Bullen» nun zur grossen Aufholjagd starten. Diese verlief aber ziemlich unterschiedlich.
Ricciardo nutzte die schnelleren Reifen gleich zu drei spektakulären Überholmanövern. Spielerisch zog er zunächst an Hamilton, dann an Vettel und schliesslich auch an Bottas vorbei. Zehn Runden vor Schluss lag der Australier plötzlich in Führung und fuhr schliesslich zu seinem sechsten GP-Sieg.
Ganz anders Ricciardos Teamkollege Verstappen: Das holländische Supertalent brachte sich gleich selbst um den Sieg, als er es erst bei einem artistischen Überholversuch gegen Hamilton übertrieb und wenig später auch noch Sebastian Vettel ins Gehege kam. In Runde 43 versuchte er mal wieder etwas zu ungestüm, den deutschen Vierfach-Weltmeister zu überholen. Es kam zu einer Berührung, worauf sich beide drehten und Hamilton sowie Räikkönen vorbeiziehen konnten.
Verstappen kriegte dafür nach dem Rennen eine 10-Sekunden-Strafe aufgebrummt und fiel so von Rang 4 auf Platz 5 zurück. Vettel wurde gar bis auf Position 8 durchgereicht.
Während Ricciardo auf dem Podest Champagner aus seinem schweissgetränkten Schuh schlürfen durfte, kam es unten zur Begegnung zwischen Vettel und Verstappen – mit bösen Blicken, aber ohne fliegende Fäuste. «Im ersten Moment hatte ich schon einen Hals. Es ist nicht schön, wenn man einen Schlag von hinten bekommt und umgedreht wird», erklärte Vettel. Verstappen – sonst oft uneinsichtig – entschuldigte sich reumütig: «Es war meine Schuld. Da haben die Reifen blockiert. Ich hätte schon noch eine Runde warten können. Aber das am Ende des Rennens zu sagen, ist natürlich immer leicht.»
Vettel und Hamilton neben dem Podest, Verstappen im Kreuzfeuer der Kritik – am Ende eines spektakulären Rennens war nur einer richtig glücklich: Daniel Ricciardo. Natürlich kam sein Sieg etwas glücklich zu Stande, aber er könnte auch wegweisend sein für den weiteren Verlauf der Saison.
Der Australier lieferte einen ersten Beweis für das Potenzial des aktuellen Red-Bull-Autos ab. Es könnte durchaus sein, dass sich Vettel und Ferrari auf dem Weg an die Macht in der Formel 1 mit einem zusätzlichen Gegner auseinanderzusetzen haben – neben Mercedes und all dem Unvorhersehbaren, das die Königsklasse derzeit so spektakuär macht. (pre/sda)