Sein Leben ist wie eine Achterbahn im englischen Seebad Blackpool. Mal geht es hoch, mal geht es runter. Immer rasant. Einfach ruhig geradeaus zu fahren, das scheint für Paul Gascoigne unmöglich zu sein.
Wenn sein einstiger Mitspieler Gary Lineker im Podcast «The Rest Is Football» wieder einmal skurrile Anekdoten von Gazza zum Besten bringt, ist das oft zum Schiessen. Es sind Erinnerungen an früher, als Gascoigne Ende der 80er-, anfangs der 90er-Jahre zu den besten Mittelfeldspielern der Welt gehörte.
Das heutige Leben des mittlerweile 56-Jährigen ist weniger lustig. Im Podcast «High Performance» schilderte Gascoigne dieser Tage, wie es ihm als Alkoholiker geht.
«Ich war mal ein glücklicher Trinker. Das bin ich nicht mehr. Ich bin ein trauriger Trinker», sagt Gascoigne. «Ich gehe nicht raus und trinke. Wenn ich trinke, bleibe ich drinnen.»
Derzeit lebt Gascoigne, der 57 Länderspiele bestritt und bei Newcastle, Tottenham, Lazio Rom und den Glasgow Rangers ein Star war, im Haus seiner Agentin Katie Davies in Poole an der englischen Südküste. «Ich versuche, keinen Fussball zu schauen, weil ich ihn so sehr vermisse», sagt er, als er den Podcast-Moderatoren sein Zimmer zeigt.
Sucht ist auch dort ein allgegenwärtiges Thema. Gascoigne hat nicht nur seine Brillen akkurat hingelegt, sondern auch Zigarettenschachteln, bereits geöffnet, um schnell an einen Glimmstängel zu kommen. «Auf der Schachtel steht, das Rauchen bringe einen um. Aber ich habe schon alles andere ausprobiert», sagt «Gazza». Er macht einen Witz, der eigentlich nicht lustig ist.
Gascoigne beendete seine Karriere 2004. Seit diesem Zeitpunkt bestimmen keine Zuckerpässe und Traumtore mehr die Schlagzeilen, sondern wiederholte Alkohol-Eskapaden. Mehrmals versuchte er, in Entzugskliniken vom Teufel wegzukommen, doch er schaffte es nicht. «Ich werde für immer ein Alkoholiker sein», sagte er 2021. Das war ein Jahr, nachdem er nach einer Magen-Operation meinte: «Ich fühle mich glücklich wie seit Jahren nicht.»
Gerade jetzt gehe es ihm eigentlich ganz gut, meint «Gazza». An guten Tagen hole er seine Angelrute heraus und gehe fischen. «Ich versuche, mich nicht unterkriegen zu lassen», betont er, «die Welt ist schon schlimm genug. Wenn ich wirklich niedergeschlagen bin, nehme ich einen Drink, um mich aufzumuntern.» Sein Problem sei nicht das Trinken, «es ist das Danach. Wenn ich auf mein Handy schaue und 30 neue Nachrichten oder verpasste Anrufe sehe, weiss ich, dass ich in Schwierigkeiten stecke.»
Statt Bier, Wein, Whiskey und anderem hartem Stoff trinkt Gascoigne nun öfter Kaffee. Auch da kann man kaum von einem wirklich gesunden Umgang sprechen. Morgens um zehn habe er oft schon sechs Tassen getrunken, bis am Abend kämen etwa 15 Kaffees zusammen. Keinen Alkohol zu trinken, sei eigentlich nicht schwierig, behauptet er: Er mache einfach einen Bogen um Orte, wo er solchen kriege.
Die Anhänger des einstigen Fussballstars machen es ihm jedoch nicht immer einfach. Schon in der Vergangenheit gab es flehende Schlagzeilen wie: «Zahlen Sie diesem Mann keinen Drink!» Nun, verriet seine Agentin, würden Leute gelegentlich Gin-Flaschen vor der Haustüre abstellen. Vielleicht, liess sie durchblicken, seien es auch keine Fans, sondern sensationslüsterne Reporter.
Paul Gascoigne gibt sich kämpferisch. «Ich habe nie aufgegeben. Ich glaube, ich gebe erst auf, wenn ich in einer Holzkiste liege.»