Ein Sammelsurium kurzer Geschichten rund um unseren Lieblingssport – möglichst solche, die noch nicht hundert Mal durchgekaut wurden. Wenn du eine Anekdote trotzdem schon kennst, scrolle einfach weiter zur nächsten.
Viel Vergnügen!
Die Grosseltern der englischen Nationalspieler Gary und Phil Neville besassen einen besonderen Sinn für Humor. Ihrem Sohn, dem Vater der Fussballer, gaben sie den Vornamen Neville. Er hiess tatsächlich Neville Neville.
Erst in diesem Mai lüftete Gary Neville das Geheimnis, weshalb sein vor fünf Jahren verstorbener Vater so getauft wurde:
Nach dem Tod von Diego Armando Maradona wurde es auf der ganzen Welt wieder und wieder gezeigt: Sein fabelhaftes Solo gegen England an der WM 1986, das «Tor des Jahrhunderts». Und besonders in Argentinien wurde dabei oft das Bonmot seines Mitspielers Hector Enrique wiedergegeben:
Egal ob Christian Fassnacht aufläuft, ob er gesperrt, verletzt oder spielfrei ist – beim SRF ist er immer mit dabei. Als der heutige YB- und Nationalspieler als 20-Jähriger für den FC Thalwil in der 1. Liga kickte, deutete offenbar wenig auf seinen Werdegang hin.
Für das Intro, das vor Fussballübertragungen des Schweizer Fernsehens oder vor dem Sportpanorama ausgestrahlt wird, war Fassnacht damit ein idealer Kandidat: ein junger Fussballer mit Talent, den niemand gleich erkennt. «Eine coole Erfahrung für einen Amateursportler», sagte Fassnacht rückblickend im «Blick» und das SRF freute sich über den rasanten Aufstieg des Darstellers: Dass dieser heute Profi sei, «ist eine tolle Geschichte, die das Leben schreibt.»
Der elffache niederländische Nationalspieler Leroy Fer war als junger Profi bei Twente Enschede beschäftigt und besuchte mit einem Freund eine Versteigerung von Rennpferden. Was man halt so macht, um die freie Zeit zwischen zwei Trainings zu überbrücken.
Einige der Galopper seien für 500'000 Euro verkauft worden, schilderte Fer Jahre später: «Dann war da ein Pferd, von dem sie sagten, es sei sicher nicht das beste, aber in Ordnung. Ich spielte auf meinem Telefon herum, hörte ‹30'000 Euro› und sagte, das sei nun etwas für mich. Ich rechnete ja damit, dass der Preis noch steigen wird. Doch das tat er nicht. Ich hatte ein Pferd und begann zu schwitzen, schliesslich wollte ich gar keines. Ich lebte in einer Wohnung und hatte keinen Platz.»
Fer blieb nur für etwa zehn Minuten ein mehr oder weniger stolzer Pferdebesitzer: «Jemand kam und fragte mich, ob ich das Pferd wirklich wolle. Ich gestand ihm, dass ich eigentlich nur aus Blödsinn geboten habe. Er offerierte mir 35'000 Euro und so zog ich schlussendlich sogar mit Gewinn davon.»
Von Paul Gascoigne gibt es jede Menge wilder Geschichten. Das Enfant Terrible der 1990er-Jahre erzählte einst von einem aussergewöhnlichen Aberglauben: Vor Länderspielen nahm er in der Kabine den Penis seines Mitspielers Les Ferdinand in die Hand. An einem Benefizanlass erzählte «Gazza» 2017:
Hoy Gazza Gascoigne cumple 53 años y nada mejor que recordar su cábala en la Euro 96 que consistía básicamente en agarrarle el "miembro misil" a Les Ferdinand ante de los partidos.pic.twitter.com/Qn6KXnjCo6
— Juan Manuel D'Angelo (AKA Futboltrotters) (@futboltrotters) May 27, 2020
So hat das also Gascoigne in Erinnerung. Es ist jedoch gut möglich, dass sein massiver Alkoholkonsum einige Hirnzellen zerstört hat. Ferdinand jedenfalls verwies die Erzählung ins Reich der Märchen: «Das ist absoluter Nonsens, so etwas hat es nie gegeben.»
786 Spiele bestritt Francesco Totti für die AS Roma. Das ist ebenso Klubrekord wie die 307 Tore. Titel gewann er in einem knappen Vierteljahrhundert mit seiner Liebe nur wenige: 2007 und 2008 den Cup – und in der Saison 2000/01 die Meisterschaft. Von jener Feier schildert der «ewige Captain» der Römer in seiner Biografie unter anderem dies:
Die Stimmung in «seiner» Stadt sei gewaltig gewesen in jener Nacht, beschreibt Totti. Das habe er einfach mit eigenen Augen sehen müssen. Bloss: Wie soll das gehen, wenn du der Superstar des Teams bist, das alle feiern?
Die schönste Nacht seines Lebens – wohlgemerkt, da spricht einer, der später auch Weltmeister wurde. Aber was ist das schon dagegen, mit der einen, ganz grossen Liebe den Scudetto zu holen?
In Schottland dominieren seit eh und je zwei Klubs aus Glasgow: Die Rangers und Celtic. Gemeinsam holten sie 105 Mal die Meisterschaft. Alle anderen Klubs kommen zusammen auf 19 Titel, keiner hat mehr als vier. Wenn es ein historisches Tief über Schottland gibt, das nicht im Wetterbericht erwähnt wird, sondern im Fussball, dann findet man dieses 1964/65. Es ist bis heute die einzige Meisterschaftssaison, in der es keines der beiden Glasgower Topteams in die ersten drei schaffte. Rekordmeister Rangers (54 Titel) landete auf Platz 5, Celtic (51) wurde nur Achter.
Der Meistertitel ging – zum ersten und bis heute auch letzten Mal – an den FC Kilmarnock. Er triumphierte auch deshalb, weil ein seltsamer Modus zur Anwendung kam: Bei Punktgleichstand wurde nach Torquotient (geschossene Tore geteilt durch erhaltene Tore) abgerechnet. Vor der letzten Runde war klar, dass Kilmarnock den Leader Heart of Midlothian in der Finalissima genau mit zwei Toren Unterschied schlagen muss. «Killie» gelang diese Punktlandung: Es schlug den Rivalen, starke Goalie-Parade in der Nachspielzeit inklusive, mit 2:0 und überholte die Hearts mit dem Schlusspfiff der Saison.
David Alaba ist als langjähriger Abwehrspieler von Bayern München der aktuell berühmteste Fussballer Österreichs. Schon sein Vater George brachte es in der Heimat zu Bekanntheit – abseits des Fussballplatzes, dafür zweifach. Zum einen deshalb, weil der gebürtige Nigerianer nach der Einbürgerung zum ersten dunkelhäutigen Gardesoldat im österreichischen Bundesheer wurde. Eine grosse Sache, die medial entsprechend begleitet wurde.
Das war 1995. Zwei Jahre später war George Alaba der männliche Teil des Musikduos «Two In One». Deren Hit «Indian Song» schaffte es bis auf Platz 2 der österreichischen Charts.
Der Resistencia Sport Club aus Paraguays Hauptstadt Asuncion ist wahrlich keine grosse Nummer. Vier Meistertitel in der zweiten Liga sind das höchste der Gefühle. Bekannt wurde «Resi» deshalb über die Stadtgrenzen hinaus durch sein weltweit wohl einzigartiges Vereinsmitglied: einen Baum, der auf der Tribüne Wurzeln geschlagen hat. Zum 100-Jahr-Bestehen des Klubs im Jahr 2017 kam dieser aussergewöhnliche Fan, der auch bei Wind, Regen und miesen Leistungen immer, wirklich immer da ist, zu seiner Ehre.
El hincha mas fiel, esperando ver a la Celeste...
— @ResistenciaSClub (@ResiSportClub) October 20, 2019
Vení pues!!! #vamosresi🔺 #juntospodemosmas✌️ pic.twitter.com/TFQ5Jv6ZVC
Hübsche Idee nach dem Zweiten Weltkrieg: Der FC Baden (Aargau), der SC Baden-Baden (Deutschland) und der Badener AC (Österreich) trugen einige Male den «Thermal Cup» aus. Kurios endete dieser Wettstreit der Kurbäder-Teams im Jahr 1952. Alle drei Spiele gingen unentschieden aus, es siegte aber nicht der Badener AC, welcher die meisten Tore schoss. Der Pokal ging an den SC Baden-Baden – weil er die beste Corner-Differenz der drei Mannschaften aufwies. Ob im Jahr darauf die Einwürfe gezählt wurden, ist unklar …
Man schrieb das Jahr 2000, als Arsenals Captain Tony Adams verletzt ausfiel und Trainer Arsène Wenger nach einem Ersatz für seine Abwehr suchte. Er lud Igors Stepanovs vom Fussball-Leichtgewicht Skonto Riga zum Probetraining ein, in welchem sich der Lette jedoch nicht wirklich aufdrängen konnte. Doch weil die Mitspieler ihren Kollegen Martin Keown foppen wollten, lobten sie Stepanovs trotzdem in den höchsten Tönen – bis Wenger zu glauben begann, der Innenverteidiger könne sein Mann der Zukunft sein.
Ray Parlour verrät in seiner Biographie: «Eine Woche später sitzt Igors in der Kabine und als ich ihn frage, was er da noch mache, antwortet er mir, er habe einen Vier-Jahres-Vertrag unterschrieben. Unglaublich!» Stepanovs spielte bei Arsenal kaum und wechselte 2004 nach der überraschenden EM-Teilnahme Lettlands in die Schweiz, wo er als GC-Verteidiger zwei solide Saisons absolvierte.
Danke für alle deine sport-historischen Trouvaillen.
Das ist Journalismus in Reinkultur, mitten ins Herz.
Happy New Year allen Sport Nerds!