Viel passieren kann Real Madrid heute im Heimspiel gegen Schalke eigentlich nicht. Den 2:0-Vorteil aus dem Hinspiel wird der Titelverteidiger nicht verspielen und damit die Krise zumindest für ein paar Tage leicht entschärfen können. «Real befindet sich im freien Fall», hat die Sportzeitung «Marca» am Wochenende nach dem 0:1 in Bilbao trotzdem geschrieben, weil das Team in der Primera Division aus den letzten fünf Spielen nur sieben Punkte holte.
Zumindest in der Champions League wird Real also den freien Fall vorerst wohl verhindern, am Formtief wird das mutmassliche Weiterkommen gegen den Bundesligisten aber wenig ändern. «Wenn wir so weitermachen, werden wir keinen Titel gewinnen», sagte Trainer Carlo Ancelotti am Samstag nach der Niederlage im Baskenland. Und angesprochen auf die schwache Vorstellung der Sturmreihe um Weltfussballer Cristiano Ronaldo sagte der Italiener leicht gereizt: «Die ganze Mannschaft ist nicht in Form.»
Für den gemütlichen Ancelotti war diese Reaktion schon bemerkenswert. Sonst erhebt er schliesslich nie die Stimme. Doch genau deshalb war er zuletzt auch intern kritisiert worden. Schon vor dem 0:1 in Bilbao, durch das Real die Tabellenführung an den Erzrivalen FC Barcelona verlor, soll Präsident Florentino Perez gegen Ancelotti gestichelt haben. Zu lieb sei er, und zudem unfähig, mit harter Hand zu führen, so offenbar die Meinung des Präsidenten. Einige Beobachter wollen gar wissen, dass Perez mittlerweile dem Portugiesen José Mourinho nachtrauert, mit dem man vor knapp zwei Jahren im Unfrieden geschieden war.
Als aktueller Titelverteidiger hat Ancelotti bei derlei (interner) Kritik die (sportlichen) Argumente noch auf seiner Seite. Erst zog er – wie er es bei heiklen Fragen immer tut – die rechte Augenbraue hoch, dann sagte er: «Harte Hand? Dieser Vorwurf kommt immer, wenn es nicht so gut läuft. Aber ich bin bis jetzt mit meiner weichen Hand gut gefahren. Ich habe dreimal die Champions League gewonnen.»
Das Palmarès von Ancelotti leugnet niemand. Aber sorgen machen sie sich in Madrid vor den entscheidenden Wochen der Saison dennoch. Denn Tatsache ist auch, dass die Mannschaft nicht rund läuft – und vor allem viel zu wenig Tore erzielt. Seit der Weihnachtspause haben Cristiano Ronaldo (5 Tore), Karim Benzema (5) und Gareth Bale (3) zusammen in der Meisterschaft nur gerade 13 Treffer geschossen. Lionel Messi war in der gleichen Zeitspanne alleine 15 Mal erfolgreich. Gerade bei diesem unschönen Vergleich mit dem Barcelona-Superstar wird den Königlichen Angst und Bange. Denn schon am übernächsten Wochenende tritt Real in Barcelona zum «Clasico» an.
Selber versetzt das «Weisse Ballett» mit seinen drei Superstars in der Offensive derzeit jedenfalls die Gegner nicht in Schrecken. «Dieses Real ist nur noch eine Karikatur des Teams des letzten Jahres», schrieb die Madrider Tageszeitung «ABC» am Montag. Selbst wenn Cristiano Ronaldo breitbeinig und wie ein Cowboy zum Freistoss bereitsteht, zuckt niemand mehr zusammen. Eher könnten sich die Gegenspieler dann schlapp lachen. Schliesslich hat Ronaldo von seinen letzten 51 Freistössen keinen einzigen mehr versenkt. (ram/si)