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«Ich ziehe das durch»: So tickt FCL-Mehrheitsaktionär Bernhard Alpstaeg

21.07,2018 Luzern, Swissporarena Fussball Herren Super League Saison 2018/2019 FC Luzern - Neuchatel Xamax FC 0:2 . Im Bild:Bernhard Alpstaeg (Hauptgeldgeber FC Luzern) Sponsor Aktion Gestik Einzelbil ...
Hat gerne das alleinige Sagen: Bernhard Alpstaeg.Bild: imago/Geisser

«Ich ziehe das durch»: So tickt FCL-Mehrheitsaktionär Bernhard Alpstaeg

Bernhard Alpstaeg plant beim FC Luzern die Klubführung auszutauschen. Wer ist der Mann, der die Innerschweiz in Atem hält?
28.10.2022, 21:39
Raphael Gutzwiller / ch media
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Bevor Bernhard Alpstaeg 2007 beim FC Luzern einsteigt, ist die Welt im Innerschweizer Fussball noch eine andere. Die Haupttribüne auf der Allmend ist aus morschem Holz, die Toiletten riechen nach abgestandenem Urin, und zur Erteilung der Lizenz muss im Frühling jeweils bis zur letzten Instanz gebibbert werden. Doch beim Innerschweizer Klub herrscht Aufbruchstimmung, er ist im Vorjahr in die Super League zurückgekehrt, Präsident Walter Stierli weibelt für eine neue Fussballarena – und findet mit Alpstaeg einen potenten Investor.

Bernhard Alpstaeg hat bis zu jenem Zeitpunkt nichts mit Fussball zu tun, ausser, dass seine heute 30-jährige Tochter Giulia glühende Anhängerin des FC Luzern ist. «Ich wollte Bernhard damals die Namensrechte des neuen Stadions schmackhaft machen. Dadurch hatten wir politisch eine grössere Chance, dass das Stadion gebaut werden konnte», erzählt Stierli. Alpstaeg bürgt für den Stadionbau, kauft die Namensrechte und erhält zunächst 26 Prozent der FCL-Aktien. Was folgt, ist, zumindest auf dem Papier, eine Erfolgsgeschichte: Mit der Swissporarena verfügt der FCL seit 2011 über eine moderne Heimstätte, der Klub spielt seither ununterbrochen in der höchsten Spielklasse, ist finanziell solid und gewinnt 2021 zum erst dritten Mal in der Vereinshistorie den Schweizer Cup. Inzwischen hat Alpstaeg das Aktienpaket auf 52 Prozent erhöht.

Daneben tobt aber ein Aktionärsstreit nach dem anderen. In der Hauptrolle ist dabei stets Alpstaeg, der nach seiner öffentlichen Kritik an Präsident Stefan Wolf und Sportchef Remo Meyer den ganzen Verwaltungsrat und die Klubspitze austauschen möchte. Mit der «Luzerner Zeitung» will Alpstaeg vorerst nicht mehr sprechen. Zu negativ sei in den letzten Tagen über ihn berichtet worden, richtet er am Telefon aus.

So viel verrät er dann doch: «Ja, ich werde es durchziehen und den Verwaltungsrat am 3. November austauschen.» Am nächsten Donnerstag ist sie angesetzt, die Generalversammlung des FC Luzern, an welcher der Mehrheitsaktionär zum Alleingang ansetzen möchte.

Alpstaeg fühlt sich von der Führung nicht geschätzt

Der Widerstand gegen den Mehrheitsaktionär wächst. Über 18'000 Menschen haben die Aktion «Zäme meh als 52%» unterschrieben, überall in der Stadt hängen Transparente gegen ihn, beim letzten Heimspiel forderten die Fans mit insgesamt 52 Bannern Alpstaeg zum Rücktritt auf. Die Aktion wird offiziell vom Klub mitgetragen, der in den sozialen Medien gegen den eigenen Mehrheitsaktionär Stimmung macht.

Die Fans Protestieren mit 52 Transparenten gegen die Plaene des Mehrheitsaktionaers Bernhard Alpstaeg beim Super League Meisterschaftsspiel zwischen dem FC Luzern und dem FC Lugano vom Samstag, 22. Ok ...
FCL-Fans protestieren gegen Bernhard Alpstaeg.Bild: keystone

Trotz öffentlichen Drucks und drohenden Kollateralschadens in der Region will Alpstaeg den Alleingang weitergehen. Wieso? Hört man sich im Umfeld Alpstaegs um, in dem zwar viele reden, sich aber niemand zitieren lassen möchte, dann wird deutlich, dass sich Alpstaeg von der aktuellen Führung nicht geschätzt fühlt. Deshalb gehöre diese weg.

Bernhard Alpstaeg, aufgewachsen im aargauischen Boswil, wurde 2007 zum «Entrepreneur of the year» in der Sparte Industrie gewählt. Doch diese Bezeichnung klingt ihm zu neumodisch. Lieber nennt er sich selber Patron. Obwohl Alpstaeg in einer Luxusvilla im Horwer Ortsteil St. Niklausen direkt am Vierwaldstättersee wohnt, ist er noch immer der hemdsärmelige Chef, der selber mit anpackt, für seine Leute einsteht und der in seinem Umfeld liebevoll als «Bau-Chnuschti» bezeichnet wird. Alpstaeg spricht nicht die Sprache der Businesswelt. Wenn er etwas falsch findet, dann sagt er es direkt. Auch mal polternd.

Einer, der sich für die Angestellten einsetzt

Als Firmeninhaber von Swisspor blickt Bernhard Alpstaeg auf eine beeindruckende Karriere zurück. Im Jahr 1971 gründete er mit seinem Bruder Georges die Swisspor mit damals 14 Mitarbeitern. Heute sind es 4200 Mitarbeiter an insgesamt 40 Standorten in ganz Europa. Das Produktspektrum der Gruppe reicht von Dämmstoffen aus Styropor über Dichtungsbahnen aus Bitumen bis hin zu kompletten Fenstern. Das Vermögen der beiden Brüder wird heute von der Bilanz auf zwischen 700 und 800 Millionen Franken geschätzt. In den Medien hiess es zuletzt, die beiden hätten sich so zerstritten, dass sie nicht mehr miteinander kommunizieren würden. Am Telefon erzählt Georges Alpstaeg, diese Behauptung stimme nicht. Weiter wollte er sich nicht äussern.

«Anständige Frisur» und «Birchermüesli-Trainer»: Chronologie von Alpstaeg beim FC Luzern
– Einstieg: Am 2. Juli 2007 präsentiert der damalige FCL-Präsident Walter Stierli mit Bernhard Alpstaeg einen Grossinvestor.

– Frisuren: Am 30. September 2012 schiesst Alpstaeg gegen Sportchef Heinz Hermann: «Wir brauchen einen Sportchef mit einer anständigen Frisur.»

– Stierli-Aktien: Für das Aktienpaket von Walter Stierli von 25 Prozent werden ab 2014 neue Aktionäre gesucht.

– Birchermüesli-Trainer: Alpstaeg bezeichnet Trainer Markus Babbel nach dessen Entlassung im Januar 2018 als «Birchermüesli»-Trainer.

– Mehrheitsaktionär: Im Mai 2019 erhält Alpstaeg 52 Prozent. Er sichert sich Stierlis Anteil für eine halbe Million – gegen den Willen der anderen Aktionäre.

– Aktionärsstreit: Der Streit findet im Februar 2021 ein Ende. Josef Bieri besitzt 48 Prozent der Aktien, Alpstaeg 52.

– Alleingang: Alpstaeg kritisiert Anfang Monat Sportchef Remo Meyer und Präsident Stefan Wolf. Später wird bekannt, dass er den Verwaltungsrat austauschen will.

Alpstaeg gilt als guter Chef, bei den Angestellten ist er beliebt. Der Patron setzt sich für sie ein, schüttelt im Büro jedem die Hand, bringt den Frauen auch mal Blumen mit. Dafür fordert er absolute Loyalität und Treue. National in die Schlagzeilen kommt seine Firma nur, als in den Pfingsttagen 2007 ein Grossbrand die Swisspor-Gebäude im zugerischen Steinhausen in Schutt und Asche legt.

Alpstaeg stellt sich in dem Moment der Krise vor seine Angestellten, strahlt Optimismus aus. An einem Anlass wenige Tage danach erzählt er, dass nun jeder eine Stunde früher aufstehen müsse – er selber sei an vorderster Front. Der Patron hat selber zwei, drei Mal pro Jahr nach der Tagschicht im Büro eine Nachtschicht in einer Fabrik eingelegt und Zementsäcke geschleppt. In seinem Unternehmen stellt der 77-Jährige zwei Grundsätze über alles andere, wie er 2008 dem «Swisslife-Magazin» erklärt: «Bescheiden bleiben und mehr arbeiten als die andern.»

Genau das Fehlen dieser Attribute kritisierte Bernhard Alpstaeg kürzlich beim FC Luzern und holte Anfang Monat im «Sonntags-Blick» zum Rundumschlag aus: «Ich bin mit der ganzen Führung nicht zufrieden. Sie sind zu wenig demütig, zu wenig aktiv, zu wenig bescheiden. Und sie müssen zuerst einmal lernen zu arbeiten.» Seit den Aussagen des Mehrheitsaktionärs ist das blau-weisse Umfeld im Ausnahmezustand. Alpstaeg möchte den gesamten Verwaltungsrat austauschen, Minderheitsaktionär Josef Bieri, Klubleitung und Fans wehren sich mit ihren Mitteln.

Alpstaeg masst sich nicht an, etwas vom Fussball zu verstehen. Er lässt sich beraten, greift auch in Sachen Kommunikation auf Experten zurück. Dennoch haben seine Aussagen auch die Vertrauten überrascht. Es passt zu Alpstaeg, der zwar auf andere hört, im Endeffekt aber stets seinem eigenen Instinkt folgt. «Bernhard hat das absolute Unternehmergen. Ich habe kaum einen so cleveren Geschäftsmann kennengelernt», schwärmt Walter Stierli. Von aussen mögen Entscheide Alpstaegs oft unbedarft oder undurchdacht wirken. Doch Vertraute sagen, beim hemdsärmeligen Unternehmer habe stets alles Hand und Fuss.

Der ehemalige Praesident des FC Luzern, Walter Stierli, auf der Tribuene, vor dem Super League Spiel zwischen dem FC Luzern und BSC Young Boys Bern, am Sonntag 2. Oktober 2022 in der Swissporarena in  ...
Der ehemalige FCL-Präsident Walter Stierli ist ein grosser Fan von Bernhard Alpstaeg.Bild: keystone

Dass er nun die Entlassung von Präsident Stefan Wolf und Sportchef Remo Meyer fordert, überrascht Stierli nicht: «Wenn Bernhard merkt, dass es nicht nach seinem Gusto läuft, dann kann er unangenehm werden. Dabei hat er eine eigene Art der Kommunikation. Doch er hat die Aktienmehrheit und darf fordern.»

Aus Sicht Stierlis ist Bernhard Alpstaeg für den FC Luzern ein Glücksfall. «Er steht ein für den FC Luzern, lässt ihn auch in schwierigen Situationen nicht fallen. Allein mit seiner Aura als erfolgreicher Unternehmer hilft er dem FCL. Zudem sorgt er für Sicherheit im finanziellen Bereich.» Stierli weist darauf hin, dass es bei acht von zehn Super-League-Klubs einen Mehrheitsaktionär gebe.

Er möchte das Portemonnaie öffnen

Dem Streit mit Sportchef Meyer vorangegangen ist eine Verhandlungsposse rund um den aktuellen Starspieler Luzerns: Ardon Jashari. Der 20-jährige Captain und Schweizer Nationalspieler hat im Sommer den Vertrag beim FC Luzern bis 2026 verlängert. Eigentlich ein Segen, wird Jashari dereinst Millionen in die Klubkassen spülen. Doch es ist komplizierter.

Luzerns Captain Ardon Jashari fuehrt sein Team aufs Spielfeld, vor dem Super League Spiel zwischen dem FC Luzern und BSC Young Boys Bern, am Sonntag 2. Oktober 2022 in der Swissporarena in Luzern. (KE ...
Umworbenes Talent: Ardon Jashari.Bild: keystone

Alpstaeg erhielt vor Jahren den Tipp, dass Jashari ein Supertalent sei. Daraufhin soll Alpstaeg Jasharis Familie finanziell unterstützt und geholfen haben, dass der talentierte Fussballer eine gute Ausbildung machen kann. Bei der Vertragsverlängerung trat plötzlich als Berater Agron Krasniqi auf. Alpstaeg wiederum habe Jashari für seine neu gegründete Sportberatungsfirma unter Vertrag nehmen und so dessen Bild- und Werberechte sichern wollen, was jedoch für den Klubbesitzer nicht erlaubt wäre. Für Alpstaeg war nun klar, dass Meyer mit Krasniqi gemeinsame Sache macht. Deshalb wollte er den Sportchef absetzen und forderte dies vom Verwaltungsrat, der aber nicht auf ihn gehört hat.

Nun will Alpstaeg, der Swisspor-Patron, alleine die Macht beim FC Luzern übernehmen. Bis anhin liess sich der Mehrheitsaktionär auch aus Zeitgründen im Verwaltungsrat vertreten, zuletzt von Bruno Affentranger. Das soll sich nun ändern. Vorübergehend soll Alpstaeg selber das Präsidentenamt übernehmen. Operativ möchte er auf einen starken Geschäftsführer und einen fähigen Sportchef setzen.

Es ist zu vernehmen, dass Fredy Bickel für jene Position keine Option darstellen soll. In den letzten Jahren wurde der schwerreiche Unternehmer FCL-intern dafür kritisiert, dass er nur immer das Nötigste zahle. Auch damit soll nun Schluss sein, heisst es aus seinem Umfeld. Nun möchte er sein pralles Portemonnaie öffnen und ein starkes Team auf den Platz schicken. Denn Bernhard Alpstaeg möchte es allen beweisen.

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