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Katerstimmung bei der Schweizer Frauen-Nati nach Remis gegen Portugal

Switzerland's head coach Nils Nielsen, 2nd right, talks to Switzerland's midfielder Lia Waelti, right, past Switzerland's midfielder Lara Marti, left, during the UEFA Women's Engla ...
Nils Nielsen diskutiert mit Captain Lia Wälti.Bild: keystone

Katerstimmung bei der Frauen-Nati: «Viele gute Nationen sind uns enteilt»

Die Schweizerinnen haben beim EM-Start mit dem 2:2-Remis gegen Portugal enttäuscht. Danach geben späte Wechsel und mangelende Qualität zu reden.
11.07.2022, 05:35
Raphael Gutzwiller, Leeds / ch media
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Es ist der Tag nach dem Spiel gegen Portugal. Die Sonne scheint im Garten des Schweizer Teamhotels Oulton Hall in Leeds. Ana-Maria Crnogorcevic sitzt im Schatten und soll über ihr Rekordspiel sprechen.

Switzerland's defender Ana-Maria Crnogorcevic talks to the media in the garden of the hotel Oulton during a press conference, at the UEFA Women's Euro England 2022, in Leeds, England, Sunday ...
Ana-Maria Crnogorcevic ist auch am Tag nach dem 2:2 noch enttäuscht.Bild: keystone

136 Mal ist sie für die Schweiz aufgelaufen, sagt nun aber: «Bei einem solchen Spielverlauf ist mir der Rekord völlig egal.» Stattdessen findet Crnogorcevic klare Worte über das Spielgeschehen von dieser EM-Auftaktpartie gegen Portugal. Sie kommt zum Schluss:

«Die Realität ist, dass wir von Ländern wie Portugal aufgeholt wurden und nun auf Augenhöhe sind.»

Der Ärger ist nicht verflogen. 2:0 hat die Schweiz am Samstag nach fünf Minuten geführt in Leigh gegen Portugal. Coumba Sow und Rahel Kiwic hatten die Schweizerinnen zu einem Traumstart geschossen. Was danach folgte, war aber eine grosse Enttäuschung. Die Schweiz wurde passiv, musste am Ende sogar noch glücklich über ein 2:2-Unentschieden gegen Aussenseiter Portugal sein.

Im Männerfussball mag Portugal zwar ein grosses Fussballland sein, bei den Frauen ist es aber jene Nation, die an das Turnier erst für Russland nachgerückt ist. Einen Sieg gegen Portugal hatten die Schweizerinnen vor diesem Turnier budgetiert, um sich eine kleine Chance auf das Weiterkommen zu wahren. Nun aber so eine Enttäuschung trotz optimalem Start.

epa10062181 Jessica Silva (L) of Portugal celebrates with teammates after scoring the 2-2 equalizing goal during the Group C match of the UEFA Women's EURO 2022 between Portugal and Switzerland i ...
Die Portugiesinnen jubeln, die Schweizerinnen sind enttäuscht.Bild: keystone

Eine taktische Umstellung, die alles ändert

Wunden lecken ist angesagt nach der gefühlten Niederlage. Woran hat es gelegen? Ramona Bachmann sagt: «Die Portugiesinnen haben in der Pause taktisch umgestellt, doch wir waren nicht fähig, daran etwas zu ändern.» Ähnlich tönt es bei Coumba Sow: «Die Distanzen waren zu gross, die Zuteilung stimmte nicht. Wir haben gemerkt, dass das Momentum kippt. Wir wollten das ändern, konnten aber nicht.» Auf dem Platz hat Captain Lia Wälti das Team zusammengenommen, nach dem Anschlusstreffer auf ihre Mitspielerinnen eingeredet. Ohne Erfolg.

Von aussen passierte in jener Phase etwas anderes, etwas überraschendes: Nämlich Nichts. Der Schweizer Nationaltrainer Nils Nielsen wartete lange mit seinem ersten Wechsel. Erst in der 74. brachte er Lara Marti für Sandy Maendly und schob damit die kämpferisch gute Géraldine Reuteler ins Zentrum, wodurch ein wenig mehr Stabilität ins Spiel kam. Draussen hätte Nielsen mit den talentierten Riola Xhemaili oder den Stürmerinnen Svenja Fölmli oder Fabienne Humm auch noch Akteurinnen gehabt, die nach vorne hätten Schwung bringen können.

Das sah selbst Nils Nielsen nach der Partie so. Der Nationaltrainer merkte selbstkritisch an:

«Ich habe zu lange gewartet mit einer Änderung, das war klar mein Fehler.»

Er argumentierte sein Zögern unter anderem damit, dass er nicht wusste, wie lange die erfahrenen Mittelfeldspielerinnen spielen können.

Wechsel für die Führungsspielerinnen

Damit meinte er allen voran Captain Lia Wälti. Sie ist erst von einer Verletzung zurückkommen, noch von ihrer Bestform entfernt. In der Nachspielzeit legte sie sich auf den Boden, musste ausgewechselt werden. Sie begründete später, dass sie nicht mehr habe sprinten können und den Platz einer fitteren Spielerin zur Verfügung stellen wollte. Ähnlich unfit wirkte Ana-Maria Crnogorcevic, die in der Vorbereitung wegen Krankheit noch einen Teil verpasst hatte. Auch unter diesem Hintergrund wirkte das Warten des Nationaltrainers auf Wechsel etwas ungewöhnlich, waren die Fitnesszustände von Wälti und Crnogorcevic doch bereits vor der Partie bekannt. Mögliche Wechsel für die Führungsspielerinnen hätten geplant werden können.

Switzerland's Lia Waelti, left, challenges for the ball with Portugal's Andreia Norton during the Women Euro 2022 soccer match between Portugal and Switzerland at Leigh Sports Village in Wig ...
Lia Wälti ist noch nicht in Bestform.Bild: keystone

Das enttäuschende Resultat alleine am fehlenden Eingreifen Nielsens festzumachen, wäre aber zu kurz gedacht. Das Unentschieden gegen Portugal kann auch mit fehlender Klasse begründet werden. Die Schweizerinnen haben in diesem Jahr kein einziges Länderspiel gewonnen, sind vor der Europameisterschaft in den Testspielen in Deutschland (0:7) und gegen England (0:4) deutlich unter die Räder gekommen. Frauenfussball-Direktorin Tatjana Hänni wies am Tag nach dem Remis gegen Portugal auf eine enttäuschende Entwicklung hin.

«Wir haben nicht mehr die Breite im Kader von absoluten Topspielerinnen wie noch vor fünf Jahren. Viele gute Nationen – und da spreche ich nicht von den Topnationen – sind uns in den letzen Jahren enteilt.»

Nun geht es in den nächsten beiden Gruppenspielen an dieser EM gegen Topnationen: Schweden und die Niederlande. Immerhin ist dann der Druck weg. (aargauerzeitung.ch)

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Die Noten der Frauen-Nati beim 2:2 gegen Portugal
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Die Noten der Frauen-Nati beim 2:2 gegen Portugal
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quelle: keystone / salvatore di nolfi
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