Der Schock sitzt tief. Deshalb geht beim FCZ heute erstmal gar nichts. Nachdem gestern Abend der Abstieg in die Challenge League trotz eines 3:1-Siegs gegen Vaduz nicht verhindert werden konnte, herrscht Leere allenthalben und der Stadtklub will seine Ruhe. Es steht ein geschlossenes Training auf dem Programm, Spieler und Trainer werden keine Auskünfte geben. Auch die FCZ-Führung will sich nicht zum Abstieg äussern. Kopf lüften, lautet die Devise.
Wie es mit der Führungsetage des FC Zürich weitergeht, ist einen Tag nach dem Abstieg noch völlig offen. Präsident Ancillo Canepa, der nach der Partie gegen Vaduz abtauchte, wird sich am Freitag an einer Pressekonferenz erstmals äussern. Dort wird er verkünden, dass er bleiben werde. Alles andere würde nicht zu Canepa passen. So will er «seinen» FCZ nicht verlassen und stürzen kann man ihn ohnehin nicht. Ob der Präsident wenigstens den einen oder anderen Fehler eingestehen wird? Wir werden sehen.
Wie heisst es so schön: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Vier Tage nach dem Abstieg in die Challenge League steht das wichtigste Spiel der Saison auf dem Programm: Der Cupfinal gegen Lugano. Mit einem Sieg würde der FCZ nicht nur einen Titel gewinnen, einen positiven Schlusspunkt auf eine Horror-Saison setzen und die Fans etwas versöhnlich stimmen, sondern auch einen wichtigen Schritt in Richtung direkten Wiederaufstieg machen.
Als Cupsieger wäre man direkt für die Europa-League-Gruppenphase qualifiziert, was allein 2,4 Millionen Euro in die Klubkasse spülen und so das Budget erst einmal entlasten würde. Ausserdem würde man in internationalen Duellen regelmässig auf hohem Niveau gefordert.
Nach dem Cupfinal sollte so schnell wie möglich geklärt werden, welcher Trainer den FCZ wieder in die Erstklassigkeit zurückführen soll. Uli Forte hat einen Vertrag bis zum Ende der Saison, also bis nach dem Cupfinal. Unter dem 42-Jährigen hat der FCZ in drei Spielen vier Punkte geholt und spielerisch eine leichte Aufwärtstendenz gezeigt. Forte kann sich vorstellen weiterzumachen, das letzte Wort hat aber die Klubführung.
Dass der FCZ seit dem Abgang des Technischen Direktors Marco Bernet im Sommer 2014 faktisch auf einen Sportchef verzichtete, erwies sich als fatal. Für kurze Entscheidungswege – Canepa als Alleinbestimmer – wurde das nötige Know-how aufgegeben. Ausserdem prasselte sämtliche Kritik plötzlich mehr oder weniger ungefiltert auf die Trainer ein, die Rückendeckung in schwierigen Zeiten fehlte. Nach dem Super-GAU wäre der FCZ deshalb gut beraten, die Verantwortung wieder auf zwei Schultern mehr zu verteilen.
Es ist noch nicht allzu lange her, da definierte sich der FCZ noch als Ausbildungsverein. Die Idee war es, eigene Trainer auszubilden sowie junge Spieler zu fördern, um eine einheitliche Spielphilosophie zu entwickeln. Doch je mehr Canepa zum Alleinherrscher wurde, desto mehr wurde die Strategie verraten. Junge Spieler wurden viel zu früh ins Ausland abgegeben, alte mit klingendem Namen geholt. Das Resultat: Eine wild zusammen gewürfelte Mannschaft ohne Charakter – dabei hätte man ja gewusst, wie's geht ...
Mit einem Abstieg hat beim FCZ niemand gerechnet. Anders ist es nicht zu erklären, dass sämtliche Spielerverträge bei gleichen Löhnen auch für die Challenge League gültig sind. Den Klub verlassen im Sommer nur die Leihspieler Vinicius und Alexander Kerschakow, ausserdem läuft Philippe Kochs Vertrag aus.
Ein Neuanfang ist so natürlich schwierig. Deshalb sollte der FCZ versuchen, sich einvernehmlich von ein paar Spielern zu trennen. Nur so könnte eine neue Mannschaft für die Challenge League um Identifikationsfiguren wie Koch (Vertrag muss verlängert werden), Kevin Bua, Oliver Buff oder Marco Schönbächler aufbauen.
Steht das Grundgerüst des Kaders für die neue Saison, stehen Ferien auf dem Programm. Seele baumeln lassen, negative Erlebnisse verarbeiten, neuen Mut fassen. Frisch erholt geht es dann in die Saisonvorbereitung. Und vielleicht wird der eine oder andere ja von den Auftritten der Schweizer Nati an der EM in Frankreich inspiriert.
Eines war der FCZ in der Abstiegssaison sicher nicht: Eine verschworene Einheit, die solidarisch füreinander spielte. Hier muss der neue oder alte Trainer den Hebel als erstes ansetzen. Die Floskel mag abgedroschen sein: Doch selbst in der Challenge League kann der FCZ nur als Mannschaft Erfolg haben.
Ein guter Start in die neue Saison ist entscheidend für den direkten Wiederaufstieg. Muss man sich allzu früh für die ausbleibenden Resultate rechtfertigen, findet man sich wieder in der altbekannten Negativspirale. Was ein paar Siege in Serie, ein guter Teamgeist und eine Strategie bewirken können, zeigte zuletzt Leicester City, das unaufhaltsam in Richtung Titel stürmte.