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Es dauert noch siebzig Minuten, bis drinnen das letzte Spiel angepfiffen wird. Aber eigentlich ist es da schon vorbei. Denn ein kaputter Bus, der direkt beim Letzigrund abgeschleppt wird: nein, das kann kein gutes Omen sein.
Noch einmal kommen 16'000 Fans, um ihren FC Zürich zu unterstützen. Oder um sagen zu können, beim Abstieg dabei gewesen zu sein? Denn die Situation ist ohnehin verzwickt und nach zehn Minuten ist sie schon fast aussichtslos. Da führt Lugano gegen St.Gallen bereits mit 2:0 und bei einem Sieg der Tessiner ist der FCZ in jedem Fall in der Challenge League.
Die Stimmung im Stadion ist zurückhaltend, nur in den Fankurven wird alles gegeben. Hier eine proppenvolle, trotzig trotz allem singende Südkurve. Dort ein gutes Dutzend Vaduzer, gut aufgelegt aufgrund des am Sonntag sichergestellten Klassenerhalts. Es ist absurd: Der ausländische Kleinklub, den kaum einer oben sehen will, wird auch in der kommenden Saison in der Super League spielen. Während der zwölffache Schweizer Meister aus der grössten Stadt des Landes künftig durch die Challenge-League-Provinz tingeln muss.
Die Partie ist lange sinnbildlich für die Situation, in die der FCZ geraten ist und aus der er nicht mehr herausgefunden hat. Die Zürcher treffen zwei Mal nur die Latte und vergeben gute Chancen, im Gegenzug schiesst Vaduz das 1:0. Der Heimklub trifft dann doch noch und gewinnt letztlich mit 3:1. Nach den Treffern tönt aus den Lautsprechern, dass die Tore vom Reisepartner des FC Zürich präsentiert würden. Ob TUI Städtereisen nach Chiasso, Wohlen oder Wil im Angebot hat?
Als der FC Lugano das 3:0 gegen St.Gallen schiesst, ist es eine Viertelstunde vor dem Ende endgültig Aus mit allen Hoffnungen der Zürcher auf ein Fussballwunder. Ein letztes Mal singt die Südkurve lautstark: «Züri isch ois, ois ganz ällei!» Dann schweigen auch die treuen Fans und es wird ganz still im Letzigrund. Bloss das Dutzend Vaduzer johlt trotz der Niederlage fröhlich und mit nacktem Oberkörper. Auf der Tribüne hat Köbi Kuhn, FCZ-Ikone und Ex-Nationaltrainer, Tränen in den Augen.
ok. zugegebenermassen etwas berührend. #fcz pic.twitter.com/yp54z5B9m6
— Michael Wicki (@WickiMichael) 25. Mai 2016
Es ist 22.16 Uhr, als der Schiedsrichter abpfeift und der Abstieg Tatsache ist. «Danke Uli» steht auf einem Kartonschild, das ein Fan gebastelt hat und das er nun in die Höhe hält. Es ist wohl sarkastisch gemeint, denn sein Kollege neben ihm hält ein Grabkreuz in die Höhe, mit der Jahreszahl 2016.
Wenn die beiden auf der Haupttribüne wirklich Uli Forte als Totengräber des FCZ ausgemacht haben, dann zählen sie zu einer kleinen Minderheit. Denn in den letzten zwei Spielen hat die Mannschaft unter dem neuen Trainer klare Fortschritte gezeigt.
Für die meisten im Letzigrund ist klar: Schuld am Niedergang hat Ancillo Canepa. Der Präsident und Sportchef des FCZ hat in den vergangenen Jahren viele kompetente Mitstreiter vergrault, hat mehr und mehr Macht an sich gerissen. Nicht zum Vorteil des Klubs, wie sich nun herausgestellt hat. Canepa lässt sich an diesem Abend nicht mehr bei den Reportern blicken, er will sich erst morgen Freitag äussern.
Seltsam gelassen machen sich die enttäuschten Zuschauer nun auf den Heimweg. Grosse Emotionen gibt es nicht. Zu vorhersehbar war der Abstieg in den letzten Tagen geworden. Der FCZ steuerte wie die Titanic auf den Eisberg zu und es gab keine Chance mehr, diesem auszuweichen.
Doch dann kommen die Emotionen doch noch – und wie! Vermummte Anhänger stürmen plötzlich den Spielereingang, sie gelangen in die Katakomben, wollen zu ihren Lieblingen. Eher um ihnen die Leviten zu lesen, als um ein Autogramm zu verlangen.
Plötzlich Hektik im Stadionbauch: Reporter flüchten, Einsatzkräfte der Delta eilen herbei, mit Helm und Schlagstock ausgerüstet. Aggressivität liegt in der Luft. Es ist ein mulmiges Gefühl, jetzt an diesem Ort zu sein. Glücklicherweise gelingt es Stadionmanager Peter Landolt nach kurzer Zeit, die Situation zu entschärfen, bevor sie vollends eskaliert. Rund 30 Vermummte führt er an den Medienschaffenden vorbei an die frische Luft.
40 Minuten nach dem Abpfiff und dem Ende aller Hoffnungen des FC Zürich, doch noch in der Super League zu bleiben, tritt Trainer Uli Forte vor die Medien. Der «Feuerwehrmann» ist der einzige FCZ-ler, der an diesem bitteren Abend Stellung bezieht. Eine Katastrophe sei dieser Abstieg: «Der FCZ gehört in die Super League!»
Forte lässt durchblicken, dass er nicht abgeneigt ist, die Mission «Wiederaufstieg» in Angriff zu nehmen. Er, der für die letzten drei Meisterschaftsspiele geholt wurde, möchte aber lieber über die unmittelbare Zukunft nachdenken. Denn die heisst für den FC Zürich Cupfinal. Am Sonntag spielt er im Letzigrund gegen den FC Lugano. Es wird ein Spiel unter ganz besonderen Vorzeichen.