Sport
Fussball

Fans: Fussballverband verteidigt sich gegen Ticket-Preise beim Cupfinal

FC Luzern Fans verketten das Tor beim Schweizer Cup 1/4 Final Spiel zwischen dem FC Luzern und dem BSC Young Boys vom Mittwoch, 6. Maerz 2019 in Luzern. (KEYSTONE/Urs Flueeler)
Nicht nur gegen die Ticketpreise, auch gegen die Anspielzeiten im Cup wurde schon protestiertBild: KEYSTONE

Fans sehen bei Ticketpreisen Verrat am Cup – der Fussballverband wehrt sich

Die Fans sehen das «Volksfest» Cup seiner Seele beraubt. Statt mehr Menschen einzuschliessen, würden sie ausgeschlossen. Schuld soll der Schweizerische Fussballverband mit seiner Hochpreis-Politik sein. Was ist an diesem Vorwurf dran?
22.04.2019, 12:51
sébastian lavoyer / ch media
Mehr «Sport»

Ein Aufschrei geht durch den Schweizer Fussball. Die Fans lehnen sich auf gegen den Verband. Das gleiche Bild bei allen Cup-Halbfinalisten. Wo man auch hinschaute – nach Basel, Luzern, Thun oder Zürich – überall Banner in den Fansektoren. Proteste gegen unfaire Preise für den Cupfinal 2019. Eine konzertierte Fan-Aktion – das gibt es nicht alle Tage. Aber das Gefühl, vom SFV ausgebeutet zu werden, einte sie.

Auf ihrer Website veröffentlicht die Muttenzer Kurve ein Schreiben im Namen der wichtigsten Fanorganisationen der vier Cup-Halbfinalisten. Man fordert faire Preise. Vor fünf Jahren hätte Jugendliche im Fansektor noch 25 Franken bezahlt, heute schon 50 (Tabelle links). Auf Haupt- und Gegentribüne zahle man heute 100 bis 120 Franken. Ermässigungen gäbe es keine mehr. «So aber müssen beispielsweise zwei Erwachsene mit zwei Kindern auf der Tribüne alleine für Tickets satte 400 Franken ausgeben», steht im Fan-Schreiben.

Weiter steht dort: «Eine Koppelung des Stadioneintritts an bestimmte Verkehrsmittel und Anfahrtswege stellt einen abzulehnenden Schritt in Richtung Kombitickets dar.» Man lechzt nach Bewegungsfreiheit, will den öffentlichen Verkehr nicht quersubventionieren. Die Fans fürchten einen Verrat des Cupgeists, den Verlust der speziellen Seele dieses Wettbewerbs, das Ende des Volksfests. Weil man durch die Preispolitik immer mehr ausschliesse – und letztlich vor halb leeren Rängen spiele.

««Wir machen keinen Gewinn mit dem Cupfinal.»
SFV-Mediensprecher Marco von Ah

Der Verband lässt die Kritik so nicht auf sich beruhen. Wie die meisten Veranstalter setze man die Preise seiner Events so an, dass man möglichst die Kosten decken könne. Sicherheit, Stadionmiete, öffentlicher Verkehr, Beteiligung und Prämie der Cupfinalisten, kleinere Posten wie die Medaillen, die Schiedsrichter oder das Ticketing – der Verband gibt pro Jahr 4,7 Millionen Franken für den Cup aus, 1,8 Millionen allein für den Final.

BILDPAKET -- ZUM JAHRESRUECKBLICK 2018 SPORT, STELLEN WIR IHNEN HEUTE FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG -- Die Mannschaft des FC Zuerich mit Aliane und Praesident Ancillo Canepa feiern ihren zehnt ...
Der FC Zürich feiert 2018 den Gewinn des Schweizer CupsBild: KEYSTONE

Will man kostendeckend bleiben, bedeutet das bei 30 000 Zuschauern einen durchschnittlichen Ticketpreis von 60 Franken. Sonst schreibt man rote Zahlen. Wie man das beim Verband auch erwartet. «Wir machen keinen Gewinn mit dem Cupfinal. Im Gegenteil, wir werden wohl auch dieses Jahr wieder leicht drauflegen, so wie das in den vergangenen Jahren regelmässig der Fall war», sagt SFV-Mediensprecher Marco von Ah.

Die Preise seien also alles andere als unfair, kontert der Verband den Fan-Vorwurf: Ein Erwachsener mit drei Kindern zahle für Plätze auf der Gegentribüne 190 Franken, zwei Erwachsene mit zwei Kindern 260 Franken. Beide Beträge liegen deutlich unter den von den Fans behaupteten 400 Franken. Verdoppelt hätten sich auch nicht alle Preise. Schon vor zehn Jahren zahlte ein Erwachsener in der Kurve 50 Franken.

Noch nicht beinhaltet war damals die Anreise mit dem Zug. Rechnet man die Bahnpreise ein, ergibt sich zudem ein ganz anderes Bild: Einzig die Thuner würden mehr bezahlen, als es einen Jugendlichen 2014 gekostet hat, um den FCB im Wankdorf gegen den FCZ spielen zu sehen.

«Bern kann nicht einfach so 30'000 Menschen schlucken, wenn die Mehrheit nicht mit dem Zug kommt.»
Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause

Die Kombitickets (Eintritt gekoppelt mit Zugbillett) hat die Stadt Bern gefordert. Eine Forderung, die auf Vorfälle im Jahr 2014 zurückgeht. Cupfinal im Wankdorf, Zürich gegen Basel. Ausschreitungen, Zerstörung, Gewalt. Involviert sowohl Zürcher als auch Basler Anhänger. Ein solches Szenario möchten die Berner künftig verhindern.

Der Fanmarsch der FCZ-Fans durch die Berner Altstadt, vor dem Cupfinal zwishcen dem FC Basel und dem FC Zuerich, am Ostermontag, 21. April 2014 in Bern. (KEYSTONE/Lukas Lehmann)

Fans of FC Zurich m ...
Beim Cupfinal 2014 kam es zu Ausschreitungen.Bild: KEYSTONE

Reto Nause, Sicherheitsdirektor der Stadt, sagt: «Wir möchten, dass die Leute mit der Bahn anreisen. Die Verkehrssituation wird sich im Vergleich zu 2018 deutlich verschärfen, da zwei Fanlager anreisen. Bern kann nicht einfach so 30 000 Menschen schlucken, wenn die Mehrheit nicht mit dem Zug kommt.»

Vergangenes Jahr haben die SBB für die Fans aus Zürich sechs Extra-Züge bereitgestellt. Geht man von durchschnittlich 500 Reisenden pro Zug aus, wären das 3000 Menschen. Rechnet man das auf zwei anreisende Fanlager hoch, kommen 6000 Menschen mit dem Zug. Die Stadt Bern muss also noch ordentlich weibeln, wenn eine Mehrheit mit dem öffentlichen Verkehr kommen soll. An den Schweizerischen Bundesbahnen würde es nicht scheitern. «Als Beispiel: Wir stellen für den Osterverkehr 45 000 zusätzliche Sitzplätze bereit», sagt SBB-Mediensprecher Reto Schärli.

Eigentlich möchte Sicherheitsdirektor Nause so viele Fans wie möglich über die Bahnhöfe Bern Wankdorf und Ostermundigen zum Stade de Suisse lotsen. Er weiss aber, dass die treusten Anhänger auf einem Fanmarsch bestehen werden, und sagt: «Wir sind in Verhandlungen. Ich bin optimistisch, dass wir uns mit den Fans auf eine Route einigen können.» Der Marsch hilft der Stadt auch. So lassen sich die Ultras vom Rest der Fans trennen. Der Hauptbahnhof wird so zwar trotzdem beeinträchtigt, dafür aber könnten allenfalls mehr Familien mit Kindern zur Reise mit der Bahn bewegt werden, hofft man.

Alle Schweizer Cupsieger seit 1990

1 / 35
Alle Schweizer Cupsieger seit 1990
2022: FC Lugano – FC St.Gallen 4:1.
quelle: keystone / alessandro della valle
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Wenn es 2019 ähnlich ruhig bleibt bei letztes Jahr, kostet das Polizeiaufgebot um die 700 000 Franken. Die Hälfte davon trägt der Verband. Wobei der SFV maximal 350 000 Franken bezahlt, so ist das mit Bern vereinbart. Dazu kommen für den Verband noch einmal rund 200 000 Franken für die Sicherheit im Stadion. Verband und Stadt teilten sich die Kosten also etwa im Verhältnis 60:40. Kommt es wie 2014 zwischen FCB und FCZ zu Ausschreitungen und Vandalismus, steigen die Sicherheitskosten schnell um 100 000 Franken an. Auch die Ausgaben für Schäden bewegten sich damals in der Grössenordnung von 100 000 Franken.

Übrigens: Diese Anfälle der Zerstörung haben mit dazu geführt, dass der Verband wesentlich weniger Sponsoringeinnahmen generieren konnte. Die Prämien wurden 2017 gesenkt, am stärksten für die Cupfinalisten (von 300 000 auf 100 000 Franken).

Die Fans empören sich über unfaire Preise, beklagen eine Preiserhöhung. Dabei ist ein Teil von ihnen mitverantwortlich für höhere Kosten und tiefere Einnahmen. Der Fan-Vorwurf des Verrats ist vor diesem Hintergrund heikel.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Grösster FCZ-Goalie aller Zeiten und «Bau-Chnuschti»
1 / 11
Grösster FCZ-Goalie aller Zeiten und «Bau-Chnuschti»
Karl Grob bestritt am 12. Juni 1987 sein 513. Nationalliga- und zugleich sein letztes Spiel für den FC Zürich. FCZ-Präsident Sven Hotz verabschiedete den altgedienten Fussballer mit Blumen.
quelle: keystone / walter bieri
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Diese 10 Mannschafts-Typen kennst du, leider!
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
44 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
MyErdbeere
22.04.2019 13:22registriert Juli 2015
Einerseits kann ich die Fans verstehen, schliesslich habe ich mich letztes Jahr auch tödlich über die Preise für den Final aufgeregt. Aber wenn ich dann die Kosten sehe, die durch mich, durch uns Fussballfans im Allgemeinen entstehen, habe ich auch ein gewisses Verständnis für den Verband. Dass die Anstosszeiten teilweise eine Schweinerei sind, kann ich aber unterschreiben.
18633
Melden
Zum Kommentar
avatar
Bud Spencer
22.04.2019 13:31registriert Dezember 2018
Lieber Verband

Ich hätte ein paar Fragen an euch:

1. Wenn die Ticketpreise kostendeckend sind, was ist mit euren Kosten in den letzten 5 Jahren passiert, dass diese Ticketpreise so angestiegen sind

2. Wieso soll jemand ein Kombiticket kaufen müssen, der in de Nähe des Stadion wohnt oder mit dem Auto unterwegs ist?

3. Wieso hebt ihr die Ticketpreise an, wenn ihr volle Stadien und gute Stimmung wollt?
19544
Melden
Zum Kommentar
avatar
Miami Greis
22.04.2019 14:15registriert Oktober 2017
Wollte vor ein paar Jahren mit Sohn zum Cupfinal. Leider gab es im offiziellen Vorverkauf keine Tix mehr. Als ich dann im TV die massenhaft leeren Sitze sah, hab ich mich ziemlich geärgert. Auch bei Natispielen fällt mir das immer wieder auf. Spiel ausverkauft aber leere Plätze zwischen den Sektoren und am Spielfeldrand. Schaut man z.B. ein BuLi Spiel, gibts im ganzen Stadion keinen leeren Sitz zu sehen. Vermutlich werden in der Schweiz die Sitzplätze der „Sicherheit“ wegen geopfert, dabei gibt es nichts sichereres als ein Stadion gefüllt mit möglichst vielen Familien.
5118
Melden
Zum Kommentar
44
Diese (wortwörtlich) atemberaubende Trend-Sportart will Olympia 2028 aufmischen
Die Trendsportart «Underwater Torpedo» begeistert auf Social Media ein Millionenpublikum und erfreut sich in ihrem Herkunftsland, den USA, wachsender Beliebtheit. Die Schöpfer der Sportart, die einst als Training für US-Marinesoldaten entstanden war, haben jetzt ein ambitioniertes Ziel.

Beim sogenannten «Underwater Torpedo» braucht es nicht nur stählerne Muckis, sondern vor allem eine Lunge aus Stahl. Die Trendsportart, die erst 2017 in den USA ins Leben gerufen wurde, wird immer populärer – bei Sportlerinnen und Sportlern wie auch beim Publikum auf Social Media. Und das erstaunt nicht, wenn man die (wortwörtlich) atemberaubenden Bilder sieht:

Zur Story