
Da war die deutsche Fussballwelt noch in Ordnung: Philipp Lahm an der WM 2014 in Brasilien.Bild: EPA/EFE
13.07.2018, 12:0813.07.2018, 12:18
Das hat gesessen. Philipp Lahm, Ex-Kapitän der deutschen Fussball-Nationalmannschaft, hat beim sozialen Netzwerk LinkedIn gegen Bundestrainer Joachim Löw ausgeteilt.
Seine Hauptkritikpunkte: Wie der DFB die neue Spielergeneration ausbildet und Löw mit dieser umgeht. Wir haben die wichtigsten Passagen von Lahm herausgesucht:
Das sagte Lahm:
Zur Schwierigkeit einer Titelverteidigung
«Eine
meiner wichtigsten Erfahrungen besteht darin, dass es praktisch unmöglich ist,
zweimal auf dieselbe Weise erfolgreich zu sein.»
Zur Generation der älteren Fussballer
«Die
Generation an Spielern, die 2014 das Gerüst der Mannschaft gebildet hat, ist
zwar bereits in den Jugendleistungszentren ausgebildet worden, hat aber noch zu
Hause, bei ihren Familien gelebt. Das heisst, sie sind nicht nur von den
Trainern der Leistungszentren fussballerisch ausgebildet worden, sondern haben
gleichzeitig eine Prägung durch ihre Familien erlebt.
Ein wesentlicher
Grundstein dieser familiären Prägung ist für mich der Blick fürs Ganze: für die
Familie, aber auch für die jeweilige Mannschaft, deren Teil du bist.»
Philipp Lahm
Zur neuen Generation Fussballer
«Die
heutige Generation stammt zu hundert Prozent aus den Jugendleistungszentren.
Die jungen Männer trainieren, spielen und leben im Leistungszentrum. Die Idee,
die sie dort vermittelt bekommen, ist klar definiert: Sie wollen Profi werden.
Sie wollen eine Karriere hinlegen wie ihre grossen Vorbilder. Sie wollen sozial
aufsteigen. Sie wollen Geld verdienen.
Auch
die verschiedenen Herkünfte ihrer Familien und deren kulturelle Prägungen mögen
eine gewisse Rolle spielen, aber für wichtiger halte ich das Ausbildungssystem,
das den jungen Sportler fast zwangsläufig zum Egoisten macht.
Der
Blick für das Ganze, die Verantwortung des Einzelnen für die Mannschaft tritt
als Leistungsmotiv in den Hintergrund.»
Philipp Lahm

Mats Hummels kritisierte die neue Spielergeneration auch schon während der WM.Bild: EPA/EPA
Zu Miroslav Klose:
«Eine
Karriere, wie sie zum Beispiel mein langjähriger Kollege und Mitspieler
Miroslav Klose hingelegt hat, wäre heute nicht mehr möglich. Klose absolvierte
eine Lehre als Zimmermann und spielte beim 1. FC Kaiserslautern Amateurfussball,
bevor er zum Bundesligaprofi wurde und schliesslich als 23-jähriger sein erstes
Spiel für die Nationalmannschaft absolvierte.
Dass ein 23-jähriger Debütant
einmal zum Rekordtorschützen der deutschen Nationalmannschaft aufsteigt, ist
eine unwahrscheinliche Erfolgsgeschichte. Sie wirkt wie aus der Zeit gefallen.»
Philipp Lahm

Miroslav Klose jubelt über einen Treffer im Viertelfinal gegen Argentinien im Jahr 2006.Bild: AP
Zu den Erdogan-Fotos:
«Das
Trainerteam muss seine Individualisten motivieren und steuern. Wenn sie sich
nicht von allein in die Richtung bewegen, wo man sie haben möchte, müssen sie
eben mit klarer Ansprache dazu gebracht werden.
Diese klare Ansprache hätte es zum Beispiel gebraucht, als die Affäre um Mesut Özil
und İlkay Gündoğan um das gemeinsame Foto mit dem türkischen Präsidenten Recep
Tayyip Erdoğan hochgekocht ist. Özil (und anfangs auch Gündoğan) sahen keine
Notwendigkeit, sich öffentlich zu äussern und zu erklären. Diese Notwendigkeit
hätte man ihnen schnell und nachhaltig vermitteln müssen, um nach aussen – und
nach innen – Identität zu stiften.»
Philipp Lahm
Zu Löws Führungsstil:
«Das Trainerteam hat sich
darauf verlassen, dass die praktizierte Führungskultur der vergangenen,
erfolgreichen Jahre ausreicht, um einmal mehr erfolgreich zu sein.
Ich bin überzeugt davon,
dass Jogi Löw seinen kollegialen Führungsstil der letzten Jahre ändern muss,
wenn er mit der neuen Generation von Nationalspielern wieder Erfolg haben
möchte.
Er
muss Individualisten klar machen, dass sie Verantwortung für die gesamte
Mannschaft tragen. Er muss eine Kultur strafferer, klarerer Entscheidungen
etablieren als er selbst das gewohnt war.»
Philipp Lahm
Trotz der ganzen Kritik sieht Lahm aber kein Ende der Löw-Ära: Er hatte zuletzt in einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit betont, dass er einen Neustart mit Löw und Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff auf Grundlage einer ehrlichen Analyse für möglich halte.
(watson.de)
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