Sport
Fussball

WM 2022 in Katar: Tor von Japan gegen Spanien sorgt für Diskussionen

Japans Tor gegen Spanien war regulär – FIFA äussert sich zu umstrittener VAR-Entscheidung

02.12.2022, 17:46
Mehr «Sport»

Es läuft die 54. Minute im Spiel zwischen Japan und Spanien, als bei den Asiaten für einen Moment alle Dämme brechen. Nach einem Pass quer durch den Strafraum spielt der eingewechselte Kaoru Mitoma den Ball zur Mitte, wo ihn Ao Tanaka zum 2:1 in die Maschen befördert. Der Mittelfeldspieler dreht ab, und jubelt über seinen Treffer – aber nur für kurze Zeit. Der Linienrichter hebt die Fahne, das Tor wird zunächst nicht gegeben.

Was war passiert? Bei der Hereingabe von Mitoma ist in den Wiederholungen zu sehen, dass der Ball das Spielfeld womöglich bereits verlassen hat. Die Angelegenheit ist so knapp, dass sich auch das Schiedsrichtergespann relativ viel Zeit nehmen muss. «Der Ball war hinter der Linie», legt sich auch SRF-Kommentator Reto Held zunächst fest. «Das Tor wird nicht zählen.»

Doch das Tor zählt, zur grossen Freude der Japaner. Denn wie sich eine gute halbe Stunde später herausstellt, ist es dasjenige, dank welchem sich die Asiaten letztendlich für den Achtelfinal qualifizieren. Japan bringt das 2:1 über die Zeit, sichert sich so den Gruppensieg und trifft nun in der Runde der letzten 16 auf Kroatien.

Während Japan jubelt, hadern Deutschland und auch Spanien. Der Treffer von Tanaka sorgt für Diskussionsstoff. Auf den sozialen Medien zirkulieren Bilder, auch welchen es scheint, als habe der Ball das Spielfeld tatsächlich mit vollem Umfang verlassen. «Ich habe ein Foto davon gesehen. Ich hoffe, dass dieses manipuliert war», sagte der verdutzte spanische Trainer Luis Enrique nach der Pressekonferenz nach dem Spiel. Und die deutsche «Bild» schreibt von einem «Millimeter-Drama», und in Anspielung auf den WM-Final 1966: «wie Wembley».

Auf diesem Bild im deutschen TV scheint der Ball das Spielfeld verlassen zu haben.
Auf diesem Bild im deutschen TV scheint der Ball das Spielfeld verlassen zu haben.bild: twitter/swissfootdata

Am Tag nach dem Spiel veröffentlicht die FIFA aber ein Video, das eindeutig zeigt, dass der Ball nicht in vollem Umfang über die Linie gerollt war. «Andere Kameras könnten irreführende Bilder liefern, aber nach den vorliegenden Informationen war der Ball nicht vollständig aus dem Spiel», teilt der Weltverband mit. Demnach hätte der Videoassistent bereits während der Partie die Torlinien-Kamera benutzt, um festzustellen, ob das Tor regulär war oder nicht.

Tatsächlich ist auf den Bildern, die den Schiedsrichtern zur Verfügung standen, nicht zweifelsfrei bestätigen, dass der Ball den Platz nicht mit vollem Umfang verlassen hatte. Denn im Gegensatz zur Torlinie gibt es bei der Torauslinie kein automatisches technisches Hilfsmittel, welches die Position definitiv ermitteln kann. Aus diesem Grund dauerte es auch mehrere Minuten, bis der Treffer doch noch gegeben wurde.

Und trotzdem drehte der VAR die Entscheidung des Schiedsrichters um. Obwohl die Regeln klar besagen: Der VAR darf nur eingreifen, wenn eindeutig bewiesen werden kann, dass der Ball das Spielfeld nicht mit vollem Umfang verlassen hat. Nur dann darf der ursprüngliche Entscheid des Schiedsrichter-Teams – also dass das Tor nicht zählt – angefochten werden.

Wie sich am nächsten Tag und auch schon bei Bildern der Szene, die im Laufe des Abends auftauchten, zeigt, war es die richtige Entscheidung. Der Ball hat das Spielfeld also nicht mit vollem Umfang verlassen.

Aus dieser Perspektive sieht es danach aus, dass der Ball wohl noch ganz knapp auf der Linie ist.
Aus dieser Perspektive sieht es danach aus, dass der Ball wohl noch ganz knapp auf der Linie ist.bild: twitter/swissfootdata
Japan's Kaoru Mitoma appears to have the ball over the line before crossing it for a goal during the World Cup group E soccer match between Japan and Spain, at the Khalifa International Stadium i ...
Die Szene von weiter oben.Bild: keystone

Diverse User versuchen mit Videos zudem aufzuzeigen, wie viel die Kamera-Perspektive bei einer solchen Entscheidung ausmacht.

Und trotzdem gab es Kritik a der Entscheidung. «Ausschliesslich auf der Grundlage der bislang veröffentlichten Bilder die ursprüngliche Entscheidung als klaren Fehler einkassiert zu haben, wäre schon ein recht gewagter Move», schreibt der bekannte Schiedsrichter-Podcast Collinas Erben zur Szene auf Twitter.

Noch einen Schritt weiter geht der ehemalige deutsche Nationalspieler Michael Ballack. «Die Entscheidung ist kontrovers und falsch», so der mittlerweile 46-Jährige gegenüber MagentaTV. «Du hast eine eventuelle Aus-Entscheidung, die nicht klar belegbar ist, korrigiert.» (dab)

War es die richtige Entscheidung des VAR, Japan den Treffer doch noch zu geben?
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die besten Bilder der Fussball-WM 2022 in Katar
Werbung
Das könnte dich auch noch interessieren:
37 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
brathering
02.12.2022 12:03registriert März 2021
der VAR hat sich die Szene genau angeschaut und hatte für die Entscheidung wohl die besseren Bilder. Aus der Vogelperspektive ist zu erkennen, dass der Ball die Linie berührt, d.h. noch im Spiel ist. Adidas konnte mit dem Chip belegen, dass der Ball noch im Spiel war.

Und nun gilt dieser Fakt als kontrovers, weil in den Medien Bilder aus ungünstigen Winkeln verwendet werden?!
15311
Melden
Zum Kommentar
avatar
hans gwüsst
02.12.2022 13:58registriert Januar 2016
«Die Entscheidung ist kontrovers und falsch» Ballack widerspricht sich ja gleich in der eigenen Aussage, oder weiss zumindest nicht was kontrovers bedeutet.
620
Melden
Zum Kommentar
avatar
MarGo
02.12.2022 13:19registriert Juni 2015
Also wenn es einen guten Grund gibt, dass mittlerweile schon die Bälle "smart" sind - sprich mit Sensoren vernäht, die genau solche Szenen aufschlussreich beweisen können, dann ja wohl das. Und adidas hat meines Wissens auch schon bestätigt, dass der Ball um Milimeter noch auf der Linie war. Also warum diskutiert man hier jetzt noch?
503
Melden
Zum Kommentar
37
Kultgoalie Ike Shorunmu erinnert sich an seine FCZ-Zeit: «Es gab immer nur Spaghetti»
Ihn mochte einfach jeder Fussballfan. Besonders in Zürich erinnern sie sich immer noch gerne an Ike Shorunmu zurück. Wir haben den 56-jährigen Kultgoalie in seiner Heimat Nigeria aufgespürt und erinnern uns mit ihm an früher.

Es war einmal ein Sportjournalist, der im Estrich eine Schachtel voll mit alten Autogrammkarten wiederentdeckte. Was mehr oder weniger direkt zur Frage führte, was Ike Shorunmu wohl heute macht.

Zur Story