Wissen Sie noch, was Sie am 16. März 2014 getan haben? Vermutlich nicht. Einer aber wird diesen Tag sein Leben lang nicht vergessen: Breel Embolo. An diesem frühlingshaften Sonntagnachmittag im St.Jakob-Park nämlich erzielt der damals 17-Jährige im zweiten Profieinsatz für den FC Basel sein erstes Tor: Elegant, wie er den Ball auf der Brust abtropfen lässt. Beeindruckend, wie er den Aarauer Stephan Andrist wie eine lästige Fliege abschüttelt. Kurzer Blick nach oben, Schuss – und FCA-Goalie Lars Unnerstall ist geschlagen.
Der Treffer zum 5:0 in der 89. Minute mag irrelevant sein in der Endabrechnung der Partie. Doch schon damals ist im Stadion zu spüren, dass dies nicht irgendein Moment war. Vielmehr sind alle Menschen im Stadion Zeugen der ersten Duftmarke, die der talentierteste Schweizer Stürmer aller Zeiten setzt.
Das beginnt damit, dass sogar Yann Sommer aus seinem Tor eilt und 80 Meter weit sprintet, um Embolo zu gratulieren. Kurz darauf skandiert die Muttenzerkurve den Namen des 17-Jährigen – eine Ehre, die sonst nur gestandene und verdiente Spieler erfahren. Nach dem Schlusspfiff hagelt es von allen Seiten Lob für Embolo. Trainer Murat Yakin: «Er bringt alles mit und hat eine grosse Zukunft vor sich.» Captain Marco Streller: «Er hat sehr viel Talent und ist ein hoch anständiger Kerl. Es wäre schön, wenn er im Sturm mein Nachfolger werden würde.»
Auf den Tag genau zwei Jahre sind seither vergangen. Und es lässt sich festhalten: Die Vorahnung jener, die Embolo am 16. März 2014 zugeschaut haben, hat sich bestätigt. Embolo hier, Embolo da – der 19-Jährige ist in aller Munde. Bernhard Heusler, der Präsident des FC Basel, erklärt das Phänomen Embolo so: «Wer Breel schon einmal spielen gesehen hat, weiss: Der Junge ist ein Phänomen. Kraft, Technik, Einsatz und – vor allem anderen – der offensichtliche Spass am Spiel machen ihn zu einem Instant-Publikumsliebling.»
Bevor er am Donnerstag mit dem FC Basel in Sevilla antritt, um dort die kleine Chance auf die Europa-League-Viertelfinals zu nutzen, blicken wir zurück auf Embolos letzte zwei Jahre.
Dem Premierentreffer gegen Aarau hat Embolo 25 weitere folgen lassen – macht 26 Tore in 80 Profispielen für den FCB. Gleichzeitig gab er 21 Torvorlagen. Sein Debüt für die Schweizer Nationalmannschaft feierte er am 31. März 2015 gegen die USA – ein halbes Jahr später traf er erstmals gegen San Marino, nachdem ihn das ganze Stadion als Penaltyschützen gefordert hatte. Bei diesem einen Treffer für die Nationalmannschaft blieb es – dafür steuerte er in der EM-Qualifikation vier Assists bei.
Vor zwei Jahren war der Rohdiamant noch derart unbearbeitet, dass man beim FCB noch gar nicht wusste, auf welcher Position Embolo denn am stärksten ist. Stossstürmer, Spielmacher, Flügel, sogar zentrales Mittelfeld – alles schien möglich. Nach Murat Yakin, unter dem sich Embolo ein halbes Jahr und mit ein paar Kurzeinsätzen an die Profis herantastete, startete er unter Paulo Sousa so richtig durch: Der Portugiese liess Embolo hauptsächlich als Mittelstürmer spielen. In dieser Zeit sagte er auch erstmals, dass er sich im Sturmzentrum am wohlsten fühle.
Dort plante ihn eigentlich auch Urs Fischer, Embolos bereits dritter Trainer in zwei Jahren, ein. Doch weil Neuzugang Marc Janko, eigentlich als Embolo-Back-up geholt, wie am Laufmeter trifft, erfand Fischer ihn neu – als Rechtsaussen. Was passt: Am Flügel kommen Embolos Dynamik und sein Tempo noch besser zur Geltung als im dicht gedrängten Zentrum. Unter der Verschiebung nach aussen litt zwar seine Trefferquote (letzter Treffer Anfang November), dafür leistet Embolo wertvolle Defensivarbeit und liefert regelmässig Torvorlagen.
Am Tag seines Premierentreffers ist Embolo ausserhalb des FCB nur Insidern ein Begriff. Was dann geschieht, übertrifft alles bisher Dagewesene: Innert weniger Monate ist Embolo hierzulande jedem Kind ein Begriff. Die Frage, ob er sich für oder gegen die Schweizer Nationalmannschaft entscheidet, wird im Herbst 2014 zur meistdiskutierten. Das Warten auf den roten Pass avanciert zur Zerreissprobe.
Es ufert aus ins Absurde, als Embolo beim Verlassen der Berufsschule, die er bis vor einem Jahr besucht, heimlich gefilmt wird. Dass Embolo mehr ist als nur ein Fussballer, wird spätestens dann klar, als er an den Swiss Music Awards als Laudator für die besten Nachwuchskünstler auftritt. Neue Formen nimmt der Rummel im Januar an, als Wolfsburg knapp 30 Millionen für ihn bietet.
Und Embolo? Der wird vom FCB und seinem Umfeld abgeschirmt, so gut es geht. Den Rest zum Everybodys-Darling-Image steuert er selber bei – und das ist nicht wenig. Er sagt es so: «Ich bin der Breel – und ich bleibe der Breel.»
(aargauerzeitung.ch)