Seit Mittwoch ist klar: Der FC Basel und Marcel Koller gehen nach dieser Saison getrennte Wege. Noch ist offen, wer die Nachfolge des 59-jährigen Zürchers übernimmt. Fabio Celestini, der lange als aussichtsreicher Kandidat galt, hat bereits abgesagt. Mittlerweile werden viele weitere Namen mit dem FCB in Verbindung gebracht – wir verschaffen einen Überblick.
Alter: 41
Aktuelles Team: FC Basel U21
Genannt von: Diversen Medien
Derzeit scheint Frei die realistischste Lösung zu sein. Der 41-Jährige kennt den Verein bestens, er trainierte bereits die U15 und die U18. Aktuell ist er in der U21 tätig. Auch bei den Fans ist der ehemalige FCB-Goalgetter beliebt. Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis er mal Cheftrainer der ersten Mannschaft wird.
Und im internationalen Fussball kommt es immer häufiger vor, dass Vereinsikonen ohne besonders viel Erfahrung die erste Mannschaft übernehmen, etwa Zinédine Zidane bei Real Madrid, Frank Lampard bei Chelsea und Andrea Pirlo bei Juventus. Viele von ihnen hatten bisher Erfolg.
Frei hat momentan noch gar keine Erfahrung auf höchster Stufe, in seiner noch jungen Trainerlaufbahn hat er, bis auf zwei Spiele als FCB-Interimscoach, noch kein Profiteam geleitet. Und auch bei der U21 stand der 41-Jährige bisher erst ein einziges Mal an der Seitenlinie. Der Sprung vom Junioren-Fussball zum Profifussball ist auch für einen Trainer gross – er gelingt nicht allen.
Alter: 44
Aktuelles Team: Vereinslos
Genannt von: Spox, Tages-Anzeiger
In der letzten Saison sorgte Ismaël in der österreichischen Bundesliga für Furore, als er mit Aussenseiter LASK lange Zeit mit Ligadominator Salzburg mithielt und sogar die Tabellenspitze inne hatte. Auch in der Europa League waren die Resultate von Linz überzeugend: Erst eliminierte Ismaëls LASK ausgerechnet den FC Basel in der Champions-League-Quali, danach stiess er bis in den Achtelfinal der Europa League vor.
Ismaëls Amtszeit in Linz endete nicht gerade positiv. Nach der Coronapause lief es nicht mehr wie zuvor, innerhalb des Trainerteams kam es zu Uneinigkeiten und auch die Spieler schienen den Draht zum Coach verloren zu haben. «Er hat Angriffsflächen geboten — im Training, im Coaching, in der Kooperation mit den Junioren», so LASK-Vizepräsident Jürgen Werner gegenüber dem Volksblatt.
Auch die ersten beiden Erfahrungen als Cheftrainer sprechen nicht für Valérien Ismaël. 2014 wurde er bei Nürnberg nach nur 14 Spielen entlassen und auch nach seiner Unterschrift im Herbst 2016 bei Wolfsburg durfte er nur 13 Spiele bleiben, ehe er aufgrund von schwachen Resultaten wieder gehen musste.
Alter: 45
Aktuelles Team: Vereinslos
Genannt von: Blick, Telebasel
Weinzierl galt lange als grosses Trainertalent und feierte zu Beginn seiner Karriere als Coach grosse Erfolge. Erst stieg er mit Jahn Regensburg in die 2. Bundesliga auf, kurz darauf gab ihm Augsburg seine erste Chance in der Bundesliga. Und diese packte er: Mit dem FCA steigerte sich Weinzierl stetig, in seiner dritten Saison erreichte Augsburg sensationell den fünften Platz.
Nach den Erfolgen mit Augsburg geriet Weinzierls Karriere gewaltig ins Stocken. Bei Schalke wurde er nach einer Saison entlassen, in Stuttgart nach einem halben Jahr. Zudem wäre der Deutsche wohl nicht die günstigste Lösung für den FC Basel.
Alter: 52
Aktuelles Team: Vereinslos
Genannt von: BaZ, «Blick», «Tages-Anzeiger»
Dass RB Leipzig nur elf Jahre nach Vereinsgründung im Halbfinal der Champions League stand, liegt auch an Alexander Zorniger. Der Deutsche übernahm 2012 die damals viertklassigen Leipziger und führte sie bis 2014 in die 2. Bundesliga.
Zudem gehört Zorniger zu den wenigen Trainern dieser Liste, die bereits einen Pokal gewinnen konnten. Der Deutsche holte 2018 mit Bröndby überraschend den dänischen Cup. Im gleichen Jahr erreichte er mit dem Team aus dem Vorort Kopenhagens den zweiten Tabellenplatz, das beste Resultat des Vereins seit zwölf Jahren. Mit seinem offensiven und auf Pressing orientierten Fussball könnten auch die Basler Fans Freude an ihm haben.
Bei seinem bisher einzigen Bundesliga-Abenteuer ist Zorniger krachend gescheitert: 2015 entliess Stuttgart den Deutschen nach neun Niederlagen in 13 Ligaspielen und einem 0:4 zuhause gegen Weinzierls Augsburg.
Zudem gilt Zorniger als Trainer, der gerne mal austeilt, wenn es nicht nach Wunsch läuft, auch gegen die eigenen Spieler. Dafür erntete er auch schon heftige Kritik – der heutige Köln-Geschäftsführer Horst Heldt sagte einst: «Er hat alles falsch gemacht, was man falsch machen kann, unabhängig vom System. Er hat Spieler öffentlich niedergemacht, das geht gar nicht.»
Alter: 53
Aktuelles Team: Vereinslos
Genannt von: «Blick»
Ein Schweizer mit Bundesliga-Erfahrung als Trainer, damit ist Schmidt ein äusserst spannender Name. Thomas Tuchel, Champions-League-Finalist mit PSG, war einst so angetan von Schmidt, dass er sich in Mainz für ihn aussprach. Zudem will er einen offensiven Fussball spielen lassen, was den Basler Fans gefallen dürfte. «Ich stehe für Pressing, Balleroberungen und Tempofussball», so der Walliser vor seinem Antritt 2015 in Mainz.
Bei Mainz waren seine Resultate zu Beginn gut, danach blieben aber die Erfolge aus. Nach seiner Entlassung in Mainz konnte er weder in Wolfsburg noch in Augsburg wirklich überzeugen. Die Frage ist zudem, ob er in die Schweiz zurückkehren will. Kürzlich sagte er, die Bundesliga geniesse derzeit Priorität bei ihm.
Alter: 47
Aktuelles Team: Vereinslos
Genannt von: «Blick»
Schreuder war als Assistenztrainer Teil der Ajax-Sensation, als die Niederländer 2019 den Halbfinal der Champions League erreichten. Zuvor arbeitete er auch schon mit Julian Nagelsmann und Huub Stevens in Hoffenheim zusammen. Er hat definitiv die Fussball-Kenntnisse, um als Trainer in der Schweiz etwas zu bewegen.
In der letzten Saison wagte Bundesligist Hoffenheim das Experiment Schreuder, das lief aber weniger positiv als erhofft. Der Fussball unter dem Niederländer war etwas schwerfällig, vor allem zuhause waren die Resultate bescheiden. So kam es im Juni bereits wieder zur Trennung.
Ein weiteres Problem könnte sein, dass Schreuder vielleicht bald nicht mehr verfügbar ist. Er soll bei Barcelona als Assistenztrainer von Neo-Coach Ronald Koeman im Gespräch sein.
Alter: 40
Aktuelles Team: FC Thun
Genannt von: «Telebasel»
Von allen aufgelisteten Trainer kennt er die Super League mit Abstand am besten. Seit seinem Amtsantritt in Thun 2017 machte der 40-Jährige trotz Abstieg in dieser Saison grundsätzlich einen guten Job und schaffte letztes Jahr mit den Berner Oberländern überraschend den Einzug in den Cupfinal. In Thun setzte Schneider zudem auf junge Spieler, was auch der FCB plant.
Schneider hat einen Vertrag in Thun – trotz des Abstiegs. Wie die Berner Oberländer heute Donnerstag bekannt gaben, soll Schneider auch in der Challenge League an der Seitenlinie bleiben. Auch der ehemalige Verteidiger betonte zuletzt, dass er seine Zukunft in Thun sehe.
Alter: 51
Aktuelles Team: Vereinslos
Genannt von: Blick
Rahmen ist Basler durch und durch: Er ist in Basel geboren, hat für den FCB gespielt, dann die U18 und auch die U21 trainiert. Bereits im letzten Sommer wurde der 51-Jährige als Koller-Nachfolger mit dem FCB in Verbindung gebracht, damals scheiterte der Wechsel aber. Im Gegensatz zu damals steht Rahmen nicht mehr beim FC Aarau unter Vertrag, sondern ist vereinslos.
Die Argumente für eine Rahmen-Verpflichtung sind weniger gewichtig als noch vor einem Jahr. Ex-Sportchef Marco Streller, sein grosser Fürsprecher, ist weg. Zudem durchlebte Rahmen mit Aarau eine verkorkste Saison. Nach der letztjährigen Barrage-Teilnahme kam der FCA nie richtig auf Touren und blieb unter den Erwartungen. Rahmen wurde deshalb im Juli entlassen.
Alter: 50
Aktuelles Team: FC Sion
Genannt von: Bluewin
Noch ist Tramezzani Trainer beim FC Sion, es scheint aber so, als werde sein Vertrag aufgrund von finanziellen Uneinigkeiten nicht verlängert. Damit wäre der Weg nach Basel frei.
Beim Italiener beeindruckt, wie schnell er aus einer kriselnden Mannschaft eine solide Einheit formen kann. Mit dem abstiegsbedrohten Sion schaffte er es noch auf den rettenden achten Platz, 2017 führte er Lugano mit einer fulminanten Rückrunde in die Europa League.
Tramezzani lässt keinen Fussball spielen, der die Fans vor Begeisterung von den Sitzen reisst – sein Spielstil ist ziemlich unspektakulär, was nicht jedem gefällt. Zudem ist der Italiener der einzige Trainer dieser Auflistung, der gar kein Deutsch spricht. Und zum Schluss stellt sich noch die Lohnfrage: Ist Basel bereit, das zu bezahlen, was Christian Constantin zu viel ist?
Alter: 47
Aktuelles Team: Vereinslos
Genannt von: «Blick», Bluewin
Babbel kennt die Super League bestens aus mehr als drei Jahren beim FC Luzern, wo er einen mehrheitlich guten Eindruck hinterlassen konnte. Er gilt als hervorragender Kommunikator und Motivator, der auch ein junges Team gut mitreissen könnte. Zudem ist Babbel schon seit zwölf Jahren als Cheftrainer bei Profi-Teams tätig, so lange wie kein anderer dieser Kandidaten.
Zuletzt war der Deutsche in Australien tätig, wo er bei den Western Sidney Wanderers nicht gross Werbung in eigener Sache betreiben konnte. In 48 Pflichtspielen gab es nur 15 Siege, im Januar 2020 wurde Babbel deshalb freigestellt.
Zudem scheint Babbel derzeit andere Prioritäten als eine Rückkehr in die Schweiz zu haben. In den letzten Wochen brachte sich der 47-Jährige als Trainer der zweiten Mannschaft von Bayern München ins Gespräch. «Aufgrund von Markus' Vergangenheit bei den Profis wäre das natürlich interessant», so Babbels Berater gegenüber Sport1.
Alter: 42
Aktuelles Team: SC Kriens
Genannt von: watson ✌️
Der ehemalige Nationalspieler ist eines der vielversprechendsten Schweizer Trainer-Talente. Berner führte den SC Kriens in der Saison 2018/19 in die Challenge League, wo die Luzerner in dieser Saison ebenfalls überzeugten und lange sogar am Barrage-Platz dran waren.
Zudem kennt Berner den FCB, von 2005 bis 2007 spielte der ehemalige Verteidiger für Basel und holte dabei den Cupsieg. Im letzten Winter war Berner bereits in Luzern ein Thema, damals wollte er in Kriens bleiben – wie sieht's in diesem Sommer aus?
Berners Erfahrung als Trainer im Profifussball ist sehr, sehr klein. Die letzte Saison mit Kriens in der Challenge League war seine erste in einer Profiliga, vor dem SCK trainierte er erst den FC Tuggen in der Promotion League sowie verschiedene Juniorenteams beim FC Zürich. Beim ambitionierten FC Basel würde eine ganz andere Aufgabe warten. Eine, an der mit Raphael Wicky bereits ein ähnlicher Trainertyp gescheitert ist.
Alter: 46
Aktuelles Team: Al Ahly Kairo
Genannt von: watson ✌️
Weilers Qualitäten als Trainer sind unbestritten. Mit Aarau stieg er in die Super League auf, in Nürnberg verpasste er in der Barrage den Bundesliga-Aufstieg nur knapp, dann wurde er Meister in Belgien mit Anderlecht. Mittlerweile sorgt der Winterthurer auch in Ägypten für Furore: Mit Al Ahly Kairo führt er die heimische Liga noch ohne Niederlage souverän an, in der afrikanischen Champions League steht Al Ahly im Halbfinal.
Im Gegensatz zu vielen anderen dieser Liste kennt Weiler auch den Schweizer Fussball sehr gut. Neben Aarau trainierte er auch schon den FC Schaffhausen in der Challenge League sowie den FC Luzern in der Super League.
Momentan hat Weiler noch einen Vertrag in Ägypten. Und in Kairo ist der Schweizer derart beliebt, dass man ihn wohl kaum einfach so ziehen lassen will. Weiler hat zwar eine Klausel in seinem Vertrag, dass er Al Ahly trotz Vertrag bis 2021 vorzeitig verlassen darf, allerdings erst Ende September.
Zudem hinterliess Weiler bei seinem bisher letzten Job in der Schweiz nicht den besten Eindruck. Beim FC Luzern äusserte der Winterthurer immer wieder öffentlich Kritik, etwa am Kader oder an den Trainingsplätzen. Und nach schwachen Resultaten wurde Weiler nach nicht mal acht Monaten bereits gefeuert. Eine Verpflichtung Weilers könnte für den FC Basel also ein relativ grosses Risiko sein, vor allem auch, weil er wohl nicht ganz günstig zu haben ist.
Zuletzt kursierten beim FCB auch die Namen dreier junger Deutscher Trainer: Sandro Schwarz, Manuel Baum und Marcel Rapp. Alle drei gelten als talentierte Trainer, haben bisher aber erst wenige oder gar keine Erfahrungen mit Profiteams sammeln können. Schwarz trainierte von 2017 bis 2019 Mainz und ist momentan vereinslos, Deutschlands U19-Nationaltrainer Baum betreute von Dezember 2016 bis April 2019 Augsburg und Rapp, der momentan die U19 von Hoffenheim betreut, trainierte noch gar nie ein Profiteam. Sie alle gelten in der momentan schwierigen Corona-Phase mit der kurzen Vorbereitung auf die neue Saison allerdings als unwahrscheinliche Kandidaten.