Nach der EM 2021 trat Toni Kroos als 106-facher Internationaler aus dem deutschen Nationalteam zurück. «Die Entscheidung steht, sie ist unwiderruflich», sagte der damals 31-Jährige. Er wolle mehr Zeit mit der Familie verbringen und deshalb nicht in jeder Länderspielpause verreisen. Zuvor gehörte er zehn Jahre lang zum Stammpersonal unter Joachim Löw, der zum selben Zeitpunkt als Trainer Deutschlands abtrat. Auch ohne die beiden konnte der Negativlauf nicht gestoppt werden, noch immer befindet sich das Nationalteam in der Krise.
Kroos hingegen vermochte bei Real Madrid weiterhin zu glänzen. Der zentrale Mittelfeldspieler gewann die Champions League im Mai 2022 zum vierten Mal mit den Königlichen und zum fünften Mal insgesamt. Als Taktgeber und Stratege im Mittelfeld geniesst er im Team von Trainer Carlo Ancelotti nach wie vor einen hohen Stellenwert. Obwohl so langsam die neue Generation um Jude Bellingham und Vinicius übernimmt, kommt Kroos mit auf die meisten Einsätze bei Real Madrid.
Für Antonio Rüdiger ist mit Sicht auf die DFB-Elf deshalb klar: «Ein Spieler wie er, der sich immer noch auf so einem hohen Level befindet, muss eigentlich dabei sein.» Seinen Landsmann bei den «Blancos» lobte der Verteidiger dafür, dass er «mit dem Puls auf 20 und einem Passspiel von einem anderen Stern» spiele. Rüdigers Fazit: «Alles ist top. Ich würde mir sehr wünschen, dass er für die Nationalmannschaft spielt.» Daher frage er Kroos «jeden Tag».
Als «interessanten Gedanken» bezeichnete Bundestrainer Julian Nagelsmann eine Rückkehr von Kroos am vergangenen Wochenende im ZDF. Der 36-Jährige bestätigte im «Sportstudio» auch, mit dem Madrilenen im Austausch zu stehen, jedoch ginge es dabei nicht darum, ob der Weltmeister von 2014 noch einmal für Deutschland auflaufen wolle. Beschäftigen würde sich Nagelsmann damit aber schon: «Man muss sich ja über alle Spieler, die einen deutschen Pass haben, Gedanken machen. Das ist ja, glaube ich, mein Job.»
Der mittlerweile 33-jährige Kroos überlege sich gemäss der Bild ein Comeback im Nationaltrikot – unter anderem, damit seine drei Kinder ihn im nächsten Sommer bei der Heim-EM für Deutschland spielen sehen können. Noch vor wenigen Tagen hatte der Familienmensch bei DAZN kryptisch auf die Aussagen von Rüdiger geantwortet: «Antonio hat in der Tat gefragt. Ich musste lange überlegen und habe ihm dann eine Antwort darauf gegeben, die ich heute nicht geben kann.»
Während sowohl Kroos als auch Nationaltrainer Nagelsmann also zumindest darüber nachdenken, ob der Real-Madrid-Star an der EM dabei sein solle, findet Rekordnationalspieler Lothar Matthäus die Diskussion unnötig. «So macht man ein Fass auf, das man gar nicht braucht», schreibt der 62-Jährige in seiner Kolumne bei Sky.
Kroos' Position sei nämlich kaum die Problemzone der Deutschen, da Nagelsmann mit Ilkay Gündogan, Jamal Musiala oder Joshua Kimmich im offensiven Mittelfeld genügend Alternativen habe. In den Augen von Matthäus braucht Deutschlands Nationalteam vielmehr Aussenverteidiger oder einen defensiven Mittelfeldspieler. Aber: «Ein Abräumer vor der Abwehr ist Kroos auch nicht.»
Dass der in Deutschland teils als Querpass-Toni verschmähte Mittelfeldspieler das kriselnde Nationalteam retten könnte, glaubt auch Uli Hoeness nicht. Der 71-Jährige gilt seit Kroos' Abgang aus München im Jahr 2014 als grosser Kritiker des Fussballers und sieht die DFB-Elf vielmehr dem Untergang geweiht, sollte dieser wie schon Müller und Mats Hummels aus dem Ruhestand zurückkehren. Zumindest könnte man seine Aussagen bei ServusTV so deuten. «Das wäre ein ziemliches Titanic-Signal», sagte Hoeness dort.