Der Ausflug ist nicht ganz frei von Komplikationen. Mit einer Stunde Verspätung landet das Flugzeug aus London in Zürich. Darum dauert es bis 19:30 Uhr, ehe Granit Xhaka auf dem Podium im Stadion des FC St.Gallen sitzt. «Es ist immer schön, nach Hause zu kommen», sagt er als erstes, «und für mich als Basler sind Duelle mit dem FCZ immer speziell». In sieben Duellen gegen FCZ verlor Xhaka nie.
Weil im Zürcher Letzigrund heute «Weltklasse Zürich» stattfindet, empfängt der FCZ Xhakas Arsenal eben in St.Gallen. Das hat auch Vorteile, die Stimmung wird hervorragend sein im ausverkauften Kybunpark.
Im Gegensatz zum FCZ ist Arsenal prächtig in die neue Saison gestartet. Es ist ein ungewohntes Gefühl, lösten sich doch in den letzten Jahren die Hoffnungen der Fans stets früh in Luft auf. Nun ist Arsenal Leader der Premier League. Fünf Siege in Serie zum Start. Wäre am letzten Sonntag bei Manchester United sogar der sechste gelungen, hätten die Gunners den besten Start seit 75 Jahren egalisiert.
So weit kam es nicht, wobei Beobachter erzählen, dass ironischerweise dieses 1:3 die Hoffnungen eher noch genährt denn gemindert hat. Arsenal hatte viel Pech, unter anderem bei Schiedsrichterentscheidungen. Das einzige Problem: eine gewisse Naivität bei den Gegentreffern durch Konter.
Die Bilanz der jüngeren Vergangenheit liest sich bescheiden. 2016/17 durfte Arsenal letztmals in der Champions League spielen. 2004 kam der letzte Meistertitel zu Stande. Auf einen europäischen Titel wartet der Verein seit 1994 und dem Sieg im Europapokal der Pokalsieger.
2019 stand Xhaka mit Arsenal im Final der Europa League, er ging gegen Chelsea 1:4 verloren. «Jetzt ist es Zeit, den Titel zu holen, wir können die Europa League gewinnen», sagt Xhaka gestern. Und Trainer Mikel Arteta, der im letzten Frühling bis Ende der Saison 2024/25 verlängerte, fügt an: «29 Jahre sind eine lange Zeit. Ich würde diese Periode noch so gerne beenden.»
Was zeichnet dieses neue Arsenal aus? Für einmal lässt sich sagen, dass die Verantwortlichen sehr clevere Transfers getätigt haben. Mit Stürmer Gabriel Jesus und Linksverteidiger Oleksandr Sintschenko gelang es, zwei Spieler von Manchester City zu verpflichten, die sofort einen grossen Einfluss haben. «Sie sind ein Puzzle-Teil, das uns bislang gefehlt hat», sagt Xhaka. Und sie wissen, wie es ist, Titel zu gewinnen. Mit City wurden beide viermal Meister.
Hinter Stürmer Jesus entwickelt sich die offensive Reihe mit Saka, Ödegaard und Martinelli prächtig. Und auch Xhaka scheint noch einmal gereift. Wahrscheinlich hat das auch mit seiner etwas veränderten Rolle zu tun. Er ist etwas weiter nach vorne gerückt, die Situationen, in denen er alleine exponiert vor der Abwehr etwas verloren wirkte, haben merklich abgenommen. «Stimmt, ich darf etwas offensiver spielen – und ich geniesse das auch, schliesslich bin ich ja ein geborener Stürmer», sagt Xhaka und lacht.
Wobei man nun Arsenal aufgrund der ersten Spiele nicht schon zum Titelfavoriten in der Premier League küren muss. Wohin die Reise führt, lässt sich frühestens Ende Oktober erahnen. Bis dahin trifft Arsenal innert 19 Tagen auf Tottenham, Liverpool und Manchester City.
Doch zunächst steht für Xhaka und Arsenal die Europa League auf dem Programm. Eine Strafaufgabe, nachdem im Mai die Qualifikation für die Champions League in letzter Sekunde noch verspielt wurde, ausgerechnet gegen den grossen Rivalen Tottenham? «Jein», sagt Xhaka, «wir würden natürlich lieber in der Königsklasse spielen, aber jetzt können wir es nicht mehr ändern. Für die Zukunft werden wir daraus lernen.»
Der FCZ ist auf diesem Weg nur eine kleine Zwischenstation. (aargauerzeitung.ch)