Bereits um 10 Uhr herrscht emsiges Treiben im Radisson-Hotel neben dem Flughafen Kloten. Es steht ja auch Grosses bevor für das Schweizer Nationalteam. Und vielleicht ist es mehr als Symbolik, dass Trainer Murat Yakin vor seinen Spielern vor Ort ist, die nach und nach aus allen Himmelsrichtungen eintrudeln. Um dann in einer Mixed Zone vielen Journalisten Red' und Antwort zu stehen.
Es ist ein bisschen wie auf dem Basar. Yann Sommer, Manuel Akanji oder Fabian Schär sind die Produkte, die es zwar nicht zu kaufen gibt, aber quasi einem letzten Test auf Schweizer Boden unterzogen werden. Motiviert, voller Vorfreude und Zuversicht sind sie alle. Und vor allem sind alle mehr oder weniger gesund. Die drängenden Fragen und Antworten zum Schweizer Start ins WM-Abenteuer.
Der Schweizer Goalie Nummer eins zog sich mit Gladbach im DFB-Pokalspiel gegen Darmstadt einen Bänderriss im linken Sprunggelenk zu. Mitte Oktober passierte das, seither hat Sommer nicht mehr gespielt, zuletzt im Klub aber wieder mittrainiert. Der 33-Jährige sagt: «Die Verletzung war grösser, als wir gedacht haben, deshalb dauerte alles länger. Aber ich bin jetzt relativ weit mit dem Fuss.»
Das Umknicken war offenbar so heftig, wie dies Sommer selbst noch nie erlebt hat in der Karriere. Er fühlt sich in Anbetracht der Umstände auf einem guten Weg und sagt, er werde in zwei, drei Tagen auf einem zufriedenstellenden Level sein.
Den Gedanken, dass die WM futsch sein könnte, hatte Sommer nie. Und weil der Torhüter vor seinem Ausfall im Verein immer gespielt hat, zweifelt er nicht daran, sofort wieder in den Rhythmus zu kommen.
Yakin hatte nach seiner Kadernomination gesagt, er fürchte sich etwas vor dem letzten Spielwochenende und hoffe, dass sich kein Akteur mehr verletze. Sein Hoffen hat sich bei allen ausbezahlt. Breel Embolo, der am Sonntagabend mit Monaco noch im Teileinsatz stand (2:3 gegen Marseille) und von Nizza her als Letzter zum Team stiess, hat zwar eine etwas krächzende Stimme. Vor allem scheint Granit Xhaka wieder der Alte, nachdem er am Samstag im Klub bei Arsenal das Feld wegen Übelkeit frühzeitig verlassen musste. Der Captain sagt:
Derweil hat sich Xherdan Shaqiri beim FC Lugano fitgehalten, über einen Monat lang bestritt er nach dem Verpassen der Playoffs mit Chicago kein Pflichtspiel mehr. Shaqiri hatte eine wunderbare Zeit im Tessin, wie er erzählt. Zudem kenne er es von früheren Turnieren und Arbeitgebern, mit weniger Spielzeit zur Nationalmannschaft zu kommen. «Das sollte also kein Problem sein für mich, vielleicht ist es sogar ein Vorteil.»
«Endlich geht es los. Exakt vor einem Jahr haben wir uns für die WM qualifiziert. Wir wollen das vom ersten Tag an geniessen. Zuerst werden wir uns akklimatisieren und gut trainieren. Wir möchten so weit wie möglich kommen und haben genug Qualität, um jeden Gegner besiegen zu können. Wir kommen mit einem guten Gefühl von der Nations League her, aber wir müssen noch einen Zacken zulegen», sagt Yakin. Seine Spieler seien in Form, und auch von der Belastung her sieht der Nationaltrainer keine Probleme.
Am Montagnachmittag flog die Schweiz pünktlich um 14.45 Uhr mit einer Delegation von 55 Leuten (davon 26 Spieler) nach Doha ab, wobei die Reisezeit knapp sechs Stunden betrug. Am frühen Mittwochabend verlegt sich der Tross dann nach Abu Dhabi, um dort am Donnerstagmittag gegen Ghana den einzigen Test vor der WM zu absolvieren. Unmittelbar nach der Partie fliegen die Schweizer wieder zurück und bereiten sich auf ihren Turnierstart am 24. November gegen Kamerun vor. Die weiteren Gegner sind Brasilien und Serbien, die Schweizer Gruppe gilt mit als stärkste dieser WM.
Spasseshalber, ja. Xhaka, der bereits sehr fokussiert und konzentriert wirkt, sagt: «Vielleicht können wir den Fans für Weihnachten ein schönes Geschenk machen, indem wir wirklich toll spielen. Aber wir müssen Spiel für Spiel nehmen. Schauen wir dann, wie weit wir kommen.»