Eigentlich wollte Sandro Burki nicht. Doch nachdem die Spieler sich auf den Weg in die Kabine machten und immer mehr der 2000 Aarau-Fans in Neuenburg begannen, seinen Namen zu skandieren, ging er dann doch hin und machte mit ihnen die La-Ola-Welle. Die unmissverständliche Botschaft hinter den «Burki»-Rufen war die Bitte, dass der Sportchef dem FC Aarau erhalten bleibt. Und nicht das unterschriftsreife Angebot des Grasshopper-Club Zürich annimmt.
Ein frommer Wunsch? Hat Burki sich längst für GC entschieden? So weit ist es noch nicht. Doch der 33-Jährige überlegt sich ernsthaft, keine zwei Jahre nach der Beförderung vom Spieler zum Sportchef den FCA zu verlassen.
Es lockt die Herausforderung, die immer noch klingende Marke «GC» in einer Schlüsselposition wieder auf Hochglanz zu bringen. Nach dem Abstieg in die Challenge League planen die Zürcher einen Neustart und wollen Burki mit der Macht über alle sportlichen Belange ausstatten. Er hätte für die Kaderplanung ein Jahresbudget von gegen 20 Millionen Franken zur Verfügung, fast das Vierfache der Mittel in Aarau.
Natürlich weiss Burki um die Gefahren, die bei GC lauern. Und sie beeinflussen seine Entscheidungsfindung. Der Klub ist zum Wiederaufstieg verdammt, der Druck auf den Sportchef entsprechend enorm.
Dazu kommen die unsichere Zukunft punkto Besitzverhältnisse und die vielen Heckenschützen rund um GC, die nur auf Misserfolg warten. Zu guter Letzt müsste Burki mit Uli Forte einen Trainer übernehmen, den er a) nicht ausgewählt hat und der sich b) im Campus in Niederhasli eingenistet hat.
Bürki ist ein Karriere-Mensch
Beim FC Aarau hingegen, zu dem Burki vor 13 Jahren als Spieler kam, wäre der Druck in der nächsten Saison erheblich geringer. Nach dem wahrscheinlichen Aufstieg in die Super League erhöht sich das Budget für die Profimannschaft auf knapp 6 Millionen Franken, alles andere als der direkte Wiederabstieg wäre eine Sensation. Warum macht es sich Burki nicht einfach und bleibt in der Komfortzone Brügglifeld, wo er bei Fans, Angestellten, Spielern, Trainerstaff und Sponsoren ein hohes Ansehen geniesst?
Aus zwei Gründen: Burki ist ein Karriere-Mensch. Mittelfristig ist ein ambitionierter Super-League-Klub sein Ziel. Eine Lebensweisheit besagt, man soll dann gehen, wenn es am schönsten ist. Und mehr als die Rückkehr in die Super League mit anschliessendem Überlebenskampf geht in Aarau nicht, solange das neue Stadion nur in der Theorie existiert.
Der zweite Grund: Das Verhalten der Klubführung des FC Aarau, seit Burki diese über das Interesse der Grasshoppers informierte. Er selber will sich dazu nicht äussern. Doch Gespräche in seinem Umfeld und im Brügglifeld bringen zutage, dass Präsident Alfred Schmid und Vizepräsident Roger Geissberger die Zeichen der Zeit nicht erkannt hätten. Statt um Burki zu kämpfen, etwa mit der Umwandlung seines aktuellen Arbeitsvertrages mit dreimonatiger Kündigungsfrist in einen langfristigen Kontrakt, sei nichts passiert.
Auch das Zögern der Bosse, wenn es um die Verlängerung von Spielerverträgen oder die Verpflichtung neuer Spieler gehe, nerve Burki, er möchte mehr Kompetenzen. Dieser Konflikt schwele schon länger, vor einem Jahr sei Burki deshalb kurz davor gewesen, sein Amt als FCA-Sportchef niederzulegen.
Mit diesen Vorwürfen konfrontiert, sagt Geissberger: «Wir konzentrieren unsauf das Barrage-Rückspiel gegen Xamax. Aber selbstverständlich unternimmt der Verwaltungsrat alles, um Sandro Burki beim FC Aarau zu halten. Wir sind uns seiner Verdienste und seiner Wichtigkeit beim FC Aarau bewusst.»
Grasshoppers oder FC Aarau? Bis Mitte nächster Woche muss sich Sandro Burki entschieden haben. Fakt ist: Sein Abgang könnte eine Kettenreaktion mit weiteren gewichtigen Abgängen auslösen.
Jung, ehrgeizig, bodenständig, gute Persönlichkeit, mit reichlich Erfahrung in der CL und SL.
Soll er doch auf eine andere Chance warten