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Leicester Citys Vorsprung auf Tottenham beträgt vor den abschliessenden vier Spielen beruhigende fünf Punkte. Gewinnen die «Foxes» also noch drei Mal, sind sie unabhängig von den Resultaten der «Spurs» erstmals in ihrer Vereinsgeschichte englischer Meister. Auf dem Papier haben sogar noch Arsenal und Manchester City Chancen auf den Titel, diese sind aber so verschwindend klein, dass die beiden Teams in der folgenden Analyse keine Beachtung finden.
Bereits beim Formverlauf tritt Interessantes zutage, nämlich dass sich Leicester und Tottenham in diesem Belangen in der Liga sehr ähnlich sind. Frappantester Unterschied im Rückblick ist das letzte Spiel. Leicester hat mit Müh und Not ein Unentschieden im Heimspiel gegen West Ham erreicht – der 2:2-Ausgleichstreffer fiel tief in der Nachspielzeit. Im Gegensatz dazu löste Tottenham seine Aufgabe locker und feierte bei Stoke einen 4:0-Auswärtssieg.
Ein Spiel als Form-Gradmesser zu nehmen, ist aber nicht wirklich vielsagend. Blicken wir darum im Meisterschaftsverlauf weiter zurück, so zeigt sich auf beiden Seiten ein praktisch identisches Bild. Beide Titelanwärter haben in den letzten zwölf Spielen starke 29 Punkte geholt, je einmal verloren und zweimal Unentschieden gespielt. Die letzte Niederlage Leicesters datiert vom 14. Februar (1:2 auswärts gegen Arsenal), jene von Tottenham liegt etwas weniger weit zurück (2. März, 0:1 bei West Ham).
Betrachtet man die letzten vier Gegner der zwei Teams, so hat Tottenham objektiv das einfachere Programm. West Brom und Newcastle darf man getrost als einfache Pflichtaufgaben betiteln und auch in den anderen beiden Partien sind Siege ziemlich realistisch. Stadtrivale Chelsea, das auf zwei Niederlagen hintereinander zurückblickt, wird seinem Kader schon die ganze Saison lang nicht gerecht und Southampton, obwohl wieder eine solide Meisterschaft spielend, müsste die Spurs zuhause eigentlich bezwingen.
Bei Leicester zeigt sich dagegen ein Gegner, bei dem sie die Niederlage, die sie sich leisten können, beziehen könnten. Die Füchse müssen am 1. Mai ins Old Trafford, wo Manchester United die letzten sechs Ligaspiele gewonnen hat. Dafür sind für die beiden Heim-Aufgaben Swansea und Everton sechs Punkte zu budgetieren. Die «Blues» aus Liverpool sind sicher der heimtückischere Gegner, momentan aber stark auf dem absteigenden Ast und mit Fokus auf den FA-Cup (Halbfinal gegen ManU). Bei Chelsea, das das Zünglein an der Waage spielen könnte, gilt oben bereits Erwähntes.
Sowohl Leicester City wie auch Tottenham Hotspur können für die verbleibenden Spiele auf sämtliche Stammspieler zurückgreifen – mit einer gewichtigen Ausnahme: Leicester-Topskorer Jamie Vardy sah gegen West Ham wegen einer sehr umstrittenen Schwalbe die zweite Gelbe Karte und wurde des Feldes verwiesen. Damit ist er sicher für das Spiel gegen Swansea gesperrt. Weil der Stürmer sich jedoch noch lautstark beim Schiedsrichter Jon Moss beschwerte, hat der englische Fussballverband ein Verfahren wegen ungebührlichem Verhalten eröffnet und könnte den 29-Jährigen für weitere Spiele sperren.
Bleibt Vardy für den Rest der Saison gesperrt, so würde das für Leicester einen herben Dämpfer bedeuten. Mit Shinji Okazaki (5 Liga-Tore) und Leonardo Ulloa (4) hat Trainer Claudio Ranieri zwar Optionen im Sturm, doch die haben nicht die Strahlkraft des 22-fachen Torschützen. Kommt Vardy ohne weitere Sperre davon, was aufgrund des Sachverhalts (es war vermutlich keine Schwalbe) das gerechteste Urteil wäre, müsste er sich dennoch für zwei Spiele beherrschen, denn jede weitere Gelbe Karte würde ihn ebenfalls für ein Spiel zum Zuschauer verdammen.
Bei Tottenham sind gleich drei Leistungsträger vorbelastet: Eric Dier, Jan Vertonghen und Harry Kane müssten bei einer weiteren Verwarnung ein Spiel zusehen.
Auf der Zahlenseite ist es schwierig, die eine Mannschaft vor die andere zu stellen, zu gut spielen beide in der laufenden Saison. Einfach auseinanderzuhalten sind Leicester und Tottenham nur bezüglich Ballbesitz und Marktwert. Das Kader der Foxes (139,5 Mio. Franken) ist gemäss transfermarkt.ch nicht einmal halb so viel Wert wie das der Spurs (343 Mio.). Punkto Ballbesitz bewegen sich die Teams auch an den entgegengesetzten Enden des Spektrums. Leicester beanspruchte den Ball in den bisherigen 34 Spielen nur zu 44,1 Prozent, was den dritt-tiefsten Durchschnitt der Liga bedeutet. Tottenham ist dagegen mit 56,4 Prozent auf Platz 4.
Für den Aussenseiter Leicester, der noch in der Saison 2008/09 der Drittklassigkeit ausgesetzt war, könnte die überragende Effizienz der Weg zum ersten Meistertitel sein. Das Team aus den East Midlands erzielte nämlich mit 157 Schüssen auf das Tor 59 Treffer. Die Quote von 19 Prozent ist der Liga-Bestwert. Tottenham belegt mit 15,6 Prozent (239 Schüsse, 64 Tore) den 8. Platz.
Für Tottenham wäre es schlicht bitter, nach so einer grandiosen Saison nur Zweiter zu werden. Die Nordlondoner haben aktuell eine derart starke und ausgeglichene Mannschaft zusammen und können neben den meisten geschossenen (64) auch die wenigsten erhaltenen Tore (25) ausweisen. Wann wird man in England schon nicht Meister, wenn man Arsenal, Chelsea, Manchester City, Manchester United und Liverpool in der Tabelle hinter sich lassen kann? Vermutlich 2016.
Die Fakten deuten darauf hin, dass das Meisterrennen auf der Insel bis zum Schluss spannend bleiben wird. Leicester wird es besonders auswärts gegen Manchester United schwer haben, doch das Fünf-Punkte-Polster reicht, um die wohl grösste Sensation in der Premier-League-Geschichte perfekt zu machen.
Die Posse um Vardy gibt der Sache zusätzlichen Pfeffer. Sollte er tatsächlich gesperrt werden, wird Claudio Ranieri bei seinen Spielern eine Trotzreaktion provozieren, welche die nötigen Siege zur Folge haben wird. Für Tottenham eine bittere Pille, doch wenn das Team von Mauricio Pochettino zusammenbleibt, ist mit ihnen kommende Saison zu rechnen.