Eigentlich müssten die Erinnerungen schlecht sein. Doch Christophe Ohrel sagt: «Mein Jahr in Saint-Etienne bleibt trotz des Abstiegs in meiner Fussballkarriere ein positives Souvenir.» Während eines Jahres war der Schweizer Nationalspieler als Stammkraft für die Association Sportive de Saint-Etienne Loire aufgelaufen und durfte dort die ausgeprägte Begeisterung der Menschen für den Fussball erleben.
«Obwohl unser blutjunges Team nicht gut genug für den Klassenerhalt war, spürten wir einen riesigen Rückhalt in der Bevölkerung. Wir hatten bei den Heimspielen immer zwischen 30'000 und 35'000 Zuschauer», sagt der in der Westschweiz lebende 47-Jährige. «Der Klub war seit den gloriosen Zeiten von 1967 bis 1975 der beliebteste in Frankreich und hatte die meisten Fanklubs», sagt Ohrel. «In Saint-Etienne wurde nur über Fussball gesprochen.»
In jenen Jahren war die ASSE nicht weniger als acht Mal Meister geworden und hatte 1976 den Final des Europacups der Landesmeister gegen Bayern München mit viel Pech 0:1 verloren. 1981 wurde sie mit Starspieler Michel Platini letztmals Champion, ist mit zehn Titeln aber noch immer Frankreichs Rekordmeister. «Der Verein hat jedoch zu lange von diesen gloriosen Zeiten gelebt und die Leute immer nur von Platini gesprochen. Das Niveau sank und sank», sagt Ohrel, der neben Alain Geiger, Nestor Subiat, Toni Esposito und Gelson Fernandes als «Petit Suisse» die Ehre hatte, das berühmte grüne Trikot der Stéphanois zu tragen.
Noch immer verfolgt er sehr genau, was sich bei der AS Saint-Etienne tut. Er tauscht sich regelmässig mit dem damaligen Torwart Grégory Coupet aus. «Die Entwicklung ist gut. Die Mannschaft schnuppert an einem Platz für die Champions League», sagt Ohrel. Dennoch gibt er dem FCB gute Chancen, eine Runde weiterzukommen. «Ich habe den Eindruck, dass für Saint-Etienne die Meisterschaft wichtiger ist als der Europacup.»
In der Tat hat Trainer Christophe Galtier bisher nach einem Spiel in der Europa League sein Team jeweils – einmal auf sechs, zweimal auf fünf und einmal, als das Weiterkommen schon geschafft war, gar auf zehn Positionen – massiv verändert. Was natürlich auch dem Mammutprogramm geschuldet ist. Während der FCB bisher 34 Pflichtspiele bestritt, haben die «Verts» schon deren 40 in den Beinen.
In der Meisterschaft belegen sie nach 26 Runden punktgleich mit dem Dritten (berechtigt zu den Champions-League-Qualifikationsspielen) Nizza den vierten Platz, im Cup treffen sie am 2. März im Viertelfinale auf Paris Saint-Germain und in der Europa League haben sie sich in der Gruppenphase gegen Lazio Rom, Dnipro Dnipropetrowsk und Rosenborg für die K.-o.-Runde qualifiziert.
In den Spielen gegen die Norweger waren den Verantwortlichen der Stürmer Alexander Söderlund (28, mit 22 Treffern norwegischer Torschützenkönig) und der Aufbauer Ole Selnaes (21) so sehr ins Auge gestochen, dass diese beiden seit diesem Jahr nun im Stade Geoffroy-Guichard auflaufen. Beide sind in der Europa League aber nicht spielberechtigt.
Galtier, der mit einer Amtszeit von über sechs Jahren der dienstälteste Trainer der Ligue 1 ist und die ASSE 2013 zum Ligacupsieg geführt hat, trainiert eine Mannschaft ohne herausragende Stars. Florentin Pogba trägt zwar einen berühmten Namen, doch er ist «nur» der ältere Bruder von Juve-Juwel Paul Pogba und spielt für Guinea und nicht für Frankreich.
Valentin Eysseric reichen vier Tore, um in der Meisterschaft der beste Torschütze seines Teams zu sein, gar drei Assists genügen dem 23-jährigen Aufbauer, um in diesem Bereich führend zu sein. Aber aufgepasst: Die AS Saint-Etienne ist im Februar in Form gekommen, hat Rennes, Bordeaux und Troyes besiegt und zuletzt unglücklich gegen Monaco nur 1:1 gespielt. «Ich hoffe, dass wir gegen Basel dasselbe Gesicht wie gegen Monaco zeigen, ohne aber ein Tor zu kassieren», sagte Galtier.