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«Wer als Sportler nicht jeden Gegner akzeptieren kann, soll auf eine Teilnahme verzichten»

Die Drohne mit einer pro-albanischen Flagge, welche die Tumulte in Belgrad ausgelöst hat.
Die Drohne mit einer pro-albanischen Flagge, welche die Tumulte in Belgrad ausgelöst hat.Bild: SRDJAN SUKI/EPA/KEYSTONE
Kommentar

«Wer als Sportler nicht jeden Gegner akzeptieren kann, soll auf eine Teilnahme verzichten»

Nach den Ausschreitungen in Belgrad wird der Vorwurf laut, dass es die Begegnung zwischen Serbien und Albanien gar nie hätte geben dürfen. Sie ist genauso absurd wie die Tatsache, dass die UEFA schon einen Bückling vor Spanien gemacht hat.
15.10.2014, 13:4515.10.2014, 14:29
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» Hier geht's zur gegenteiligen Meinung von Sportredaktor Philipp Reich

«Ich mache keine Politik, ich mache Fussball», pflegt UEFA-Präsident Michel Platini zu sagen. Eine Ansicht, die er mit dem allmächtigen FIFA-Boss Sepp Blatter teilt, der auch stets die Sonderstellung des Sports hervorhebt und eine Vermischung mit der Politik verbietet.

Das ist natürlich alles Quatsch. Natürlich ist Fussball Politik. Gerade die beiden Verbandspräsidenten zeigen dies auch immer wieder. Blatter bietet beispielsweise der Versöhnung zwischen Israel und Palästina wiederholt eine Plattform. Kein Wunder wird ihm nachgesagt, sein grosser Traum sei der Friedensnobelpreis. Mit der Vergabe von Welt- und Europameisterschaften wird ebenfalls Politik betrieben. Südafrika erhielt die WM 2010 nur aus politischen – allenfalls noch aus wahltaktischen – Gründen, aber sicher nicht aus sportlichen.

Sepp Blatter beim Besuch eines Fussballspiels in einem Camp palästinensischer Flüchtlinge.
Sepp Blatter beim Besuch eines Fussballspiels in einem Camp palästinensischer Flüchtlinge.Bild: Tara Todras-Whitehill/AP/KEYSTONE

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Blatter: «Fussball verbindet Menschen»

Das Verhältnis der beiden Nachbarländer Serbien und Albanien ist bekanntermassen sehr angespannt. Das hätte man bei der UEFA wissen müssen, heisst es nun nach dem Spielabbruch in Belgrad. Die beiden Nationen hätten nicht in die gleiche Gruppe gelost werden dürfen. Die UEFA hätte sich dies überlegen müssen, sagte Granit Xhaka, der Schweizer Nationalspieler mit albanischen Wurzeln nach den Ausschreitungen, an denen sein Bruder Taulant an vorderster Front beteiligt war.

Macht diese Forderung Schule, kann gleich mit Sport aufgehört werden. Die Verbände leisten seit Jahren grosse Arbeit im Kampf gegen den Rassismus und dann sollen sie selber einen Bückling machen? Das ist absurd. «Fussball verbindet Menschen – in und vor den Stadien», schwärmt Sepp Blatter, für den der Sport ein Brückenkopf zwischen den Völkern dieser Erde darstellt.

Nein zu Rassismus: Die Spieler von Holland und Costa Rica posieren vor dem WM-Viertelfinal 2014 mit dem Banner der FIFA-Kampagne.
Nein zu Rassismus: Die Spieler von Holland und Costa Rica posieren vor dem WM-Viertelfinal 2014 mit dem Banner der FIFA-Kampagne.Bild: AFP

Akzeptieren oder verzichten

Wer fordert, Serbien und Albanien nicht in die selbe Gruppe zu losen, verweist auf andere UEFA-Entscheide. So wurde für die laufende EM-Qualifikation beschlossen, dass Gibraltar bei seiner erstmaligen Teilnahme nicht auf Spanien treffen kann, weil sich die beiden Länder über den Status des Kleinstaats am Südzipfel Andalusiens streiten. Auch Spiele zwischen Aserbaidschan und Armenien wurden nicht ermöglicht.

Diese Entscheide der UEFA sind kreuzfalsch und ausserdem nicht zu Ende gedacht. Was, wenn zwei Länder, die man in der Qualifikation nicht aufeinander loslässt, an der EM gegeneinander spielen müssen? Den Viertelfinal absagen oder neu auslosen, wenn es zur Begegnung der beiden Nationen kommen sollte?

Jeder sollte gegen jeden antreten müssen, der ihm als Gegner zugelost wird: Iraner gegen Israeli, Nord- gegen Südkoreaner, Spanier gegen Gibraltarer, Serben gegen Albaner. Wer nicht akzeptieren kann, dass sein Gegenüber einfach ein anderer Sportler ist, egal aus welchem Land er ist, welche Religion er hat und welcher Hautfarbe er ist, der soll von sich aus auf eine Teilnahme verzichten.

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