Beginnen wir mit einer kleinen Quizfrage. Wo liegt die deutsche Stadt Verl?
Bevor wir auflösen, folgen die Fakten, dass Verl etwas mehr als 25'000 Einwohner hat und dass die Stadt wegen ihrer Lage am entsprechenden Gewässer auch «Ölbachstadt» genannt wird.
All das werden in ein paar Jahren vielleicht viele Millionen Fussballfans in Asien wissen. Wenn der SC Verl, der aktuelle Tabellen-Zwölfte der 3. Liga, dereinst eine grosse Nummer ist.
Denn Verl hat am Mittwoch Seung-ho Hwang verpflichtet. Ein Engagement, das in der Medienmitteilung für den grosszügigen Einsatz von Ausrufezeichen gesorgt hat. Schliesslich ist der 18-jährige Mittelfeldspieler ein südkoreanischer Nachwuchs-Nationalspieler.
Hwang ist nicht als sofortige Verstärkung eingeplant, er soll sich stattdessen in der U21-Mannschaft an den deutschen Fussball gewöhnen. Nichtsdestotrotz verknüpfen sie den Transfer in Verl mit grossen Hoffnungen über den Fussballplatz hinaus. Mario Lüke, Verls Marketingchef, liess sich zu diesem Zitat hinreissen:
Von diesem Effekt träumten vor dem SC Verl schon viele Fussballklubs. In der Schweiz denkt man umgehend an Shi Jun, einen Chinesen, der YB neue Märkte erschliessen sollte. Er schoss nur drei Tore, wurde als «Skischuh» verspottet und brachte den Young Boys mutmasslich nicht Millionen von Fans in seiner Heimat.
Dass es durchaus auch anders gehen kann, zeigt das Beispiel von Takefusa Kubo. Als der Autor im vergangenen Jahr ein Spiel in San Sebastian besuchte, sah er zahlreiche japanische Fans, die für ihren Liebling ins Baskenland gereist waren. Real Sociedad profitiert von der Beliebtheit, nach der Saison absolvierte es Freundschaftsspiele in Japan. Auch dank sportlichem Erfolg wurde ein neuer Markt erschlossen.
Aber San Sebastian und Verl, das sind dann schon zwei verschiedene Paar Schuhe. Hier ein Champions-League-Klub mit einem 23-jährigen japanischen Nationalspieler, der mit 18 bei Real Madrid unterschrieb. Da ein deutscher Drittligist, der einen koreanischen Nachwuchs-Nationalspieler verpflichtete.
Das Fachblatt «Kicker» bezeichnet den SCV als einen «Dorfverein», der in der 3. Liga gut mithalte. «Hier gibt es personell so wenige Menschen, die rund um den Verein arbeiten, wie nirgendwo anders auf dem Niveau», erklärte Trainer Alexander Ende kürzlich. «Aber diese Menschen geben ihr Letztes. Sie wissen, dass das Familiäre und der Zusammenhalt die grosse Stärke sind, denn sonst hast du als SC Verl keine Chance.»
Als Vorbild gilt der SC Freiburg, der sich zwei Ligen höher als Aussenseiter in der vorderen Tabellenhälfte etabliert hat. Unter jüngeren Spielern geniesst Verl angeblich einen guten Ruf, der Klub gilt als Sprungbrett. Das könnte auch Seung-ho Hwang und seine Berater dazu gebracht haben, in der Fussballprovinz zu unterschreiben.
Denn da liegt dieses Verl: im Kreis Gütersloh in Ostwestfalen (die richtige Antwort auf unsere Quiz-Frage lautet somit: B). 15 Kilometer entfernt liegt Bielefeld, wo die Arminia zuhause ist. Paderborn und Preussen Münster sind ebenfalls populärere Klubs in der Region, der SCV mit seinen rund 2500 Zuschauern im Schnitt kann da nicht mithalten.
Aber vielleicht liegt die Zukunft ja ohnehin nicht zuhause, sondern viele tausend Kilometer weg im Fernen Osten. Den Wikipedia-Eintrag des SC Verl gibt es bislang auf japanisch und chinesisch, aber (noch) nicht auf koreanisch. Spätestens wenn die neuen Märkte erschlossen sind, dürfte er folgen: Wenn halb Asien nicht mehr von Bayern München spricht, sondern vom Sportclub Verl.