Sport
International

Ex-Intimus des FIFA-Bosses: «Dafür verdient Sepp Blatter ein grosses Kompliment» und weitere Reaktionen

Guido Tognoni stand Sepp Blatter selber persönlich nah, bevor dieser ihn von einem Privatdetektiv beschatten lies.
Guido Tognoni stand Sepp Blatter selber persönlich nah, bevor dieser ihn von einem Privatdetektiv beschatten lies.Bild: Getty Images North America

Ex-Intimus des FIFA-Bosses: «Dafür verdient Sepp Blatter ein grosses Kompliment» und weitere Reaktionen

Guido Tognoni war Medienchef bei der FIFA und persönlicher Berater von Sepp Blatter. Vor einer Woche glaubte er noch an die Unerschütterlichkeit Blatters. Jetzt äussert er sich in der «Tagesschau» zum Rücktritt des FIFA-Präsidenten. 
02.06.2015, 20:1903.06.2015, 00:02
Mehr «Sport»

Das hätte nicht mal Guido Tognoni gedacht: Vor der Wiederwahl Blatters zeigte sich der Ex-FIFA-Mann im Interview mit watson noch überzeugt, dass der neue Korruptionsskandal Sepp Blatter nicht schaden würde. So sah's dann auch aus, als der FIFA-Präsident seinen Gegenkandidaten Prinz Ali hinter sich liess.

Doch heute ist alles anders. Blatter ist zurückgetreten. 

Tognoni, Ex-Intimus des FIFA-Bosses bezieht in der «Tagesschau» Stellung: «Wenn die FIFA am späten Nachmittag eine Pressekonferenz einberuft, so kurzfristig, dann muss irgendetwas Grosses passieren.» Er habe mit allem gerechnet. «10 Prozent: Blatter tritt zurück. 50 Prozent: ein anderer muss gehen», sagt Tognoni in der Sendung.  

Der Ex-FIFA-Mann überschüttet Blatter mit Lob: Was jetzt passiert ist, dafür verdient Sepp Blatter ein ganz grosses Kompliment. Er habe einen überaus stilvollen Abschied genommen. «Mit guten Worten, mit guter Miene, mit guter Körperhaltung.» 

Guido Tognoni
Guido Tognoni ist ehemaliger Pressechef und Marketing-Verantwortlicher bei der FIFA sowie persönlicher Berater von Sepp Blatter. 1995 wurde Tognoni bei der FIFA «rausgeschmissen», wie er sagt. Später kehrte er zurück und überwarf sich erneut mit der FIFA-Spitze, nachdem diese ihn beschatten liess.
«Der Druck ist gestiegen.»

«Der formale Nachfolger könnte dieses Amt nicht ausüben»

Als Grund sieht Tognoni den wachsenden Druck durch die Razzia im FIFA-Haus, die Verhaftung der Funktionäre, die Medien und die Verbände, die sich gegen Blatter stellten. Auch die Fans und die Spieler hätten Blatter gezeigt, dass sie ihn nicht mehr unterstützen würden.

Nun habe Blatter noch die Chance, an der Reformierung der FIFA mitzuarbeiten. Reformen aber reichen nicht, sagt Tognoni. «Das Fussballparlament der FIFA repräsentiert nicht mehr den modernen Fussball. Da muss sich einiges ändern.» Aber es sei gut, dass Blatter sein Amt nicht augenblicklich zur Verfügung stelle, denn der potentielle, der formale Nachfolger, der könnte jetzt dieses Amt nicht ausüben.

Reaktionen zum Blatter-Knall

Michel Platini (UEFA-Präsident): «Es war ein schwieriger Entscheid, ein mutiger Entscheid, und der richtige Entscheid.»

Franz Beckenbauer (ehemaliges Mitglied des FIFA-Exekutivkomitees) gegenüber «Bild»: «Es war ein vernünftiger Entscheid von Sepp Blatter. Der Druck wurde zu gross. Er wäre nie mehr zur Ruhe gekommen, ob er Schuld an den Skandalen trägt oder nicht. Das Problem der FIFA liegt in seinem System.»

Franz Beckenbauer
Franz BeckenbauerBild: Bongarts

Wolfgang Niersbach (Präsident des Deutschen Fussball-Bundes): «Das ist der Entscheid, der absolut richtig ist, der überfällig ist. Es ist eigentlich eine Tragik, warum er es sich selber und uns allen das nicht erspart hat, dass er das früher gemacht hätte (...). Damit sind nicht alle Probleme gelöst.»

Theo Zwanziger (ehemaliger Präsident des DFB): «Die Entscheidung von Herrn Blatter wird dem Fussball helfen. Eine tiefgreifende Spaltung der FIFA konnte abgewendet werden. Ich rechne noch mit weiteren Enthüllungen, vor allem zu den umstrittenen WM-Vergaben.»

Greg Dyke (Präsident des englischen Fussballverbands): «Wir begrüssen die heutige Bekanntgabe und glauben, das sind gute Nachrichten für den Weltfussball und die FIFA. Ein Wechsel an der Spitze der FIFA ist ein notwendiger erster Schritt, um wirkliche Reformen anzustossen.»

Peter Gilliéron (Präsident des Schweizerischen Fussballverbands): «Das ist eine der grössten Überraschungen, die ich je erlebt habe. Dem Schweizerischen Fussballverband bleibt nichts Anderes übrig, als davon Kenntnis zu nehmen. Die letzten Tage rund um den FIFA-Kongress haben ganz offensichtlich ihre Spuren hinterlassen beim FIFA-Präsidenten. Und wir vermuten, dass seine Liebe zur FIFA und zum Weltfussball ihn dazu bewogen haben, sein Amt zur Verfügung zu stellen – umso wichtiger ist jetzt, dass die richtigen Entscheide getroffen werden, um den vor kurzem skizzierten Weg konsequent zu gehen... Es ist sicher auch Gelegenheit zu verdanken, was Sepp Blatter für den Fussball geleistet hat. Er hat enorm viel dazu beigetragen, dass der Fussball die populärste Sportart der Welt ist und wirtschaftlich so stark wie nie zuvor.»

Peter Gilliéron am letzten Freitag bei der Stimmabgabe.
Peter Gilliéron am letzten Freitag bei der Stimmabgabe.Bild: RUBEN SPRICH/REUTERS

Noël le Graët (Präsident des französischen Fussballverbands): «Ich bin ein wenig überrascht, aber am Ende des Tages ist es nicht so schlecht. Es wird uns erlauben, mit echten Kandidaten neu anzufangen.»

Thomas Bach (IOC-Präsident): «Wir haben grossen Respekt vor dem Entscheid von Präsident Blatter zurückzutreten und die notwendigen Reformen einzuleiten - und den Weg frei zu machen für eine neue Führung der FIFA, diese Neuerungen in Schwung zu bringen.»

Luis Figo (ehemaliger Präsidentschaftskandidat): «Es ist ein guter Tag für die FIFA und für den Fussball. Wir sollten verantwortlich und ruhig eine gemeinsame weltweite Lösung finden, um eine neue Ära mit Dynamik, Transparenz und Demokratie in der FIFA zu starten.»

Romario (Weltmeister 1994 mit Brasilien, mittlerweile Senator): «Das sind die besten Nachrichten seit langer Zeit. Der Rücktritt von Joseph Blatter als FIFA-Präsident steht für eine neue Ära für den Weltfussball. Alle korrupten Verbandschefs auf der Welt werden ihren Niedergang wie einen Tsunami kommen spüren. Ich hoffe, diese grosse Welle ist genug, all die Korruption aus dem welthöchsten Fussball-Gremium herauszuwaschen. Gute Nachrichten für den Fussball (...). Jetzt können wir sagen, dass wir den Weg für einen effektiven Wandel im Weltfussball freigemacht haben. In vergangenen Dekaden ist die FIFA nur noch zu einer Gelddruckmaschine geworden.» (dwi/pre/si)

Blatters Karriere in Bildern

1 / 30
Tschau Sepp – Blatters Karriere in Bildern
Joseph Blatter, aufgenommen im Jahre 1966: Der Walliser mit Jahrgang 1936 studierte an der Universität in Lausanne Volkswirtschaft und schloss 1958 mit Diplom ab.
quelle: keystone / widmer
Auf Facebook teilenAuf X teilen
No Components found for watson.appWerbebox.
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
1 Kommentar
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
1
ZSC-Verteidiger Yannick Weber selbstkritisch: «So wirst du definitiv nicht Meister»
Die ZSC Lions schaffen es nicht, dem Playoff-Final gegen Lausanne als Favorit den Stempel aufzudrücken. Nach der 2:5-Auswärtsniederlage am Dienstag zeigen sich die Spieler selbstkritisch und suchen nach Erklärungen.

Noch liegen die Vorteile bei den ZSC Lions. Sie können Meister werden, wenn sie zuhause ungeschlagen bleiben, haben drei Spiele weniger in den Beinen als die Lausanner und verfügen objektiv über das bessere und breitere Kader. Der blasse Auftritt am Dienstagabend in Lausanne, der bisher schlechteste in den laufenden Playoffs, lässt aber Fragen offen. Während Coach Marc Crawford die Niederlage schönredet, sprechen die Spieler Klartext.

Zur Story