Sie führte in der dritten Runde der French Open im entscheidenden Satz mit einem Break, hatte die Chance, auf 3:0 davonzuziehen, doch den Platz verliess Belinda Bencic nach 2:48 Stunden als Verliererin: 5:7, 6:3, 5:7 gegen die US-Open-Finalistin Leylah Fernandez (19, WTA 18).
Sand war noch nie Bencics Lieblingsbelag, doch in diesem Jahr, so hatte sie das Gefühl, wäre mehr möglich gewesen. Auch knapp zwei Stunden nach Spielschluss sitzt die Enttäuschung tief. So tief, dass Bencic in Tränen ausbricht.
Belinda Bencic, machen Sie sich selber Vorwürfe, weil Sie im ersten und dritten Satz einige Chance nicht haben nutzen können?
Belinda Bencic: Ja, auf jeden Fall. Ich hatte zwei Satzbälle im ersten Satz. Im dritten machte ich das 3:0 nicht, was schade war. Dass mir das bei 40:0 und eigenem Aufschlag nicht gelang, ist schon sehr bitter. Bei der ersten Chance spielte sie gut, bei der zweiten machte ich einen Doppelfehler, bei der dritten gelang ihr ein guter Return. Bei vielen Ballwechseln kann ich mir nicht viel vorwerfen, bei einigen schon. Ich habe gekämpft bis zum Schluss, zumindest diesen Vorwurf muss ich mir nicht machen. Und doch: Ich hätte einiges besser machen können.
Leylah Fernandez ist US-Open-Finalistin, hat vor drei Jahren in Paris das Turnier der Juniorinnen gewonnen und fühlt sich auf Sand wohl, macht es das für Sie ein bisschen erträglicher?
Im Moment ist es einfach sehr bitter. Aber sie hat wirklich sehr gut gespielt, ich habe mich nie wirklich wohl gefühlt, weil sie die Bälle sehr früh genommen und mich damit zu Fehlern gezwungen hat. Zudem ist es immer schwierig, gegen eine Linkshänderin. Ich habe alles versucht, im zweiten Satz mehr Druck gemacht, doch es hat nicht gereicht. Es ist ein Grand-Slam-Turnier mehr, in dem ich nicht weitergekommen bin. Ich habe mich gut gefühlt, gut trainiert, gut geschlafen, gut gegessen, ich bin gesund. Umso mehr schmerzt es mich, dass es wieder nicht geklappt hat. Einmal mehr.
Wir haben Sie in Paris nach verlorenen Partien auch schon anders erlebt, weniger niedergeschlagen. Täuscht dieser Eindruck?
In den letzten Jahren habe ich mich in Paris weniger gut gefühlt, die Erwartungen waren tiefer. Nun habe ich besser gespielt. Wenn man mit 2:6, 2:6 verliert, ist es ein Klassenunterschied, den man einfach akzeptieren kann und wo man realistisch bleiben muss. Es ist nie einfach und immer schmerzhaft, mit 5:7 im dritten Satz zu verlieren.
Schöpfen Sie auch Trost daraus, dass Sie nun auch auf Sand zu solchen Spielen fähig sind, wie sie es nun gegen Fernandez gezeigt haben?
Vielleicht in zwei, drei Tagen, jetzt noch nicht. Irgendwann will ich auch meine Chance nutzen und weiterkommen. Wieder nicht über die dritte Runde hinausgekommen zu sein, das tut schon extrem weh. Ich hatte mir erhofft, zumindest die zweite Woche zu erreichen. Aber ich packe es einfach nicht bei den Grand-Slam-Turnieren.
Sie sind 25-jährig, standen im letzten Herbst im US-Open-Viertelfinal, sie sind Olympiasiegerin. Gehen Sie nicht zu hart mit sich ins Gericht?
Danke (lacht). Ich bin meistens sehr hart zu mir. Viele sagen mir, dass ich zu streng bin. Aber ich bin nun Mal eine Perfektionistin. Vielleicht ist es das, was daran hindert, weiterzukommen: dass ich es zu sehr will. Australien war wieder nichts. Jetzt wollte ich hier einfach mein bestes Resultat schaffen. Und das habe ich nicht geschafft. Ich wollte hier wirklich gut spielen, entsprechend niedergeschlagen bin ich.
Nach den French Open ist vor der Rasensaison, die für Sie schönste Zeit des Jahres. Verspüren Sie auch ein wenig Vorfreude auf Rasen?
Auf jeden Fall. Ich weiss noch nicht, wie es weitergeht. Ob ich noch ein paar Tage hier bleibe und mir eine schöne Zeit in Paris mache, oder möglichst schnell auf Hartplatz wechseln werde. Mein Freund Martin hat heute noch Geburtstag, das macht es doppelt bitter.