Keine Spur von Nachwehen nach den grossen und emotionalen Feierlichkeiten nach dem zweiten Meistertitel der Klubgeschichte des EV Zug. Denn Präsident Hans-Peter Strebel verabschiedete sich schon früh, schliesslich standen am Samstag wieder einige Termine auf dem Programm. «Putzt und gstrählet» und bei bester Laune empfing er in den Räumlichkeiten seines privat finanzierten und erschaffenen Reichs, dem Spitzensportzentrum OYM(«on your marks») in Cham, zum Meister-Interview.
Der 7. Mai 2021 wird als Tag der Erlösung in die Geschichtsbücher eingehen. Der EV Zug ist Schweizer Meister. Wie klingt das in Ihren Ohren?
Wunderbar. Die Mannschaft hat Grossartiges geleistet. Sie ist ein logischer und verdienter Meister. Die Saison war nah an der Perfektion
Wie war es am Tag des entscheidenden Finalspiels um Ihr Nervenkostüm bestellt?
Zunächst habe ich noch frische Luft auf dem Golfplatz eingeatmet. Das war gut für die Beruhigung der Nerven. Am Nachmittag besuchte ich Trainer Dan Tangnes mit dem Coaching-Staff und wünschte ihm viel Erfolg. Ich erlebte einen sehr konzentrierten Dan Tangnes, der aber trotzdem die nötige Lockerheit ausstrahlte. Das übertrug sich auch auf das Team. Der Trainer hat die Spieler hervorragend eingestellt.
Die Spieler schwärmen über Tangnes’ Führungsqualitäten. Wie haben Sie ihn in dieser Saison wahrgenommen?
Seine angenehme und gleichzeitig direkte Art kommt nicht nur bei den Spielern, sondern in der ganzen EVZ-Organisation gut an. Er kann trotzdem auch ein strenger Coach sein, wenn ihm etwas nicht passt. Sein Kredo lautet aber: Wir kämpfen gegeneinander, aber mit fairen Mitteln.
In den ersten 40 Spielminuten haben Sie ruhig und entspannt auf Ihrem Logenplatz gesessen. Im dritten Drittel hielt es Sie nicht mehr auf dem Sitz.
Das war verrückt. Ich hielt die Anspannung fast nicht mehr aus. So nervös bin ich selten. In meinem Alter ist das nicht gut für mein Herz (lacht).
Kamen während des Spiels Zweifel über den Spielausgang auf?
Nein. Wenn der EV Zug sein Power-Hockey spielt, ist gegen ihn kein Kraut gewachsen. Aber als Genf beim Stand von 1:1 besser wurde, war meine Anspannung hoch.
Und dann flog Grégory Hofmann an seinen Gegnern vorbei und verwertete eiskalt.
Der Wahnsinn. Diesen Speed, den er innert kürzester Zeit aufbauen kann, macht ihm in der Schweiz keiner nach. Das Tor wirkte als Befreiungsschlag.
Sie waren nach der Pokalübergabe der Erste, der den Tausenden Fans auf dem Arenaplatz zujubelte und führten gleich noch einen Meistertanz auf. In dieser Feierlaune hat man Sie noch nie gesehen.
Ich hatte so richtig Spass und fühlte mich 20 Jahre jünger. Die Menschenmassen auf dem Arenaareal haben mich beeindruckt. Es lag eine magische Atmosphäre in der Luft.
Was ist in Ihnen in diesem Moment gefühlsmässig abgegangen?
Viel. Die Gefühle sind schwierig einzuordnen. Während des Jubels und Trubels hatte ich keine Zeit, Emotionen an mich heranzulassen. Erst als ich im Bett lag, realisierte ich richtig, was gerade geschehen war. Neben Glücksgefühlen war es auch eine Art von Genugtuung für diese unermüdliche, erfolgreiche Arbeit. Von Aussenstehenden wird das zum Teil nicht richtig wahrgenommen.
Zum Beispiel?
Gerade was das Spitzensportzentrum OYM betrifft, wollten viele Leute noch nicht wahrhaben, was alles in diesem Gebäude passiert. Im OYM arbeiten wir daran, Athletinnen und Athleten ihr individuelles Potenzial maximal zu entwickeln. Alles basiert im Interesse der Athletik sowie in engem Dialog mit den Athleten.
Sie waren bereits als Kind leidenschaftlicher EVZ-Fan. Später gründeten Sie in den Fanklub «Freiämter Team EVZ». Seit 2015 stehen Sie dem Klub vor. Nun sind Sie Meister-Präsident. Das wäre Stoff für eine Verfilmung.
Es ist tatsächlich eine schöne Geschichte. Der Weg war nicht vorgegeben. Als Präsident des Fanklubs war mir die Nähe zum EV Zug wichtig. Als ich in die Pharmaforschung einstieg, hatte ich aber keine Zeit mehr, für diesen Klub Zeit zu investieren. Das war erst der Fall, als ich meine Firmen verkauft habe und in den Verwaltungsrat eintrat. Nach kurzer Zeit habe ich realisiert, dass es nicht nachhaltig ist, Jahr für Jahr viele Spieler zu verpflichten. Deshalb stellten wir die Hockey-Akademie auf die Beine, um den Nachwuchs konsequent zu fördern.
Das OYM soll langfristig wirken. Woran machen Sie bereits den kurzfristigen Effekt fest?
Dass wir in dieser Saison wenige Verletzungen beklagen mussten, ist kein Zufall. Die Spieler weisen die besten Fitnesswerte ihrer Karriere auf. Sie erzählen mir zum Beispiel, dass sie nicht mehr müde sind und noch locker ein viertes Drittel spielen könnten. Auch freut mich der Erfolg der U20-Elit, welche, das soll erwähnt sein, auch den Schweizer-Meister-Titel gewonnen hat diese Saison.
Bricht nun mit dem Triumph des EV Zug ein neues Zeitalter im Schweizer Eishockey an?
Da sage ich nicht nein (lacht). Wir haben die besten Voraussetzungen dafür geschaffen. Erfolg bekommt man aber nie garantiert. Man muss geduldig bleiben und nicht gleich die Brechstange auspacken, wenn etwas nicht funktioniert. Die Wissenschaft hilft uns noch präziser und zielorientierter zu arbeiten. Wir wollen unseren Weg konsequent weitergehen und geben uns nicht so schnell zufrieden.
Das sind verheissungsvolle Zukunftsperspektiven und gleichzeitig eine Ansage an die Konkurrenz.
Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir nicht erneut weitere 23 Jahre auf den dritten Titel der Klubgeschichte warten müssen. Jetzt werden wir die Gejagten sein. Trotz namhaften Abgängen wird auch in der nächsten Saison eine konkurrenzfähige Mannschaft auf dem Eis stehen. Der Trainer und die ganze Organisation werden dafür sorgen, dass der Hunger nach Meistertiteln noch nicht gestillt ist.
Es gibt wohl nicht viele Millionäre, die 100 Mio in ein Leistungszentrum investieren, sei es in Kultur oder Sport und so der Gesellschaft langfristig etwas zurückgeben.
HP Strebel ist ein Glücksfall für den EVZug (oder jedes anderen Vereins, dem er sich annehmen würde) - und das bei weitem nicht nur wegen seines Bankkontos; wobei das sicher auch hilft 😉