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Die hochkarätigste Tennis-Delegation aller Zeiten mit Roger Federer, Stan Wawrinka, Belinda Bencic, Martina Hingis und Timea Bacsinszky sollte in Rio goldene, silberne und bronzene Träume Wirklichkeit werden lassen. Im Einzel, im Doppel, im gemischten Doppel.
Eine, zwei oder gar drei Medaillen? Das war die Frage. Tennis-Edelmetall war in der Rechnung der Olympiaplaner eine feste Grösse.
Roger Federer, Stan Wawrinka und Belinda Bencic haben längst verzichtet und sind gar nie nach Rio gekommen. Nur noch Timea Bacsinszky tritt zum Einzel an. Sozusagen als letzte Mohikanerin. Und sie verliert an diesem Samstagnachmittag bei gefühlten 40 Grad ein fast dreistündiges Hitzedrama gegen die Chinesin Shuai Zhang 7:6 (7:4), 4:6, 6:7 (7:9).
Sie hat gegen die in der Weltrangliste 36 Positionen schlechter klassierte Aussenseiterin tapfer gekämpft. Aber drei Matchbälle vergeben. In der letzten Phase dieses Dramas wirkt sie unkonzentriert und spielt zu oft «Mondbälle». Hohe Bälle, die eine immer grössere Ratlosigkeit und Verzweiflung verraten.
Es ist trotz des knappen Resultates und des dramatischen Verlaufes letztlich eine klare, eindeutige Niederlage, die eine bange Frage provoziert. Wie soll sie in dieser Form mit Martina Hingis im Doppel eine Runde weiterkommen und unsere Tennis-Ehre retten? Die Schweizer Tennis-Titanic hat den Eisberg gerammt.
Aber die Titanic geht nicht unter. Sie schwimmt noch. Etwas mehr als drei Stunden später, die Sonne ist inzwischen untergegangen, ist Timea Bacsinszky schon wieder mitten drin in einem Tennis-Drama. Sie gewinnt in zwei Stunden und fünf Minuten mit Martina Hingis gegen das australische Duo Daria Gavrilova/Samantha Stosur 6:4, 4:6, 6:2. Im Achtelfinal treffen die beiden Schweizerinnen nun auf die Spanierinnen Anabel Medina Garrigues/Arantxa Parra-Santonja oder die Amerikanerinnen Bethanie Mattek-Sands/Coco Vandeweghe.
Die Hoffnung ist zurück. Dieser Sieg ist im besten Wortsinne ein Silberstreifen am Medaillen-Horizont. Vom Tableau her wird unser Tennis-Doppel frühestens im Finale auf die wohl unbesiegbaren Venus und Serena Williams treffen. Die amerikanischen Schwestern haben schon dreimal im Doppel olympisches Gold gewonnen.
Ist also wenigstens Silber möglich? Es sind kühne Träume. Es wäre ein wundersamer Erfolg. Erst die Klasse von Martina Hingis hat nämlich diesen Sieg in der ersten Runde möglich gemacht und provoziert die Frage: Kann Martina Hingis (35) trotz Timea Bacsinszky (27) eine Medaille gewinnen?
Es ist ein hochinteressantes, ja, ein grosses Spiel und Martina Hingis gewinnt es. Sie reisst ihre tapfere, aber lange ängstliche, zweifelnde, zaudernde Partnerin mit. Ihre Klasse ist wie ein blitzendes Schwert, das immer wieder dreinfährt und die entscheidenden Punkte macht.
Sie ist eine charismatische Spielerin. Die Beste auf dem Platz. Eine Königin. Die beste Doppelspielerin der Welt. Sie dominiert mit ihrer Spielintelligenz, ihrer Schlauheit, ihrer Technik und dank ihrer immensen Erfahrung. Die anderen drei Spielerinnen degradiert sie zu fleissigen Handwerkerinnen. Ach, was wäre das für ein Spektakel gewesen, wenn Martina Hingis, wie geplant, in Rio das Mix-Doppel mit Roger Federer hätte spielen können!
Nun tritt sie halt mit Timea Bacsinszky an. Nie zuvor haben die beiden zusammen ein Doppel gespielt. Aber laufend verbessern, justieren sie nun gegen die zwei Australierinnen unter der Regie der überragenden Martina Hingis ihr Spiel. Am Ende triumphieren sie über ein ausgeglicheneres, besser eingespieltes, tennistechnisch eigentlich stärkeres Duo.
Martina Hingis mit Timea Bacsinszky beim olympischen Turnier. Eine der besten Schweizer Geschichten in Rio. Ein Vergleich mit einem anderen Sport hilft uns, dieses ungewöhnliche Doppel zu verstehen. Es ist ungefähr so, wie wenn Roman Josi mit Alain Birbaum oder Marc Gautschi an der blauen Linie in den Stanley Cup-Playoffs die Abwehr von Nashville zusammenhalten müsste.
Roman Josi ist einer der besten Verteidiger der Welt. Es ist ihm zuzutrauen, dass es funktionieren könnte. Und Martina Hingis ist es zuzutrauen, dass sie 20 Jahre nach ihrer ersten und bisher einzigen Olympiateilnahme doch noch eine Medaille gewinnt. Trotz Timea Bacsinszky. Mit Timea Bacsinszky.
Zudem hat Bacsinszky es gestern geschaft, in den Phasen als Hingis etwas schwächelte, das Ruder an sich zu reissen und die wichtigen Punkte zu machen (Zu Beginn und gegen Ende des dritten Satzes.)
Schuster, bleib bei deinen Leisten.