Sport
Leichtathletik

Alex Wilson muss wegen Doping vor Gericht – vierjährige Sperre droht

Alex Wilson
Seit mehr als einem Jahr wartet Alex Wilson auf ein Urteil im Fall der positiven Dopingprobe.Bild: imago-images.de

Vierjährige Sperre? Wie Alex Wilson mit einer Barthaar-Probe um seine Existenz kämpft

Am 22. Juni findet die Verhandlung gegen Sprinter Alex Wilson vor der Disziplinarkammer von Swiss Olympic statt. Der Basler steht unter dringendem Dopingverdacht – ihm droht eine vierjährige Sperre.
14.06.2022, 07:19
Rainer Sommerhalder / ch media
Mehr «Sport»

Am 15. März 2021 gibt Sprinter Alex Wilson eine positive Dopingprobe ab. In seinem Urin findet sich das anabole Steroid Trenbolon. Zwar ist der 32-Jährige nach einigen juristischen Unstimmigkeiten und einem Urteil des Internationalen Sportgerichthofs (CAS) seit dem 27. Juli provisorisch gesperrt. Das ordentliche Verfahren gegen Wilson ist aber nach wie vor pendent.

Alex Wilson from Switzerland during the Men 100m race at the International Athletics Meeting in Lucerne, Switzerland, Tuesday, June 29, 2021. (KEYSTONE/Urs Flueeler)
Alex Wilson im Juni 2021 in Luzern.Bild: keystone

Dieser Umstand ist der Tatsache geschuldet, dass beide Parteien – die nationale Antidoping-Agentur als Ankläger, die Anwälte von Alex Wilson als Verteidiger – im Verlauf des Verfahrens Aufschub beantragten. Zuerst änderte der Schweizer Rekordmann die Begründung für die positive Probe.

Nicht mehr ein übermässiger Konsum von kontaminiertem Fleisch aus der Rindermast steht im Vordergrund, sondern eine mutwillige Verabreichung der Substanz durch einen Konkurrenten. Wilsons Verteidigung will dafür Beweise oder zumindest Indizien haben.

Wilsons Name taucht auch bei einem anderen Fall auf

Umgekehrt benötigte Swiss Sports Integrity mehr Zeit, um die neue Theorie einzuschätzen und argumentativ darauf zu reagieren. Dazu kommt, dass Wilsons Name zu Beginn des Jahres auf einmal bei einem anderen Dopingfall auftauchte. Das FBI und die amerikanische Antidoping-Agentur Usada ermitteln gegen den texanischen Naturheilpraktiker Eric Lira.

Dieser soll die während den Olympischen Spielen gesperrte und inzwischen zu einer zehnjährigen Sperre verurteilte nigerianische Sprinterin Blessing Okagbare mit Wachstumshormonen und Epo versorgt haben. Und Lira hatte erwiesenermassen Kontakt zu mehreren weiteren Athleten, darunter auch Alex Wilson.

Der Sprinter Alex Wilson in Basel, am Mittwoch, 28. Juli 2021. Der Internationale Sportgerichtshof spricht fuer Wilson aufgrund eines positiven Doping-Befunds bis auf Weiteres eine provisorische Sperr ...
Alex Wilson glaubt weiter fest an seine Unschuld.Bild: keystone

Dieser gab gegenüber den Ermittlern an, dass er Lira erst im Juni 2021 – also drei Monate nach seiner Trenbolon-Probe – kennengelernt und bei ihm zwei legale Behandlungen gemacht habe. Eine Therapie gegen seine akuten Rückenschmerzen im Juni und drei Wochen später einen Aufenthalt in einer Unterdruck-Kammer in Liras Wohnort El Paso als Olympiavorbereitung.

Auch der Weltverband hat Wilson einvernommen

Dieser Umstand ist nicht Bestandteil des aktuellen Verfahrens vor der Disziplinarkammer von Swiss Olympic. Dort geht es in der Verhandlung am 22. Juni einzig und allein um die positive Dopingprobe. Wilsons Verteidigung beantragt beim dreiköpfigen Gericht einen Freispruch. Man glaubt auch dank der Analyse einer Barthaar-Probe des Sportlers, die eine regelmässige Einnahme von Trenbolon ausschliesst, gute Argumente zu haben.

Swiss Sport Integrity seinerseits fordert eine vierjährige Sperre, was gleichbedeutend mit dem Karriereende von Wilson wäre. Der Entscheid wird nach der Verhandlung nicht lange auf sich warten lassen. Einerseits urteilt die DK nach den Verhandlungen erfahrungsgemäss sehr schnell, andererseits schreibt das Dopingstatut vor, dass dieser Entscheid innert 20 Tagen kommuniziert werden muss. Die Öffentlichkeit wird voraussichtlich noch vor den Sommerferien Bescheid wissen.

Ob mit dem Entscheid das letzte Wort im Fall Wilson gesprochen ist, weiss man hingegen aus mehreren Gründen noch länger nicht. Einerseits kann es bis zur Publikation der ausführlichen Urteilsbegründung durch die DK bis zu drei Monate dauern. Und danach bleibt den Parteien ein weiterer Monat, um zu entscheiden, ob man das Urteil vor das CAS weiterzieht. Das Sportgericht in Lausanne würde dann – wohl erst 2023 – einen definitiven Entscheid fällen.

epa07539581 A general view of the Court of Arbitration for Sport (CAS) headquarters before the release of the decision in the case of South Africa's runner Caster Semenya, in Lausanne, Switzerlan ...
Landet Wilsons Fall am Ende vor dem CAS in Lausanne.Bild: EPA/KEYSTONE

Andererseits wurde Alex Wilson anfangs Juni auch von der Antidoping-Organisation (AIU) des Leichtathletik-Weltverbands befragt. Und eine zweite Einvernahme steht noch an. Die Dopingermittler versuchten in der Befragung einen Zusammenhang zwischen Wilsons Kontakt zu Lira und der Trenbolon-Probe herzustellen.

Ungebrochener Optimismus

Sollten weitere Anschuldigungen tatsächlich belegt werden können, würde gar eine achtjährige Sperre drohen. Allerdings gab sich ein Insider aus dem Umfeld von Wilson sehr optimistisch, dass diese Untersuchung in einer Sackgasse endet, «weil da schlicht nichts ist».

Auch das FBI soll nicht (mehr) gegen Alex Wilson ermitteln, so ein Gerücht aus den USA. Ob sich die Bundesbehörde jedoch tatsächlich während der weiterlaufenden Untersuchung gegen Eric Lira so weit aus dem Fenster lehnt, solche Aussagen zu tätigen, wird von Juristen bezweifelt. Andererseits ist auch nicht öffentlich bekannt, ob staatliche Stellen in Übersee überhaupt je gegen Wilson vorgingen, da er weder in den USA lebt noch Amerikaner ist.

Die US-Antidopingbehörde hingegen tut es garantiert. Alex Wilson selbst und seine Anwälte sollen trotzdem gemäss Insider nach wie vor felsenfest überzeugt sein, dass sie als unbescholtene Gewinner aus dem ganzen Verfahren herauskommen.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die grössten Sprintduelle aller Zeiten
1 / 9
Die grössten Sprintduelle aller Zeiten
Usain Bolt vs. Justin Gatlin
Bolt holt sich an der WM 2015 und bei Olympia 2016 das Double über 100 und 200 Meter. Bei der WM 2017 kommt die Revanche des US-Bad-Boys. Gatlin holt Gold über 100 Meter, Bolt muss sich an seiner letzten WM mit Bronze begnügen.
quelle: x00177 / dylan martinez
Auf Facebook teilenAuf X teilen
So erklärt Kariem Hussein seinen positiven Dopingtest
Video: extern / rest
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
9 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Lokas
14.06.2022 07:29registriert August 2020
Schuldig bekennen und mit den Behörden zusammenarbeiten dürfte langfristig die beste Option sein. Wilson wird eine Sperre erhalten und ist zudem für Sponsoren untragbar...
522
Melden
Zum Kommentar
avatar
Jureitis
14.06.2022 08:10registriert Januar 2022
Eines ist klar, der Mann hat mächtig Ärger am Hals. Wenn sogar das FBI ermittelt. Vielleicht sollte er sich das ganze Geld für die Anwälte sparen und zurück treten. Seine Karriere ist definitiv vorbei, egal, wie das Urteil ausfällt.
462
Melden
Zum Kommentar
avatar
Peter Vogel
14.06.2022 09:06registriert Juni 2020
Ist schon sehr dubios das Ganze.
Jetzt soll ihm jemand mutwillig Drogen verabreicht haben? Bei einem Usain Bolt oder Justin Gatlin könnte man das ja noch glauben, aber bei einem Alex Wilson? Come on.
353
Melden
Zum Kommentar
9
St.Gallen unterliegt auch Guimarães und muss gegen Heidenheim auf ein Wunder hoffen
Für den FC St.Gallen endet die Teilnahme an der Conference League wahrscheinlich nach der Ligaphase. Die Ostschweizer verlieren in der zweitletzten Runde ihr Heimspiel gegen Vitoria Guimarães 1:4.

Auch im letzten Heimspiel des Jahres sorgten die St.Galler Fans für eine prächtige Stimmung. Und zumindest phasenweise konnten die über 16'000 Zuschauer auch darauf hoffen, dass ihr Team den hoch dotierten Portugiesen ein Bein stellen würde. Nach dem 0:2 gelang dem FCSG die rasche Reaktion durch den Treffer von Kevin Csoboth (66.).

Zur Story