Wie geht es 2018 weiter? Das ist die Frage, die Töff-Pilot Dominique Aegerter (27) seit Wochen umtreibt. Sicher ist bisher eigentlich nur, dass er wieder im «Kiefer Team» in der Moto2-WM antreten wird.
Nach dem Tod von Teamchef Stefan Kiefer – er erlag während des GP von Malaysia einem Herzversagen – ist nun alles in Frage gestellt. Sein Bruder Jochen will weitermachen. Aber mehr denn je steht die Frage im Raum: Woher das Geld nehmen?
Good by Stefan,
— Dominique Aegerter (@DomiAegerter77) 28. Oktober 2017
we will never forget you! It hurts a lot to lose an always gentle person and team chef like you, missing to work with you. pic.twitter.com/JUoHfmJBYh
Dieses Problem schien eigentlich gelöst. Am Rande des GP von Valencia wollte man am letzten Wochenende alles klären: der britische Geschäftsmann David Pickworth kauft das Team mit dem Geld russischer Investoren und sorgt in den nächsten drei Jahren für eine ausreichende Finanzierung für den Rennbetrieb, Tests und technische Entwicklungsarbeiten. KTM liefert die Maschinen – das österreichische Fabrikat ist zurzeit der heisseste Moto2-Ofen – und als neuer Teamkollege kommt der freundliche Deutsche Sandro Cortese. Unter diesen Voraussetzungen würde Dominique Aegerter 2018 zum Kreis der Titelanwärter gehören.
Würde. Hätte. Könnte. Sollte. David Pickworth ist in Valencia zum vereinbarten Termin mit Jochen Kiefer, Dominique Aegerters Manager Dr. Robert Siegrist und den Abgesandten von KTM nicht erschienen. Robert Siegrist sagt: «Wir machen uns Sorgen.»
Eine Überraschung ist das allerdings nicht. Der britische Gentleman, der sich als Investment-Banker bezeichnet, tauchte in den letzten Jahren hin und wieder im GP-Zirkus auf. Er hat allerdings keines seiner angekündigten Projekte je realisiert.
Wenn alles Geld, das im internationalen Töff-Business schon definitiv zugesichert und versprochen worden ist, auch tatsächlich bezahlt worden wäre, dann wäre der GP-Zirkus ein Milliardengeschäft und jeder Fahrer, Teambesitzer, Teammanager und Mechaniker Multimillionär.
Kommen die russischen Millionen? Inzwischen ist ein neuer Termin vereinbart. Der ehrenwerte David Pickworth wird zur Beerdigung von Stefan Kiefer am Mittwoch in Wilthen (Sachsen) erwartet und am Donnerstag sollen dann die noch vom verstorbenen Stefan Kiefer ausgehandelten Verträge rechtskräftig unterschrieben werden. Angeblich sei das Geld für das Team bei einer Bank in Holland deponiert und blockiert. Dominique Aegerter sagt: «Ich hoffe, dass wir diese Woche alles klären können.»
Und was, wenn nicht? Zu den Überlebensstrategien gehört im internationalen Motorsport ein Plan B. Diesen Plan B gibt es. Kommen die russischen Millionen nicht, dann ist ein «Kiefer Team light» vorgesehen. Nur mit einem Piloten (Dominique Aegerter) und weiter mit Suter.
Eskil Suter ist bereit, auch nächste Saison die Maschinen zu liefern, wenn der Deal mit KTM doch noch platzen sollte. Der Turbenthaler glaubt ohnehin nicht an die russischen Millionen. «Mister Pickworth hat sich schon früher herumgetrieben. Ich befürchte, dass sich die schöne Geschichte mit den russischen Millionen als Fata Morgana erweisen wird.» Das sei für ihn kein Problem. «Wir stehen bereit und haben die Kapazitäten um Dominique Aegerter auch nächste Saison mit konkurrenzfähigem Material auszurüsten.»
Ein «Kiefer Team light» könnte auch ohne russischen Geldsegen finanziert werden. Robert Siegrist sagt: «Aber vielleicht müsste Dominique dann halt auch einen Teil seiner persönlichen Sponsoreneinnahmen investieren ...»
Es geht also wieder einmal ums finanzielle Überleben. Zur Ergänzung der klassischen Finanzierung über Sponsoren betreibt Dominique Aegerter sowieso seine ganz eigene Form des «Crowdfunding»: Jahr für Jahr organisiert er nach Saisonschluss eine Riesensause, zu der inzwischen die Gäste aus der ganzen Schweiz anreisen.
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— Dominique Aegerter (@DomiAegerter77) 5. November 2017
Dieses Jahr findet die «Domi Fighters Racing Party» am 25. November im nationalen Sportzentrum in Huttwil statt. Aber eben: russische Millionen wären halt schon besser als die Einnahmen aus einer Party.
Die Zeit drängt. Die Mechaniker wollen wissen, ob es weitergeht oder ob sie einen neuen Job suchen müssen. Es muss Material (Motorräder, Trucks, Hospitality) bestellt oder überarbeitet werden. Personal und Material für einen oder zwei Fahrer? Und in spätestens zweieinhalb Monaten stehen die ersten Tests auf dem Programm.