Der NBA-Titelkampf scheint vor Saisonbeginn so offen wie noch selten in den letzten Jahren. Zum erweiterten Favoritenkreis gehören einmal mehr die Houston Rockets, bei welchen neben dem Genfer Clint Capela neu auch der Waadtländer Thabo Sefolosha unter Vertrag steht.
Im Gegensatz zu Clint Capela (25), bei Houston in der Stammformation und mit den besten Jahren noch vor sich, kommt dem zweiten Schweizer in Houstons Team nur eine Rolle als Ergänzungsspieler zu. Dementsprechend weniger wird Sefolosha bei seinem fünften – und vielleicht letzten – NBA-Klub auf dem Parkett stehen. Für den 35-jährigen Waadtländer gilt es die paar Minuten Einsatzzeit, die ihm Trainer Mike D'Antoni zugestehen wird, jeweils gut zu nützen.
Die grosse Frage bei den Rockets dreht sich darum, wie gut ihr Topskorer James Harden und der neu zu den Texanern gestossene Russell Westbrook zusammenarbeiten werden. Mit dessen Vorgänger Chris Paul, einem guten Werfer und hartnäckigen Verteidiger, harmonierte Harden auf dem Spielfeld zwar gut. Doch auf persönlicher Ebene verstanden sich die zwei Topstars gar nicht – weshalb Paul nach Oklahoma City wegtransferiert wurde.
Mit Westbrook, der eine athletischere, aber eher egoistische Spielweise mitbringt, ist Harden seit den gemeinsamen Zeiten bei den Thunder eng befreundet. Allerdings ist nicht klar, ob die beiden ballverliebten Spieler auf dem Parkett ebenso kompatibel sind. Je mehr sich Westbrook zurücknehmen kann, desto besser fürs Team.
Offen ist auch, ob Houston ohne Paul die Intensität in der Verteidigungsarbeit aufrechterhalten kann. In dieser Hinsicht könnte der Schweizer NBA-Pionier Sefolosha, der in der nordamerikanischen Liga über viele Jahre als einer der besten Verteidiger galt und Harden wie Westbrook von den Thunder-Zeiten kennt, einiges beitragen.
Für den Titelgewinn in der 74. NBA-Saison werden von den Buchmachern die Los Angeles Clippers als Topfavoriten gehandelt. Eine Franchise, die seit der Gründung 1970 - damals noch als Buffalo Braves – nie den Final erreicht, geschweige den Titel gewonnen hat. Die lange Zeit als Verliererklub abgestempelten Clippers konnten jedoch in diesem Sommer, in welchem ungewohnt viele Stars den Klub wechselten, von Meister Toronto den Final-MVP Kawhi Leonard und von Oklahoma City deren Allstar Paul George verpflichten.
Ungleich erfolgreicher und beliebter als die Clippers sind in Los Angeles die Lakers. Deren 16. und bislang letzter Titel datiert allerdings von 2010 – eine ungewohnt lange Durststrecke für den Glamour-Klub, der zudem sechsmal in Serie die Playoff-Teilnahme verpasst hat. Nun endlich verfügen die Lakers aber dank LeBron James und dem von den New Orleans Pelicans geholten Anthony Davis wieder über viel Star-Power. Ganz ähnlich wie zu den erfolgreichen Zeiten von Wilt Chamberlain, Kareem Abdul-Jabbar, Magic Johnson, Shaquille O'Neal und Kobe Bryant.
Der Kampf um die Vorherrschaft in der kalifornischen Metropole und vielleicht der ganzen Liga beginnt gleich am ersten Spieltag in der Nacht auf Mittwoch, wenn es im Staples Center, der gemeinsamen Spielstätte der beiden Klubs, zur ersten von vier Direktbegegnungen in der 82 Spiele umfassenden Qualifikation kommt. Allerdings müssen die Clippers in den ersten Wochen noch auf George verzichten, der nach zwei Schulteroperationen erst im November zurückerwartet wird.
Während die Western Conference auch aufgrund der Golden State Warriors mit ihrem Distanzschützen Stephen Curry (und trotz des Wegzugs von Kevin Durant nach Brooklyn) gewohnt umkämpft sein wird, gibt es im Osten einen klaren Favoriten. Dabei handelt es sich nicht um den aktuellen Champion Toronto, der Leonards Abgang nicht adäquat ersetzen konnte.
Vielmehr sind es die Milwaukee Bucks, die rund um ihren Starspieler Giannis Antetokounmpo über ein eingespieltes Ensemble verfügen. Der Grieche war in der letzten Saison zum wertvollsten Spieler der Qualifikation gewählt worden. (pre/sda)