Es hätte das Jahr der Houston Rockets werden sollen, jetzt, wo im Playoff-Final deutlich wird, wie verwundbar der Serienmeister Golden State Warriors tatsächlich ist. Aber während der Aussenseiter Toronto gerade nach dem Titel greift – die Raptors führen in der Finalserie mit 3:2 Siegen –, endete die Saison der Rockets schon vor einem Monat. Wieder einmal versagte das Team im entscheidenden Moment.
Klubbesitzer Tilman Fertitta kündigte danach einschneidende Veränderungen an, er sagte: «Wir werden diese Herausforderung meistern. Unsere Zeit wird kommen.» Noch lassen die Wechsel auf sich warten, bis dato haben die Rockets einzig den für die Defensive verantwortlichen Assistenztrainer Jeff Bzdelik entlassen.
Doch die Ruhe trügt; General Manager Daryl Morey wirbelt hinter den Kulissen. Diverse Medien berichten, dass die Rockets mindestens eine der drei Stammkräfte Clint Capela/PJ Tucker/Eric Gordon austauschen werden – möglicherweise bereits in dieser Woche, bevor am 20. Juni der NBA-Draft stattfindet.
Capela (25) ist ein Transferkandidat, obwohl er erst im Sommer einen mit 90 Millionen Dollar dotierten Fünfjahresvertrag unterschrieben hat. Der Genfer spielte eine starke Regular Season und enttäuschende Playoffs, doch sein möglicher Transfer hat weniger mit den persönlichen Leistungen zu tun als mit der Situation der Rockets: Manager Morey läuft die Zeit davon. Superstar James Harden wird im August 30 Jahre alt, Houston muss ihm bessere Teamkollegen zur Verfügung stellen, während er noch im Zenit seines Schaffens steht.
Am sinnvollsten wäre ein Abgang des alternden Point Guards Chris Paul (34) dessen Vertrag die Rockets ebenfalls erst im Sommer verlängert hatten. Pauls Salär wird kommende Saison 38,506 Millionen Dollar betragen, 2021/22 steigt es auf 44,211 Mio. an. Es sind irrwitzige Summen, der Vertrag ist so toxisch, dass die Rockets ihn kaum von der Lohnliste werden bringen können. Jedenfalls nicht ohne dafür andere Dinge opfern zu müssen, Draftrechte etwa. Die Gehaltsobergrenze in der NBA beträgt derzeit 101,869 Millionen – Verträge wie jener von Paul schränken den Handlungsspielraum eines Teams signifikant ein.
Bei Capela liegen die Dinge anders. Das Playoff mag seine Limiten aufgezeigt haben, gerade im Duell mit kleineren, wendigeren Gegenspielern, doch Capela bleibt einer der besten Center der NBA – und er ist noch immer jung, seine Leistungen werden mit jedem Jahr besser. An interessierten Teams mangelt es nicht, am Wochenende wurde kolportiert, die Boston Celtics stünden in Gesprächen mit den Rockets. Boston bereitet sich auf den Abgang des Leaders Kyrie Irving vor, dessen Vertrag ausläuft.
Capela können die Gerüchte egal sein, sein Salär ist unabhängig vom Arbeitgeber garantiert. Doch ein Transfer käme einer persönlichen Niederlage gleich. Seit Capela 2014 in Houston landete, gehören die Rockets zu den besten Teams der Liga, doch der grosse Wurf ist ihnen verwehrt geblieben. In vier von fünf Jahren scheiterte Houston an Golden State.
Capela hat in seinen Jahren in der Liga sehr viel erreicht, seine Leistungen haben ihn zum bestbezahlten Schweizer Teamsportler gemacht, doch sein Wirken hat etwas Unvollendetes, solange die Rockets an Golden State scheitern. Es gibt die Möglichkeit, dass die Dynastie der Warriors im Sommer endet, es drohen Abgänge, was Houstons grosse Chance bedeuten könnte. Harden sagte: «Wir wissen exakt, was wir in diesem Sommer tun müssen, um besser zu werden.» Man kann sich nicht richtig vorstellen, dass er einen Abgang Capelas meinte – das Duo versteht sich sehr gut, beide sind stark gläubig. Capela muss nur hoffen, dass Morey die Männerfreundschaft nicht aufbricht.