Er war der erste Schweizer in der besten Basketballliga der Welt. Ohne grosse Vorschusslorbeeren ist Thabo Sefolosha 2006 in die NBA gekommen. Trotzdem fand er in einer Liga, in der die durchschnittliche Karriere etwa fünf Jahre andauert, seinen Platz. Bis zum Ende der letzten Saison stand er in 869 NBA-Spielen auf dem Court und wusste mit seiner Verteidigungsarbeit und seinem Einsatz stets zu überzeugen.
Letzte Woche erklärte er seine Karriere im südafrikanischen Podcast «Fastbreaksa» ein Jahr nach seinem letzten Spiel für beendet. Ohne grosses Statement oder Post in den sozialen Medien tritt der Romand von der grossen Bühne ab. Umso wichtiger, die Karriere vom bisher einzigen Schweizer NBA-Finalisten standesgemäss zu würdigen.
Sefolosha spielte nicht wie die meisten potenziellen NBA-Talente an einem amerikanischen College, sondern versuchte in Europa Fuss zu fassen. Mit 19 wechselte er nach Italien und spielte sich dort auf den Radar der NBA-Scouts. Seine defensiven Fähigkeiten und Athletik machten ihn zu einem interessanten Talent, das im NBA-Draft 2006 an 13. Stelle gedraftet wurde. Noch am selben Abend wurde er von den Philadelphia 76ers zu den Chicago Bulls getradet.
Beim ehemaligen Team von Michael Jordan kam Sefolosha aber nicht so richtig in Fahrt. Vor allem offensiv tat sich der Shooting Guard schwer. Nach zweieinhalb Saisons wurde er erneut getradet, zu den Oklahoma City Thunder.
Die gerade erst aus Seattle nach Oklahoma City gezogene Franchise setzte auf die Jugend. Mit den damals 20-jährigen Kevin Durant und Russell Westbrook hatten die Thunder zwei der grössten Hoffnungen für die Zukunft im Kader. Der 24-jährige Schweizer spielte sich fest. War er in Chicago meist von der Bank gekommen, gehörte er in seinem neuen Team immer zur «Starting Five».
Der Schweizer stand ab seinem zweiten Spiel im Trikot der Thunder immer von Anfang an auf dem Feld. Nur selten musste Oklahoma auf seine Dienste verzichten und so prägte Sefolosha gemeinsam mit Durant und Westbrook die erfolgreichste Ära in «OKC».
Vor allem die Saison 2011/12 wird Sefolosha und den Fans der Thunder nicht so schnell aus den Köpfen gehen. Die jungen Wilden – keiner der Leistungsträger war über 27 Jahre alt – stürmten bis ins NBA-Finale, wo sie auf das «Superteam» aus Miami trafen. Die Miami Heat hatten mit LeBron James, Dwyane Wade und Chris Bosh drei der besten Basketballer der damaligen Zeit vereint und waren klar favorisiert.
Durant, Sefolosha & Co. waren bis dahin noch ohne grosse Probleme durch die Playoffs gepflügt, wo man Legenden wie Dirk Nowitzki (Dallas, 4:0), Kobe Bryant (LA Lakers, 4:1) und Tim Duncan (San Antonio, 4:2) aus dem Weg räumte. Im ersten Spiel gelang ihnen dann auch gegen Miami ein Überraschungssieg, doch in der Folge waren LeBron James und seine Mitspieler zu stark. Miami gewann vier Spiele in Folge und krönte sich zum NBA Champion.
Es war nicht die beste Serie des Schweizers, doch insgesamt war er mit seiner starken Defensivarbeit einer der Gründe, dass das junge Team überhaupt so weit kam. Über die Playoffs gesehen war er der stärkste Verteidiger im Team – obwohl er mit Gegenspielern wie Kobe Bryant und Dwyane Wade sehr schwierige Aufgaben hatte. So liess Sefolosha nie locker und versuchte seinen Gegnern stets das Leben schwer zu machen.
Sefolosha war nie ein Mann für die grossen Highlights. Dafür ist er nicht der Spielertyp. In der NBA werden Dunks und «Buzzerbeater» gefeiert, das ist auch viel spektakulärer als gute Defensivarbeit. Auch die nackten Zahlen wie die Punkteausbeute oder Anzahl der Rebounds zeichnen nicht das Bild, das dem Spiel von Thabo Sefolosha gerecht wird.
Dazu muss man tiefer in den Statistiken graben und sich die sogenannten «Advanced Stats» ansehen. Diese drücken nämlich viel mehr aus und versuchen den Einfluss an beiden Enden des Feldes zu messen. So sieht man, wie stark Sefolosha in der Defensive wirklich war. In seiner gesamten Karriere hatte der heute 36-Jährige nicht eine Saison mit negativem Einfluss am eigenen Korb.
Er war stets einer der besten Verteidiger in der Liga, weshalb der flexibel einsetzbare Romand trotz stark limitiertem Offensivspiel immer wieder einen Platz in einem NBA-Kader fand und auch ein relevanter Bestandteil der Rotation war.
Selbstverständlich hat der Schweizer in seiner 14-jährigen Karriere auch offensiv einige Highlights gesammelt. Diese möchten wir euch nicht vorenthalten.
Die wohl tragischste Episode seiner Karriere spielte sich abseits des Courts ab. Vor einem New Yorker Nachtklub wurde er im April 2015 von mehreren Polizisten attackiert. Zu viert zerrten sie den Basketballer an den Armen zwischen geparkte Autos und rissen ihn zu Boden. Sefolosha wurde dabei der Knöchel gebrochen, weshalb er den Rest der Saison verpasste. Er wurde verhaftet und musste eine Nacht im Gefängnis verbringen. Sein weisser Teamkollege, der mit ihm unterwegs war, blieb verschont.
Thabo Sefoloshas Mutter ist Schweizerin, der Vater Südafrikaner. Stigmatisierung und Rassismus waren für ihn schon immer ein Thema. Mit sechs Jahren feierte er mit seinen Eltern die Freilassung von Nelson Mandela. Nun war er selbst Opfer einer Polizeiattacke geworden und hatte mit den Folgen zu kämpfen. Für Sefolosha war klar, dass er zu Unrecht verhaftet wurde. «Es war ein Mann, der seine Macht als Polizist ausnutzte», sagte er in einem Interview 2016. Deshalb zog er vor Gericht und verklagte die New Yorker Polizisten. Er einigte sich später mit den Angeklagten auf 4 Mio. Dollar Schadenersatz.
Auch darüber hinaus trat Sefolosha immer wieder gegen Rassismus ein. So äusserte er Sorgen darüber, dass das Problem immer grösser wird, nachdem ein Fan der Utah Jazz, wo der Schweizer zu dem Zeitpunkt spielte, Russell Westbrook rassistisch beleidigt hatte. Nach dem Mord an George Floyd im letzten Jahr, sprach Sefolosha darüber, dass auch er an Floyds Stelle hätte sein können. Es sei Zeit zu handeln und für Gerechtigkeit zu kämpfen, sagte der Basketballer gegenüber CNN.
I know first-hand the pain of being mistreated due to the color of my skin. I’ve joined my brothers @thenbpa & @dovemencare & proud to join #CommitToCARENow in the pledge & work to change the way Black men are perceived & treated. Go to https://t.co/xBAat9VyeS #DoveMenCare #AD pic.twitter.com/r5b84dl0Jd
— Thabo Sefolosha (@ThaboSefolosha) December 7, 2020
Sefolosha spielte noch für die Atlanta Hawks, die Utah Jazz und die Houston Rockets, wo er gemeinsam mit Clint Capela auf dem Feld stand. So weit wie mit den Thunder 2012 schaffte er es nicht mehr, doch trotzdem schafften seine Teams jede Saison die Playoffs. In Atlanta und Utah erlebte er noch einige gute Jahre und defensiv nahm er noch immer positiven Einfluss auf das Spiel.
In den letzten beiden Jahren war er dann aber nur noch selten in wichtigen Momenten auf dem Platz. Da er sich dagegen entschied, mit den Rockets nach Orlando zu reisen, wo die NBA nach der Coronapause die Saison fortsetzte und die Playoffs durchführte, stand der Vater zweier Kinder am 8. März 2020 zum letzten Mal auf einem NBA-Court. Es bleiben die Erinnerungen an 14 Jahre in der besten Basketballliga der Welt, in denen sich Thabo Sefolosha immer mit vollem Einsatz in den Dienst seines Teams stellte.
Mit Material von keystone-sda.
Hoffentlich bleibt Capela noch einige Jahre in der Liga, aber da habe ich wenig Sorgen.