Die Schweizer Leichtathletin Annik Kälin stellt im olympischen Siebenkampf einen neuen Landesrekord auf. Trotzdem verpasst die 24-jährige Bündnerin als Vierte eine Medaille.
Kälin übertraf ihren vor zwei Jahren in München aufgestellten Schweizer Rekord um satte 124 Punkte. Am Ende reichten die 6639 Zähler jedoch nicht für olympisches Edelmetall. Zu Bronze fehlten ihr 68 Punkte.
Am Vormittag hatte sich Kälin dank tollen Leistungen im Weitsprung und mit dem Speer im Zwischenklassement um drei Positionen verbessert. Vor dem abschliessenden 800-m-Lauf lag sie im 3. Rang und konnte sich berechtigte Medaillenhoffnungen machen. Doch die Konkurrenz war nicht weit weg. Nur fünf Punkte Reserve hatte sie auf Noor Vidts aus Belgien, 127 Zähler auf Anna Hall.
Die Amerikanerin war es denn auch, die dem 800-m-Lauf den Stempel aufdrückte und ihn gewann. Vidts belegte Platz 4. Kälin ging das Rennen offensiv an und kam mit neuer persönlicher Bestzeit von 2:11,33 auf Platz 7 ins Ziel. Hall konnte sie in der Endabrechnung hinter sich lassen, Vidts jedoch nicht.
Olympiasiegerin wurde – wie schon 2016 in Rio de Janeiro und vor drei Jahren in Tokio – Nafissatou Thiam. Die Belgierin lief direkt vor Kälin ins Ziel und hatte am Ende 36 Punkte mehr auf dem Konto als die Britin Katarina Johnson Thompson, die über die zwei Bahnrunden Zweite wurde.
Die Schweizer 4x100-m-Staffel der Frauen lief im Olympia-Final auf Platz 6, wurde kurz nach dem Rennen aufgrund eines Fehlers bei der letzten Übergabe aber disqualifiziert. Mit einer Zeit von 42,67 Sekunden hätten dem Quartett um Salomé Kora, Sarah Atcho-Jaquier, Léonie Pointet und Mujinga Kambundji sieben Zehntel zu Bronze gefehlt.
Gold sicherten sich im Regen von Paris wie erwartet die Amerikanerinnen Melissa Jefferson, Twanisha Terry, Gabrielle Thomas und Sha'carri Richardson. Das US-Quartett musste lange kämpfen, verwies aber Grossbritannien und Deutschland auf die weiteren Podestplätze.
Im Final über 400 m Hürden gewann Rai Benjamin das mit Spannung erwartete Duell gegen Karsten Warholm. Der Amerikaner setzte sich nach der Schlusskurve mit grossen Schritten ab und distanzierte den Norweger um satte sechs Zehntel. Er revanchierte sich somit für die Niederlage in Tokio, als sich Warholm vor Benjamin zum Olympiasieger krönte. Das Podest in Paris komplettierte – wie schon vor drei Jahren – der Brasilianer Alison dos Santos.
Die Kenianerin Beatrice Chebet sicherte sich in Paris nach Gold über 5000 m auch den Olympiasieg über die doppelte Distanz. In einem spannenden Finish hielt die Weltrekordhalterin die Italienerin Nadia Battocletti in Schach und kam in 30:43,25 Minuten zehn Hundertstel vor ihrer ersten Verfolgerin ins Ziel. Dritte wurde die Niederländerin Sifan Hassan, die in Tokio noch Gold gewonnen hatte.
Ditaji Kambundji wurde in ihrem Halbfinal über 100 m Hürden Fünfte und ist deshalb ausgeschieden. Die 22-jährige Bernerin lief 12,68 Sekunden, womit ihr 25 Hundertstelsekunden zur Zweitplatzierten Nadine Visser und mindestens 13 Hundertstelsekunden zu einem Lucky-Loser-Platz fehlten. Im Anschluss zeigte sich Kambundji im Interview mit dem SRF nicht wirklich zufrieden: «Die Zeit war sicher nicht schlecht, aber der Lauf war nicht so gut. Ich hätte es sicher besser machen können.»
Die EM-Zweite dieses Jahres hätte durchaus für die erste Schweizer Final-Teilnahme im Hürdensprint bei den Olympischen Spielen sorgen können. Mit der gelaufenen Zeit lag die jüngere Schwester von Mujinga Kambundji 28 Hundertstel über dem eigenen Schweizer Rekord.
Eine grosse Überraschung gab es im Final der 4x100-m-Staffel der Männer. Die grossen Favoriten aus den USA, die aufgrund einer Corona-Erkrankung ohne Olympiasieger Noah Lyles antreten mussten, gingen leer aus. Nach einem Fehler beim ersten Wechsel wurde das US-Quartett disqualifiziert.
Gold ging in einem engen Rennen an die kanadische Staffel. Andre De Grasse, in Tokio Olympiasieger über 200 m, vergoldete die tolle Vorarbeit von Aaron Brown, Jerome Blake und Brendon Rodney und lief nach 37,50 Sekunden über die Ziellinie. Silber sicherte sich mit sieben Hundertsteln Rückstand Südafrika, Bronze ging an das britische Quartett. Italien, vor drei Jahren noch siegreich, musste sich mit Platz 4 begnügen.
Nach Silber vor drei Jahren in Tokio sicherte sich Marileidy Paulino in Paris über 400 m die Goldmedaille. Die Weltmeisterin aus der Dominikanischen Republik distanzierte die Konkurrenz um beinahe vier Zehntel. Mit 48,17 Sekunden realisierte sie einen neuen olympischen Rekord. Nur drei Frauen liefen die Bahnrunde schneller als die 27-Jährige. Silber ging an Salwa Eid Naser aus Bahrain, Bronze sicherte sich die Polin Natalia Kaczmarek.
Eine knappe Entscheidung hab es im Dreisprung der Männer. Mit seinem ersten Versuch erreichte der gebürtige Kubaner Jordan Alejandro Diaz Fortun, der seit kurzem für Spanien antritt, 17,86 m - eine Weite, die weder er noch ein anderer Athlet mehr erreichte. Am nächsten kam ihm ein anderer Iberer. Der Portugiese Pedro Pichardo verpasste nach Gold in Tokio den erneuten Triumph um lediglich zwei Zentimeter. Der Italiener Andy Diaz Hernandez komplettierte das rein europäische Podest.
Nicht die Chinesin Gong Lijiao, Olympiasiegerin von Tokio, nicht Qualifikationssiegerin Sarah Mitton aus Kanada: Die Deutsche Yemisi Ogunleye gewann überraschend den Wettkampf der Kugelstösserinnen. Die Qualifikation erst dank ihrem letzten Versuch überstanden, landete ihr letzter Versuch im Final bei exakt 20 m.
Weiter stiess die Kugel keine Athletin. Ogunleye überflügelte die Neuseeländerin Maddison-Lee Wesche um 14 Zentimeter. Dritte wurde die Chinesin Song Jiayuan. Lijiao (5.) und Mitton (12.) gingen leer aus. Für Deutschland war es das erste Gold im Kugelstossen seit Astrid Kumbernuss 1996 und für Ogunleye nach Platz 3 bei der EM der mit Abstand grösste Erfolg ihrer Karriere.
Die Schweizer 4x400-m-Staffel der Frauen verpasste die Qualifikation für den Final deutlich. Das Quartett mit Giulia Senn, Julia Niederberger, Annina Fahr und Yasmin Giger belegte in der ersten von zwei Serien Platz 7. Mit der Zeit von 3:29,75 lagen die vier Schweizerinnen fast vier Sekunden über dem nationalen Rekord, den Lea Sprunger, Silke Lemmens, Rachel Pellaud und Giger im Vorlauf an den Spielen vor drei Jahren in Tokio aufgestellt hatten. In Paris reichte es den vier Läuferinnen in der Endabrechnung zu Rang 14 unter 16 Nationen. (nih/sda)
Gratulation zum 4. Platz. Grossartig