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Olympia 2024

Brittney Griner: Vom russischen Gefängnis zum Olympiasieg

PARIS, FRANCE - AUGUST 11: Brittney Griner of United States looks at her gold medal after winning the Women s Gold Medal Game, Game 52, France vs United States of America on day sixteen of the Olympic ...
Von der Gefängniszelle zum Olympiasieg: Brittney Griner hat ereignisreiche Jahre hinter sich. Bild: www.imago-images.de

Vom russischen Gefängnis zum Olympiasieg – die Achterbahnfahrt der Brittney Griner

Die Olympischen Spiele haben auch dieses Jahr viele Geschichten geschrieben. Eine ganz besondere ist diejenige der Basketballerin Brittney Griner, die innerhalb von zwei Jahren von einer russischen Gefangenen zur Olympiasiegerin wurde.
13.08.2024, 14:3613.08.2024, 15:05
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Was die US-Basketballerin Brittney Griner in den letzten zwei Jahren erlebt hat, erinnert an einen Hollywoodfilm – aber an einen, der zu viel Handlung in zu wenig Zeit zu verpacken versucht. Ihre schier unglaubliche Odyssee führte sie über ein russisches Gefängnis in den Olympiahimmel – und irgendwo dazwischen wurde sie Mutter. Aber alles der Reihe nach.

Ihren Anfang nimmt Griners Odyssee am 17. Februar 2022, als die Basketballerin in das Land fliegt, in dem sie Superstar-Status geniesst. Nach dem Saisonende in der Women’s National Basketball Association (WNBA) spielt Griner in dieser Zeit für den russischen Verein Jekaterinburg. Für ihr Engagement beim Verein verdient sie Millionen. Dieses Mal, wenige Tage vor der russischen Invasion in der Ukraine, führt der Weg der Zwei-Meter-Frau vom Flughafen aber nicht wie gewöhnlich in ein Luxushotel, sondern in eine Gefängniszelle.

Griner bei ihrem Prozess im August 2022 in Russland.
Griner bei ihrem Prozess im August 2022 in Russland.

Zehn Monate in der «persönlichen Hölle»

Das Verbrechen, das Griner angelastet wird, ist das Mitführen von zwei Vape-Kartuschen mit 0,7 Gramm Cannabisöl. In den USA ist die Basketballerin, die das Öl laut eigenen Aussagen gegen Schmerzen verwendet, als Cannabiskonsumentin registriert. Dass sie das Öl mit nach Russland mitgenommen hat, wo Cannabis in jeglicher Form illegal ist, sei ein schreckliches Versehen gewesen, betont Griner immer und immer wieder. Dennoch sollte es zehn Monate dauern, bis sie wieder US-amerikanischen Boden betritt.

Wie weitreichend die Folgen des Mitführens von gerade mal 0,7 Gramm Cannabisöl für Griner waren, beschreibt sie in ihrem Buch «Coming Home», das im vergangenen Mai veröffentlicht wurde. Der afroamerikanischen, lesbischen Frau mit androgynen Zügen würde das Leben in den russischen Gefängnissen nicht einfach gemacht. In «Coming Home» schreibt sie von anzüglichen Witzen der Gefängniswärter, die sich nach ihren Genitalien erkundigten und von einer Wärterin, die ihr das Handtuch vom Leib riss und sie fragte, ob sie früher ein Mann war.

Griner bei ihrer Rückkehr in die USA.
Griner bei ihrer Rückkehr in die USA.

Nach zehn Monaten, die Griner mit ihren Mitgefangenen in miserablen hygienischen Bedingungen verbrachte, kam die Erlösung. Der Fall der zu neun Jahren Haft verurteilten Basketballerin hatte schon längst eine politische Dimension angenommen und der US-amerikanische Präsident Joe Biden höchstpersönlich setzte sich für die US-Bürgerin ein. Am 8. Dezember 2022 kam es schliesslich zu einem Gefangenenaustausch – Griner gegen den russischen Waffenhändler Wiktor But. «Es tat mir weh, weil ich wusste, dass ich der Welt eine Waffe übergeben hatte», schreibt Griner in ihrem Buch über die politischen Folgen ihrer Inhaftierung.

Von der Hölle in den Olymp

Seit ihrer Freilassung sind fast zwei Jahre vergangen. Griner mag wieder ein freier Mensch sein, aufgrund der «persönlichen Hölle», die sie in Russland erlebt hatte, ist sie aber vorsichtiger geworden: «Ich werde nie wieder im Ausland spielen, ausser wenn ich mein Land bei Olympia repräsentiere. Sollte ich es in das Team schaffen, wäre es das einzige Mal, dass ich amerikanischen Boden verlasse», sagte sie noch bevor sie für das US-Team selektioniert wurde.

«Es gab eine Zeit, da wusste ich nicht, ob ich je wieder für die USA spielen werde, ob ich überhaupt je wieder Basketball spielen werde.»
Brittney Griner

Plot-Twist: Es laufen die Olympischen Spiele in Paris. Die US-amerikanischen Basketballerinnen greifen nach dem achten Olympiasieg in Serie. Doch die Gegnerinnen aus Frankreich sind hartnäckig, gehen im Final zeitweise in Führung, es ist ein hoch spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen. Am Schluss steht 67:66 auf der Anzeigetafel. Die USA setzen sich hauchdünn durch. Teil des Goldteams: Brittney Griner, die sagt: «Es gab eine Zeit, da wusste ich nicht, ob ich je wieder für die USA Basketball spielen werde, ob ich überhaupt je wieder Basketball spielen werde.»

United States' Brittney Griner kisses her gold medal at Bercy Arena at the 2024 Summer Olympics, Sunday, Aug. 11, 2024, in Paris, France. (AP Photo/Michael Conroy)
Griner bei der Medaillenzeremonie.Bild: keystone

In den vergangenen zwei Jahren wurde Griner von einer dreckigen Gefängniszelle in den Olymp katapultiert. Und als wäre das nicht genug der emotionalen Achterbahnfahrt, brachte Cherelle, die Frau der Basketballerin, wenige Wochen vor den Olympischen Spielen einen Sohn namens Bash zur Welt. «Wenn er älter wird und begreift, dass ich ihn für die Olympischen Spiele verlassen habe, als er drei Wochen alt war, wird er mir das wohl nachtragen», meinte sie nach dem Sieg scherzhaft.

Durch ihre Erlebnisse habe sich ihre Beziehung zum Basketball verändert, erklärt Griner: «Ich glaube, es bedeutet mir heute noch viel mehr.»

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27 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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closer2edit
13.08.2024 15:16registriert September 2023
Der Deal war sowas von Absurd, einen Kopf der Waffenhändlermafia gegen eine Sportlerin zu tauschen.
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Signor_Rossi
13.08.2024 15:10registriert Juli 2015
Voll dufte und dafür läuft jetzt ein Waffenhändler frei herum.
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Hundshalter Leno
13.08.2024 16:13registriert September 2023
Bei Griner bin ich hin und her gerissen. Bei der Betrachtung von ihr als Person geht es immer sehr stark um die vielen bewegenden Aspekte von ihrer Geschichte. Der Vorfall mit der häuslichen Gewalt wird bei ihr, anders als bei anderen Sportlern, immer sehr grosszügig umschifft. Hat für mich ein Geschmäckle.
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