Insgesamt gibt es 28 paralympische Sportarten, 22 davon stehen bei Sommerspielen auf dem Programm, 6 bei Winterspielen. In Paris wird in den nächsten Tagen in diesen Disziplinen um Medaillen gekämpft:
Startberechtigt bei Paralympischen Spielen sind Sportlerinnen und Sportler, die von mindestens einer der folgenden zehn Beeinträchtigungskategorien dauerhaft betroffen sind:
Nicht bei Paralympischen Spielen teilnehmen dürfen gehörlose Menschen oder Empfänger von Organtransplantationen. Diese beiden Gruppen haben ihre eigenen Weltspiele. Auch Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen waren 2004 in Athen und 2008 in Peking zwischenzeitlich nicht zugelassen.
Weil sie sich stärker unterscheiden und weniger klar definierbar sind als körperliche Beeinträchtigungen. Bei den Paralympics ist startberechtigt, wer «signifikant limitierte intellektuelle Fähigkeiten und Defizite im adaptiven Verhalten (konzeptionelles, soziales und praktisches Anpassungsvermögen)» mitbringt. Zudem muss die Beeinträchtigung schon vor dem 18. Lebensjahr aufgetreten sein.
Bekannt ist ein Skandal von den Spielen in Sydney im Jahr 2000. Damals täuschten mehrere Mitglieder des spanischen Basketballteams eine intellektuelle Behinderung vor. Als Resultat wurden diese Kategorien für die folgenden Paralympischen Sommerspiele gestrichen und Spanien fünf Goldmedaillen aberkannt.
Innerhalb der zehn Beeinträchtigungskategorien gibt es noch viele verschiedene Klassen, die sich nach Art und Schwere der Behinderung unterscheiden. Dabei geht es darum – ähnlich wie bei Gewichtsklassen im herkömmlichen Kampfsport –, grösstmögliche Chancengleichheit zu schaffen, damit das sportliche Können und nicht die individuellen Beeinträchtigungen über Sieg oder Niederlage entscheiden.
Die Klassen unterscheiden sich je nach Sportart, respektive nach Auswirkung der Behinderung auf die Ausübung der jeweiligen Sportart. So kann es sein, dass Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen in einer Sportart in der gleichen Kategorie landen.
Die meisten unterschiedlichen Klassen gibt es in der Leichtathletik, wo in Paris alleine auf der Bahn in 29 verschiedenen Kategorien gerannt oder gefahren wird. Dazu kommen weitere Klassen bei den Sprung- und Wurfdisziplinen.
Bezeichnet werden die verschiedenen Klassen mit einer auf den ersten Blick oft verwirrenden Kombination aus Buchstaben und Zahlen. Diese sind jedoch einfach erklärt: Der Buchstabe steht für die Sportart – zum Beispiel T für Leichtathletik auf der Bahn (Track). Die Nummer steht sportartenübergreifend für die Art und Schwere der Beeinträchtigung. So geben Zahlen zwischen 1 und 10 eine physische Beeinträchtigung an, Zahlen zwischen 11 und 13 eine visuelle Behinderung. Je kleiner die Zahl, desto stärker die Beeinträchtigung. Je nach Sportart kann es leichte Variationen geben.
Eine Klassifizierung von einzelnen Sportlern kann sich über die Jahre auch ändern, wenn sich die Behinderung verändert oder der internationale Verband die Kriterien neu definiert.
Die zehn unterschiedlichen Arten der Beeinträchtigung (Punkt 2) wurden vom Internationalen Paralympischen Komitee (IPC) definiert. Jede Sportart hat dann noch ein eigenes, spezifisches Klassifizierungssystem, für das der jeweilige internationale Verband zuständig ist. So hat etwa der Internationale Tennisverband (ITF) die Kriterien für die Teilnahme am paralympischen Rollstuhltennisturnier erstellt.
Die Klassifizierung läuft in drei Schritten ab. Zuerst wird abgeklärt, ob der Sportler oder die Sportlerin eine «klassifizierbare Beeinträchtigung» hat. Dann wird untersucht, ob die Beeinträchtigung den Mindestanforderungen für eine Paralympics-Teilnahme (insbesondere auch in der jeweiligen Sportart) entspricht. In einem dritten Schritt wird dann die Startklasse innerhalb der jeweiligen Sportart bestimmt. Bei diesen Tests dürfen die Athleten eine Begleitperson und einen Übersetzer mitnehmen.
Es sind Experten aus Sportwissenschaft, Medizin und Physiotherapie, die die Sportler und deren Beeinträchtigungen einschätzen.
Wo es ein kompliziertes System gibt, sind Menschen, die versuchen, dieses auszunützen, selten weit. Immer wieder gibt es Vorwürfe, dass es Sportler gibt, die eine schwerere Behinderung vortäuschen, um einen körperlichen Vorteil gegenüber der Konkurrenz zu haben.
Die Schweizer Parasport-Legende Heinz Frei schlug dieser Tage in der «Sonntagszeitung» Alarm: «Bei den Klassifizierungen wird unseriös gearbeitet.» Es würden Klassen gewechselt und alte Krankenakten vernichtet. Frei sprach von Teamärzten, die bescheinigen, dass Lähmungen mehr Körperstellen betreffen, als das tatsächlich der Fall sei.
Bei den offiziellen Tests könne man sich absichtlich dumm anstellen. «Ein Handbike-Sieger der Spiele 2016 startet nun in einer anderen Kategorie – alle anderen werden chancenlos sein. Er ist kein Einzelfall. Das ist Klassifikationsdoping, eine echte Sauerei», sagte der 66-Jährige, der selbst 15 Mal paralympisches Gold gewonnen hat.
Auch der US-Amerikaner David Berling, selbst Paralympics-Teilnehmer im Handbike, bestätigt das. Nach den Rennen in seiner Klassifizierung habe es Athleten gegeben, die aufgestanden und davongelaufen seien. «Ihre Lähmungen waren so minimal, dass sie aufs Podest steigen konnten.» Die Gegner hätten Behinderungen vorgetäuscht, die sie im Alltag gar nicht beeinträchtigen.
Mittlerweile wurde ein neuer Klassifizierungskodex entwickelt, der ab 2025 international, für die Paralympics aber erst nach den Winterspielen 2026 in Kraft treten soll. Ob dem Klassifizierungs-Doping so ein Riegel vorgeschoben werden kann, wird sich weisen.