Er war als Erster da. Gianmarco Tamberi eilte besorgt zu Mutaz Essa Barshim. Der ist nicht nur sein Kontrahent, nicht nur sein gewöhnlicher Freund, sondern sie seien «wie Brüder», wie Tamberi einst betonte.
Barshim sass auf dem Rasen des Stade de France, Schmerzen plagten ihn, er griff sich an die linke Wade. Der dreifache Hochsprung-Weltmeister aus Katar musste seinen Versuch gemäss Angaben des Leichtathletik-Weltverbands wegen eines Krampfs abbrechen.
Tamberi hatte in der Qualifikation am Mittwochvormittag ebenfalls bange Momente zu überstehen. Die Höhen von 2,20 m und 2,24 m schaffte er zwar im ersten Versuch, doch über 2,27 m riss er drei Mal. Um sicher im Final (Samstag, 19 Uhr) zu sein, waren 2,29 m gefordert.
Letztlich gelang dem Italiener die Final-Qualifikation – weil niemand höher als 2,27 m sprang. Zu jenen Athleten gehört auch Mutaz Essa Barshim. Er konnte den Wettkampf fortsetzen, griff sich aber nach dem erfolgreichen Sprung umgehend wieder ans linke Bein.
Bei Tamberi war nachvollziehbar, weshalb es nicht höher hinaus ging. Denn noch am Sonntag lag er wegen eines Nierensteins im Spital. «Drei Tage vor dem Wettkampf, für den ich alles geopfert habe, finde ich mich jetzt hilflos im Bett wieder mit 38,8 Grad Fieber», meldete er. Mit Verspätung reiste er nach Paris, doch eine optimale Vorbereitung sieht natürlich anders aus.
«Ich kann nicht sagen, dass es mir gut geht», meinte der 32-jährige Tamberi bei «Eurosport». Er habe sich wirklich nicht wohlgefühlt. «Aber die Qualifikation ist geschafft, das ist das Wichtigste.»
Die beiden Hochspringer rückten an den Olympischen Spielen in Tokio vor drei Jahren ins Rampenlicht. Damals entschieden sie, den Sieg nicht auszuspringen, sondern beide gemeinsam Olympiasieger zu werden. «Können wir beide Gold haben?», fragte Barshim den Funktionär. Sie konnten.
Tamberi erlitt an den Spielen in Paris bereits vor der Qualifikation einen ersten Dämpfer. Er war als Italiens Fahnenträger bei der Eröffnungsfeier dabei und verlor während der Zeremonie auf der Seine seinen Ehering.
«Es tut mir leid, meine Liebe, es tut mir so leid», schrieb er an seine Ehefrau Chiara Bontempi gerichtet. Und er schrieb – noch vor dem Vorfall mit dem Nierenstein – weiter: «Möge es ein gutes Omen sein, mit einem grösseren Gold nach Hause zurückzukehren.»