Erst einmal zum wichtigsten Punkt: Die Sportart, die heute an den Olympischen Spielen Premiere feiert, heisst Breaking oder B-Boying bzw. B-Girling. Der Ausdruck «Breakdance» wird von den Leuten, die den Sport und vor allem die Kunst betreiben, nicht gerne gehört. Den Grund liefert unter anderem der legendäre B-Boy «Crazy Legs», der im Breaking Pionierstatus geniesst: «Breakdance ist ein Begriff der Medien!»
Damit beschreibt er die Tatsache, dass der Begriff «Breakdance» von Aussenstehenden erschaffen wurde, als diese auf das Breaking aufmerksam wurden. Breaker selbst würden ihren Stil jedoch nie in Verbindung mit dem Wort «Dance» bringen. Weil es aber durch die Medien bekannt wurde, kennen viele den Tanzstil nun als Breakdance, an den Olympischen Spielen wird aber korrekt von Breaking gesprochen. Betreiben tun diesen die B-Boys und B-Girls – Breaker gilt im aus der USA stammenden Breaking als der geschlechtsneutrale Begriff.
Was es sonst noch zum Breaking an Olympia 2024 zu wissen gibt, erfährst du hier.
Bei den B-Girls geht es bereits am heutigen Freitag um 16 Uhr mit der Gruppenphase los. In den vier Vierergruppen werden dann bis ca. 18.45 Uhr je sechs Battles – also jede gegen jede – ausgetragen. Um 20 Uhr geht es mit den Viertelfinals weiter, der grosse Final steht um 21.29 Uhr auf dem Plan.
Der Zeitplan bei den Männern sieht genau gleich aus. Nur finden die Battles alle am Samstag statt. Als Austragungsstätte dient an beiden Tagen der Place de la Concorde.
Beim Breaking handelt es sich um einen Tanzstil mit vier Kernelementen:
Entstanden ist es in der Bronx als Teil der Hip-Hop-Bewegung in den 1970er-Jahren. Vorwiegend Schwarze und Lateinamerikaner verwendeten Breaking als Ausdrucksform. Es ist daher auch eines der vier Elemente des Hip-Hops, neben dem DJ-ing, dem MC-ing (Rap) und dem Graffiti-Writing. Von dem New Yorker Stadtteil eroberte es die Welt, bis es nun erstmals Teil der Olympischen Spiele ist.
In der Gruppenphase gibt es jeweils zwei Runden pro Battle, in der K.o.-Phase sind es dann drei. In jeder Runde haben die Gegnerinnen jeweils 60 Sekunden Zeit, um zu der vom DJ ausgewählten Musik zu performen. Die Musik kennen die Breaker im Vorhinein nicht. Es gilt trotzdem, die Tanzschritte und Moves möglichst gut auf die Musik abzustimmen – ob man diese nun kennt oder nicht.
Die Battles werden jeweils von neun Jurorinnen und Juroren – genannt Judges – bewertet. Kriterien sind Technik, Moves, Ausführung, Musikalität und Kreativität. Dabei kürt jeder Judge eine Siegerin oder einen Sieger. Der klarste mögliche Erfolg ist also ein 9:0, der knappste ein 5:4.
Wie bereits angetönt, sind die 16 B-Girls und 16 B-Boys jeweils in vier Vierergruppen aufgeteilt, wobei es bei den Frauen noch eine Vorausscheidung zwischen India aus den Niederlanden und Talash aus dem olympischen Flüchtlingsteam um den letzten Platz in der Gruppe B gibt. Danach tritt jeder Breaker einmal gegen jeden Gegner aus der Gruppe an, wodurch jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer mindestens drei Battles absolviert.
Die Gruppenersten und -zweiten kommen in die K.o.-Phase, wo in Viertelfinals, Halbfinals und Finals die Medaillengewinner ausgemacht werden. Es funktioniert also eigentlich wie bei einer Fussball-Europameisterschaft, als diese noch mit 16 Nationen ausgetragen wurde.
Das kann kurz und schmerzvoll beantwortet werden: nein. Auch aus den anderen deutschsprachigen Ländern hat es niemand an die Olympischen Spiele geschafft, was zumindest im Falle von Deutschland eine grosse Enttäuschung darstellt.
Besonders anfänglich sahen die Aufnahme für die Olympischen Spiele 2024 in Paris viele Leute in der Szene kritisch. Die Angst bestand, dass mit Breaking etwas institutionalisiert werde, was nicht institutionalisiert werden kann oder sollte. So sagte beispielsweise der deutsche Breaker Carl Ferdinand Beccard zur Süddeutschen Zeitung: «Bei Olympia gibt es dann wahrscheinlich so was wie eine Liste und die Jury setzt Häkchen, was alles erfüllt werden muss – das nimmt die Kreativität raus.»
Auch sonst herrschte Skepsis, dass möglicherweise gewisse Tanzschritte und Moves als schwieriger eingestuft würden – ähnlich wie beim Kunstturnen, wo jede Übung eine Schwierigkeitsnote erhält – und deshalb von vielen Olympia-Teilnehmerinnen und -Teilnehmern in ihre Performance eingebaut würde.
Diesen Kritikpunkten konnten die Verantwortlichen aber wohl entgegenwirken, indem es einerseits keine Punkte gibt, sondern jedes Battle individuell betrachtet wird. Ausserdem kommen die Judges aus der Breaking-Szene und haben mehrheitlich selbst Battle-Erfahrung.
Dennoch sagt Jeffrey Louis, der für die USA als Jeffro teilnimmt: «Es ist schwierig, den Bewertungen zu trauen. Obwohl es so objektiv wie möglich gestaltet wird, ist es immer noch subjektiv. Man bewertet Kunst, die in einen Sport transformiert wurde.» Jedoch orientiert sich der Wettbewerb an Olympia an bereits etablierten Breaking-Wettkämpfen wie der Weltmeisterschaft.
2028 in Los Angeles wird es nicht dabei sein. Sollte Breaking in Paris aber für Spektakel sorgen, könnte es 2032 in Brisbane wieder zur olympischen Sportart werden. Das Ziel des IOC, auch jüngere Zuschauerinnen und Zuschauer anzuziehen, könnte es in jedem Fall erfüllen.