Am Montag hat sein Herz zu schlagen aufgehört. Knapp zwei Tage lang haben die Ärzte in der Madrider Klinik «Gregorio Marañon» vergeblich um das Leben von Alfredo di Stefano gekämpft. Ausgerechnet in den Tagen der Entscheidung der WM in Brasilien ist einer der besten Fussballer aller Zeiten im Alter von 88 Jahren gestorben. Den dritten Herzinfarkt innerhalb von neun Jahren hat der gebürtige Argentinier nicht überlebt.
Spanien trauert, Argentinien trauert, die Fussballwelt trauert. Alfredo di Stefano hat in seiner Karriere mit River Plate, Millionarios Bogota, Real Madrid und Argentinien 25 Titel gewonnen. Er war Meister in Argentinien, Kolumbien und Spanien, er gewann mit seinem Geburtsland die Copa America und vor allem holte er mit Real Madrid fünfmal in Folge den Meistercup (1956 bis 1960).
Er war achtmal Torschützenkönig und zweimal Europas Fussballer des Jahres. Er war zusammen mit Ferenc Puskas der Star der Fünfzigerjahre, die erste Ikone des Fussballs, ehe Grössen wie Pele, Eusebio, Franz Beckenbauer, Johan Cruyff, Diego Maradona, Zinédine Zidane, Ronaldo, nochmals Ronaldo und Lionel Messi seine Nachfolger wurden.
'Ningún jugador es tan bueno como todos juntos'. Don Alfredo Di Stefano: http://t.co/cjwVlwUbdP pic.twitter.com/XtQr77J8YM
— Valencia CF (@valenciacf) 7. Juli 2014
Der Fussball war alles für Di Stefano. Und ohne seine Tore war der Fussball nichts. Fussball spielen wollte er – und Tore schiessen. «Fussball ohne Tore ist wie ein Tag ohne Sonne», hatte er stets gesagt. So erstaunt es nicht, dass Di Stefano die Hauptfigur war im bisher torreichsten Meistercup- bzw. Champions-League-Final der Geschichte. 1960 gewann Real Madrid gegen Eintracht Frankfurt 7:3. Drei Treffer schoss Di Stefano, die anderen vier, erzielt von Puskas, bereitete er vor. Bis heute hat kein Spieler in Meistercup-Endspielen mehr Tore gemacht als Di Stefano (insgesamt 7).
Doch Di Stefano war immer mehr als bloss ein ganz grosser Fussballer. Er sei «der erste Mensch gewesen, den der Fussball zum globalen Medienereignis gemacht hat», schrieb einst die «Süddeutsche Zeitung» über ihn. Wobei Di Stefano bisweilen mehr war als ein Medienereignis. Sein Name war so gross, dass mit ihm sogar Politik betrieben wurde. Als sich seine Karriere 1963 dem Ende zuneigte, wurde er in Venezuela von der linksextremen Gruppe «Fuerzas Armadas de Liberacion Nacional» für drei Tage entführt. Die Kidnapper nannten ihre Aktion «Grimau». Nach dem spanischen Kommunisten Juan Grimau Garcia, der während der Diktatur von Francisco Franco hingerichtet worden war.
Es war nicht das erste Mal, dass Diktator Franco im Leben von Di Stefano eine Rolle spielte. Zehn Jahre zuvor stand Di Stefano kurz vor dem Transfer von Millionarios zum FC Barcelona. Er trainierte bereits mit den Katalanen, als der Wechsel doch noch platzte und Di Stefano einen Vertrag bei Real Madrid unterschrieb. Für die Menschen in Katalonien ist noch heute klar, dass Franco bei diesem Transfer die Finger mit im Spiel hatte, um den abtrünnigen Katalanen vor dem Glück zu stehen. Wie auch immer: Mit Di Stefano kehrte der Erfolg zu den «Königlichen» zurück. Nach 21 Jahren ohne Titel, wurde Real mit seinem Star auf Anhieb Meister und holte in den folgenden zehn Jahren sieben weitere Male die spanische Meisterschaft.
Di Stefano hat eigentlich fast alles erreicht als Spieler. Nur etwas blieb ihm verwehrt. Kein einziges Mal konnte er bei einer WM-Endrunde dabei sein. 1958 hatte sich Spanien, für das er 31 Länderspiele bestritt, nicht für die WM qualifiziert, 1962 war Di Stefano verletzt. Auch für Argentinien (6 Länderspiele) und Kolumbien (1) nahm er nie an einer WM teil.
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— Real Madrid C. F. (@realmadrid) 7. Juli 2014
Als Trainer konnte Di Stefano nicht mehr gleich viele Erfolge feiern wie als Spieler. Zwar wurde er mit Boca Juniors, River Plate und Valencia dreimal Meister und holte mit dem spanischen Klub auch den Cup der Cupsieger (1980), doch mit seiner grossen Liebe, Real Madrid, reichte es dreimal nur zu zweiten Plätzen.
Seiner Popularität tat dies in der spanischen Hauptstadt keinen Abbruch. Seit 2000 war er Ehrenpräsident von Real und 2007 wurde vor den Toren der «Ciudad Deportiva», dem Trainingszentrum des Vereins, eine Bronzestatue von ihm errichtet. Sie zeigt Di Stefano beim Torjubel. Damit die Junioren immer vor Augen haben, worum es beim Fussball geht. Um Tore nämlich. Denn Di Stefanos Leitspruch war immer: «Fussball ohne Tore ist wie ein Tag ohne Sonne.» (si/fox)