Bild: ARND WIEGMANN/REUTERS
FIFA-Sponsoren fordern Blatter-Rücktritt: Wie viel Heuchelei, Dreistigkeit, Ahnungslosigkeit, Feigheit und Dummheit wird uns noch zugemutet?
Mit globaler Medienwirksamkeit fordern grosse   Geldgeber den Rücktritt des grossen FIFA-Vorsitzenden Sepp   Blatter. Gleich aus sieben Gründen eine Torheit   sondergleichen:
Erstens ist es Heuchelei
Jene, die das System FIFA, wie   wir es heute kennen, durch die Zahlung von Millionen   erst möglich gemacht haben, fordern den Rücktritt des   Mannes, den sie jahrelang hofiert haben. Diese Firmen   sind ein Teil des Problems. Kein Schelm, wer fragt, ob   es wohl bei der Unterzeichnung der millionenschweren   Werbeverträge nie ein «Kickback» gegeben hat – also   eine Zahlung unter dem Tisch an jene, die diese   Millionen bewilligt haben.
Bild: Getty Images Europe
Zweitens ist es Dreistigkeit
Ein ungeschriebenes Gesetz   sagt, dass sich Sponsoren nicht einmischen sollten. Und   wenn, dann diskret. In Vieraugengesprächen. Wer   öffentlich Forderungen erhebt, missachtet das Prinzip   der Gewaltentrennung zwischen Werbung und Sport   und zeigt, dass man sich nicht an Spielregeln hält und   dreist und respektlos Einfluss nimmt, wo man sich   zurückhalten sollte. Und dazu kommt: Wer einen   Rücktritt fordert, sollte auch eine Lösung präsentieren.
Drittens ist es mangelnde Professionalität
Wer  zweistellige Millionenbeträge in ein Sponsoring   investiert und hinterher öffentlich Forderungen stellt,   hat zuvor nicht sorgfältig geprüft, mit wem er sich da   eingelassen hat. Das ist höchst unprofessionell, ja,   mangelnde Sorgfaltspflicht.
Viertens ist es billig
Die Sponsoren, die den Rücktritt   des FIFA-Präsidenten fordern, sind weltweit   operierende Milliarden-Konzerne. Sie sind also in   verschiedensten Ländern und Kulturen tätig. Kein   Schelm, wer fragt, ob es denn nicht andere,   berechtigtere Rücktrittsforderungen gäbe. Immerhin   sei angemerkt, dass die FIFA trotz allem keine Steuern   erhebt, keine Steuergelder verprasst, keine Kriege   führt, keine Menschen unterdrückt, keine Revolutionen   anzettelt und nirgendwo Gewalt ausübt.
bild: mcdonalds
Fünftens ist es feige
Wenn grosse Sponsoren mit dem  Wesen und Wirken der FIFA nicht mehr einverstanden   sind – dann sollen sie die Geschäftsbeziehung beenden.   Punkt. Dass dies nicht passiert, hat nicht primär   juristische, vertragstechnische Gründe. Vielmehr ist es   Feigheit: Wer jetzt den Mut hat, auszusteigen, überlässt   anderen eine weltweite Werbeplattform. Das will dann   doch niemand riskieren. The Show must go on.
Sechstens ist es Ahnungslosigkeit
Wer öffentlich einen   Rücktritt fordert, sollte dies nur tun, wenn klar ist, dass   dieser Rücktritt auch erfolgt. Passiert nichts, entlarvt   man sich als machtlos – und ahnungslos. Und   entlarvend ist auch, dass sich weltweit operierende   Milliardenkonzerne offenbar mit einem unseriösen   Geschäftspartner eingelassen haben. Dass diese   Manager der Milliardenkonzerne ahnungslos waren.   Das ist noch schlimmer als fehlende Professionalität.   Kein Schelm, wer fragt, ob sich nicht dieser oder jene   Herr diese Ahnungslosigkeit bezahlen liess.
Bild: Thanassis Stavrakis/AP/KEYSTONE
Siebtens ist es ganz einfach schiere Dummheit
Sehr  viele Menschen wissen gar nicht, wer die FIFA   finanziert und wer über diese Organisation Werbung   macht. Immer wieder fördern Umfragen rund um WM-Turniere eine erstaunliche Unwissenheit des Publikums   zu Tage. Mit diesen Rücktrittsforderungen machen die   Sponsoren darauf aufmerksam, dass sie mit der FIFA   zusammenarbeiten und der Name wird in einem Zug   mit dem FIFA-Skandal genannt. Das kann nicht im Sinne   der hochbezahlten PR-Strategen sein.
Das Gebot der Stunde ist für die grossen FIFA-Geldgeber ein anderes: Schweigen und sich schämen –   und die Konsequenzen ziehen, wenn alles vorbei ist.



