Auf der Fahrt von Garmisch Richtung Berner Oberland hat Daniel Yule ein weiteres Mal registriert, wie trostlos dieser Winter ist. «Überall weisse Streifen», sagt er.
Schneesport findet zwar vielerorts noch statt. Aber nur auf schmalen Schneebändern, inmitten von grünbraunen Wiesen. «Ich glaube, dieses Jahr ist es besonders krass», sagt Yule. Es scheint so, als hätte sich alles ein wenig verschärft. Schon im Juli hatten die Schweizer Skirennfahrer Probleme, als der Sommer-Skibetrieb in Zermatt geschlossen werden musste.
Yule, 29, beschäftigt sich nicht nur am Rande mit dem Klimawandel. In seiner Rolle als FIS-Athletensprecher hielt er selten mit seiner Meinung zurück. Das Amt hat er mittlerweile wegen Zeitmangels abgegeben. Doch die Zukunft des Skirennsports beschäftigt ihn nach wie vor. «Ich mache mir Sorgen», sagt er.
Er meint es ernst, gewonnenes Preisgeld hat er auch schon an eine Umweltorganisation gespendet. Doch Yule sagt auch, wohl stellvertretend für viele Athleten im Skizirkus: «Es ist ein Dilemma. Ich muss versuchen, dieses Thema auszublenden, um Leistung zu bringen. Wenn es heisst, es findet ein Rennen in Adelboden statt, dann komme ich nach Adelboden und fahre dieses Rennen.»
Im Teamhotel der Schweizer Athleten am Freitagabend lässt Yule auch durchblicken, dass er nicht viel davon hält, Athleten in die Pflicht zu nehmen. Über Sinn und Unsinn von Skirennen bei unwinterlichen Verhältnissen müssten andere befragt werden. «Es ist schwierig, den Athleten eine grosse Verantwortung zu geben, wenn in den oberen Stufen keine Verantwortung übernommen wird. Diese Fragen müsste man bei Swiss-Ski oder bei der FIS stellen.»
Renndirektor Markus Waldner gab die Stossrichtung der FIS bereits Mitte Woche in Garmisch klar durch: «Solange es nicht gefährlich ist, wird gefahren. Es steht zu viel auf dem Spiel.» Waldner wird vor allem auch ökonomische Aspekte gemeint haben.
Yule muss in Adelboden auch nicht grundsätzliche Probleme lösen. Er wäre zufrieden, wenn er resultatmässig in ähnliche Sphären vordringen könnte, in denen er sich vor drei Jahren bewegte. Im Januar 2020 gewann er den Slalom am Chuenisbärgli und sorgte für ein ausgelassenes Skifest. Es war der erste Schweizer Sieg seit 2008. Voller Adrenalin brüllte Yule im Zielraum «This is my house!» und schrieb eine Episode der Schweizer Sportgeschichte.
Die Bilder von damals schaut er sich immer wieder an. «Manchmal im Sommer, wenn ich harte Trainingstage habe», sagt er. «Dann bin ich mir wieder bewusst, wozu ich den ganzen Aufwand leiste.»
Zwei Wochen nach dem Triumph von Adelboden siegte er auch in Kitzbühel. Doch dann breitete sich die Pandemie aus und der Ski-Weltcup wurde vor dem Weltcupfinal abgebrochen. Daniel Yule fand sich plötzlich in einer Baisse wieder. Im darauffolgenden Winter passte nicht mehr viel zusammen. Nur dreimal schaffte er es in die Top Ten, aber nie aufs Podest. «Ich hatte einige Probleme mit dem Material. Zudem beschäftigte mich die Coronasituation sehr. Ich habe es viel lieber, wenn es so ist wie jetzt, wenn viele Leute da sind.»
Yule arbeitete sich wieder zurück. In der letzten Saison kamen die Podestplätze wieder, in dieser Saison stand er nach dem Slalom von Madonna di Campiglio erstmals wieder zuoberst. Auf dem Niveau von Januar 2020 sei er aber noch nicht, sagt Yule. «Damals war ich so im Flow. Ich wusste, dass ich bloss runterfahren muss, um schnell zu sein.» Die Teamkollegen beeindruckt er trotzdem mit seinen jetzigen Leistungen. Luca Aerni sagt: «Vor der Saison war er nicht gerade der Schnellste. Als die Rennen kamen, war er dennoch vorne mit dabei. Sein 4. Platz von Garmisch beeindruckte mich fast noch mehr als sein Sieg in Madonna, weil die Verhältnisse so schwierig waren.»
In Garmisch war die Piste schwer zu befahren. Der Brite Dave Riding bezeichnete den Sulzschnee in der deutschen Skistation als Porridge, als Haferbrei. Die Chance, dass die Piste in Adelboden besser sein wird, schätzt Yule nur auf 50 Prozent. «Es hängt davon ab, wann am Sonntag das schlechte Wetter kommt.» Er sei aber für alle Verhältnisse gerüstet. Es bleibt in diesem Winter nichts anderes übrig, als sich auf alles einzustellen. (aargauerzeitung.ch)
Ansonsten hätten sie das Rennen nicht mitverfolgt und schon gar nicht besucht…
Solange die Gelder fliessen übernimmt keiner Verantwortung…