Was für eine Sensation! Die Super-Kombination in Wengen endet so, wie das nun wirklich niemand erwartet hätte. Der 21-jährige Zürcher Niels Hintermann ist in einem vom Wetter beeinflussten Rennen der Glücklichste und feiert bei seinem 12. Weltcup-Start völlig überraschend den ersten Sieg. Sein bisher bestes Resultat war ein 21. Rang in der letztjährigen Abfahrt von Chamonix.
Hintermann belegte nach dem Slalom nur Rang 23, doch in der nachfolgenden Abfahrt beginnt es unmittelbar nach ihm wieder zu schneien. So blieben die besten des Slalom-Laufs vom Morgen chancenlos. «Ich bin überglücklich, mir fehlen die Worte. Ein Kindheitstraum ist wahr geworden», freute sich Hintermann, der die Kombination mit der Startnummer 51 in Angriff genommen hatte.
Dass Hintermann bald ein Weltcup-Rennen gewinnen würde, damit hat auch er nicht gerechnet. Als Zürcher wurde er von den «Berglern» lange nicht ernst genommen. «Es braucht einen starken Willen, wenn man es als Unterländer im Skisport zu etwas bringen will», sagte der Embracher unlängst der NZZ.
Das erging schon Peter Müller und Urs Lehmann so. Beide etablierten sich aber im Weltcup und wurden später sogar Abfahrts-Weltmeister. Das ist natürlich auch Hintermanns grosser Traum. Mit einer Körpergrösse von 1,89 Meter und 94 Kilogramm Kampfgewicht verfügt er über beste Vorraussetzungen.
Als Knirps wurde Hintermann von seinem Vater trainiert, der schon Urs Lehmann den Weg in die Kader von Swiss Ski geebnet hatte. Schon mit 10 Jahren verliess er das Elternhaus in Hausen am Albis, um im österreichischen Schruns die Skihauptschule zu besuchen. Mit 14 folgte der nächste Schritt ins Ski-Gymnasium von Stams. Erst als Jugendlicher kehrte er in die Schweiz zurück: In Engelberg besuchte Hintermann die Hotelfachschule, er wird im Sommer seine KV-Lehre abschliessen.
Daneben heisst es stets: Training, Training, Training. Hintermann wird für seine Beharrlichkeit bald belohnt. Der Instinkt-Skifahrer mit Abfahrer-Gardemassen kämpft sich über die Selektionsrennen im Riesenslalom in den Weltcup und bereits im zweiten Einsatz holt er seine ersten beiden Weltcuppunkte: Ende Dezember 2015 wird er in der Abfahrt von Val Gardena 29. Im Europacup läuft es weniger gut, weil die Strecken für ihn dort zu einfach sind. Erst einmal stand er in der zweithöchsten Rennstufe auf dem Podest.
«Niels hat viel Gefühl für die Elemente der Abfahrt. Was andere lernen müssen, bringt er von Natur aus mit», sagt Abfahrtstrainer Sepp Brunner in der NZZ über seinen Schützling. Vor allem im technischen Bereich kann und muss sich Hintermann aber noch deutlich steigern.
Ein erstes Ausrufezeichen setzt er im letzten Frühling, als er bei den Schweizer Meisterschaften im Super-G und in der Abfahrt triumphiert – allerdings in Abwesenheit von Carlo Janka, Patrick Küng und Beat Feuz. Nicht einmal ein Jahr später hat es der Unterländer jetzt aber wirklich allen gezeigt. Sein erster Weltcupsieg könnte der Start zu einer wunderbaren Karriere werden, die hoffentlich gekrönt wird wie diejenigen seiner Flachländer-Vorgänger Peter Müller und Urs Lehmann. Nämlich mit WM-Gold in der Abfahrt. (pre/sda)