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Marco Odermatt - der neue Liebling der Nation

Der Schweizer Skirennfahrer Marco Odermatt spricht waehrend einem Interview, anlaesslich der Werbewoche von Swiss-ski am Dienstag, 4. Oktober 2022, in The Hall in Duebendorf. (KEYSTONE/Alexandra Wey)
Marco Odermatt könnte nach Federer der neue Schweizer Sportstar werden.Bild: keystone

Marco Odermatt - der neue Liebling der Nation

Nach dem Rücktritt von Roger Federer schlüpft Skifahrer Marco Odermatt in die Rolle des grössten Schweizer Sportstars. Was diese Rolle so alles mit sich bringt.
15.10.2022, 14:36
Rainer Sommerhalder / ch media
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In einer Woche beginnt auf dem Gletscher hoch über Sölden der Skiweltcup. Die Erwartungen der Skination Schweiz sind unverändert hoch. Bei den Alpinen hiess die sportliche Währung schon immer Podestplätze. «Schweizer Skifahrer enttäuschen» lautete im vergangenen Winter eine Schlagzeile nach dem vierten Platz als Bestresultat in einem Super G.

Von einem Sportler werden gar Wunderdinge erwartet. Marco Odermatt hat mit seinen Leistungen in den letzten beiden Saisons die Messlatte in atemberaubende Höhen geschraubt. Das weiss der 25-Jährige auch selbst. Angesprochen auf seine Ziele für den anstehenden Winter sagt er: «Meine Ambitionen bleiben unverändert hoch. Es wird aber der Zeitpunkt kommen, wo es schlicht nicht mehr besser geht - vielleicht schon in dieser Saison.»

Der Olympiasieger und Gewinner des Gesamtweltcups ist jedoch mehr als einfach ein genialer Skifahrer. Die Kombination von Erfolg, Persönlichkeit und Bodenständigkeit machen den Nidwaldner zu einem der aktuell populärsten Sportler der Schweiz. Und mit jedem Sieg vergrössert sich der Radius seiner Popularität. In der Innerschweiz kennt ihn inzwischen praktisch jedes Kind. In der Schweiz wird «Odi» fast überall erkannt. Und in der am Skisport interessierten Welt wird sein Name immer mehr zur Marke.

Auch Fans von Red Bull lieben Marco Odermatt

Die Popularität lässt sich in vielerlei Bereichen messen. Etwa an der Aufmerksamkeit in den sozialen Medien oder der Herkunft der Fanpost. Bei der Anzahl von Odermatts Followern auf Instagram verhält es sich wie bei seinen Erfolgen als Skifahrer. Die Kurve zeigt steil nach oben. Und die Fanpost kommt heute nicht mehr nur aus Luzern, Zug oder Altdorf, sondern aus praktisch allen Ländern, in denen Skisport populär ist.

Dort wird Odermatt übrigens nicht nur als Schweizer Sportler wahrgenommen, wie sein Manager Michael Schiendorfer verrät. Sondern oft auch als Markenbotschafter von Red Bull oder von Stöckli. Denn auch Skis «made in Switzerland» haben in manchen Kreisen Kultcharakter. Der Energy-Drink aus Österreich und alles, was inzwischen dazu gehört, sowieso.

Switzerland's Marco Odermatt speeds down the course during an alpine ski, men's World Cup giant slalom, in Meribel, France, Saturday, March 19, 2022. (AP Photo/Marco Trovati)
Marco Odermatt im Einsatz.Bild: keystone

Marco Odermatt ist sein Status durchaus bewusst. Auf den Vergleich mit Roger Federer angesprochen, überlegt er kurz und sagt dann: «Das mag im Entferntesten stimmen.» Um in seiner bescheidenen Art anzufügen: «Der Erfolgsdruck bei Roger war aber wohl noch ungleich höher. Schliesslich ist Tennis im Gegensatz zum alpinen Skisport eine Weltsportart.»

Eine Person des öffentlichen Interesses

Es ist kein Geheimnis, dass Federer zu den grossen Vorbildern des Schweizer Skifahrers gehört. Odermatt erlebte dessen Abschiedsvorstellung beim Laver Cup in London live vor Ort. Er betonte auch mehrmals, wie sehr er die Gelassenheit des Tennisstars gegenüber den Konsequenzen seiner Popularität bewundere. Wie Federer beinahe immer und überall in stoischer Gelassenheit die Bedürfnisse der Fans erfüllt.

Marco Odermatt spürt die Nachfrage nach seiner Person inzwischen ebenfalls vielerorts. Er ist ein gefragter Mann bei Sponsoren, bei den Medien, bei den Fans. Dank seiner grossen Effizienz mag er auch hier mehr Bedürfnisse befriedigen als andere Sportler. Dennoch sagt er: «Es ist eine grosse Herausforderung, die Balance zu finden».

Einerseits geniesst der Nidwaldner den Kontakt mit Menschen, ist durchaus auch privat eine sehr nahbare Person. «Ich will der bescheidene Skifahrer bleiben, den man kennt. Deshalb stelle ich mich mental auf die Konsequenzen der Popularität ein,» sagt er. Andererseits möchte er die rare Freizeit voll und ganz seiner Freundin, seiner Familie oder seinen Kollegen widmen. «Also musste ich für mich punkto Privatsphäre Regeln definieren, was ich nicht will.»

Im Restaurant sucht Odermatt den Platz in der Ecke

In der Innerschweiz kann der 25-Jährige kaum mehr unerkannt in ein Restaurant oder durch die Altstadt von Luzern bummeln. Da muss er immer öfters Grenzen ziehen und bestimmt «Nein!» sagen. Etwa, wenn das Essen auf dem Tisch ist oder er in ein Gespräch mit Freunden vertieft ist. «Ich suche im Restaurant inzwischen bewusst einen Platz aus, bei dem ich dem Saal den Rücken zuwende, um nicht erkannt zu werden», sagt der Nidwaldner.

Wichtig ist dem Olympiasieger auch, dass er als Privatperson keine Privilegien einfordern will. So sehr er als Sportler hohe Ansprüche an sein Umfeld und an die Befriedigung seiner Bedürfnisse stellt, so klar möchte er beim Besuch in einer Beiz oder einem Geschäft keine Sonderbehandlung.

Odermatt wird Gesamtweltcupsieger.Video: YouTube/SRF Sport

Als Aushängeschild der wichtigsten Nebensache der Welt stellt sich auch die Frage, wie man sich gegenüber den weniger schönen Ereignissen in der Welt positionieren soll. Wo will und kann Marco Odermatt Stellung nehmen - bei Themen wie Pandemie, Ökologie, Krieg oder Menschenrechten?

Wie verhält sich «Odi »bei Fragen zu Weltthemen?

Roger Federer hielt sich Zeit seiner Karriere vornehmlich zurück. Andere Weltsportler beziehen regelmässig und klar Stellung. Wobei auffallend ist, dass deutsche oder amerikanische Athletinnen und Athleten sich viel mehr zu politischen und gesellschaftlichen Themen äussern als solche aus der Schweiz. Die hierzulande in die Wiege gelegte DNA der Bescheidenheit und Neutralität macht auch vor dem Sport nicht halt.

Marco Odermatt ist grundsätzlich kein Mensch, der nicht klare Meinungen hat und diese auch mit Überzeugung und verständlich kommuniziert. Sein Auftritt bei den Olympischen Spielen beim Training zur Abfahrt, wo er sich nach dem frühzeitigen Abbruch wegen der schwierigen und wechselhaften Windbedingungen im Namen der Fahrer vehement für eine zusätzliche Trainingsfahrt einsetzte, bleibt in guter Erinnerung.

Aber zur Menschenrechtslage in China? «Ich informiere mich über diese Dinge wie die meisten anderen auch über die Medien. Ich fühle mich aber nicht als Spezialist, der Details und Hintergründe kennt. Deshalb will ich mit einer vorschnellen Aussage auch nicht in ein Messer laufen», sagt Odermatt.

Botschafter für Skisport in Saudi-Arabien? Würde geprüft!

Abfahrtskollege Beat Feuz zeigte sich kritisch zu Zukunftsplänen mit Skirennen in China oder zur doppelten Nordamerika-Tour im kommenden Winter. Skirennen sollten primär dort stattfinden, wo sie eine Kultur hätten, sagte der Emmentaler. Wie sieht das Marco Odermatt? «Ich fahre dort, wo die Rennen stattfinden. Schliesslich ist es mein Job und die Entscheidung liegt nicht in meiner Hand.»

Aber Skirennen in der Wüste von Saudi-Arabien, wie es die Scheichs 2029 mit der Durchführung der asiatischen Winterspiele in ihrem Land erstmals im lokalen Rahmen praktizieren wollen? Bei anderen sportlichen Grossanlässen in Arabien wie Fussball-WM, Golfturnieren oder Autorennen waren den Öl-Milliardären nur die Besten ihres Fachs als Botschafter für einen Event gut genug.

Es ist also gar nicht so abwegig, dass Marco Odermatt in Zukunft ein verlockend gutes Angebot als Botschafter für die Asienspiele 2029 ins Haus flattern könnte. Ein absolutes No-Go? Marco Odermatt will nicht per se abwinken, bevor ein solcher Fall überhaupt eintrifft. Und sein Manager erklärt, wie der Entscheidungsprozess ablaufen würde: «Wir schauen die Anfrage an, listen Vor- und Nachteile auf, besprechen das Ganze offen mit Marco, seiner Familie, seinem Umfeld und auch mit dem Verband. Am Schluss entscheidet bei uns immer Marco - allein.»

Manager Schiendorfer, der auch Schwingerkönig Joel Wicki und Zehnkämpfer Simon Ehammer berät, hat auch in dieses Gespür von Odermatt vollstes Vertrauen. Er bereite sich auf alle Auftritte und Entscheidungen sehr gewissenhaft vor und wolle genau informiert sein, in welche Situationen er sich jeweils begebe. Mit der Konsequenz, dass ihn selten etwas überrasche und dass er meistens genau wisse, was zu tun ist. Exakt die Tugenden, die Marco Odermatt auch auf der Skipiste zum Ausnahmekönner machen. (bzbasel.ch)

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3 Kommentare
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Thor Mjölnir
15.10.2022 16:03registriert August 2022
Er fährt sehr gut Ski auf guten Skiern. Aber ihn medial verherrlichen, finde ich falsch. Wenn er Erfolge hat, kann man diese Feiern. Nicht aber zum Voraus. Über alles wirkt er sympathisch. Ich hoffe aber, er hat auch Kanten.
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Wir wünschen euch einen so guten Tag, wie ihn Pep damals beim Training hatte
Du hast schlechte Laune? Führ' dir mal dieses Video von Manchester-City-Coach Pep Guardiola zu Gemüte. Es geht dir dann besser, versprochen.

(Und Pep selbst sollte es vielleicht auch gleich schauen, nachdem er gestern Abend auf ziemlich bittere Art und Weise aus der Champions League ausgeschieden ist und sich emotional gerade in weniger berauschenden Dimensionen bewegen dürfte ...)

Liebe Community,
aktuell kann einem vieles auf die Stimmung schlagen (was soll dieser erneute Wintereinbruch, gopf?! Schnee??? Ernsthaft?
🤬). Aber jetzt bloss nicht den Kopf hängen lassen. Wir haben hier eventuell genau die Dopamin-Spritze, die ihr braucht. Toggi meinte jedenfalls, ihm sei es nach dem Video direkt wieder besser gegangen. «So fühl ich mich amis, und so rede ich zu den Kindern, wenn die mal selber das Zimmer aufgeräumt haben», gab er zu Protokoll.

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