Der Stachel der Enttäuschung sass bei den Schweizer Anhängern nach dem WM-Aus tief. Wohl denen, die vor lauter Trauer nicht auf die Partie Belgien gegen USA verzichtet haben! Das letzte Achtelfinale war die bislang spannendste Partie der K.o.-Phase. Beide Teams suchten ihr Heil in der Offensive.
Während viele Achtelfinal-Partien von eher zurückhaltenden Strategien geprägt waren, lieferten sich Belgien und die USA lange Zeit ein offenes Duell. Der Hauptgrund war recht banal: Beide Teams wagten es, mit mehr Spielern ins Angriffsdrittel aufzurücken als viele andere WM-Teilnehmer.
So nahmen an den amerikanischen Kontern immer fünf oder sechs Spieler teil, während sich auf belgischer Seite die Aussenstürmer sehr hoch postierten. Schon in der ersten Halbzeit konnten beide Teams so schnelle Konter fahren und vor allem auf dem Flügel Lücken in der gegnerischen Formation finden.
Belgien hatte das Spiel etwas stärker unter Kontrolle. Ihr Pressing im Mittelfeld funktionierte sehr gut. Die Mittelfeldspieler schoben immer wieder heraus und verstellten die Zuspielwege ins offensive Zentrum. Dabei orientierten sie sich direkt am Gegenspieler und versuchten, ihre physischen Vorteile im Mittelfeld durchzudrücken.
Die USA tat ihnen den Gefallen und schlug viele lange Bälle, die gegen Belgiens Verteidiger wenig vielversprechend waren. Ab und an konnten die Amerikaner jedoch über die rechte Seite durchbrechen. Hier schoben zunächst Fabian Johnson und später der eingewechselte DeAndre Yedlin weit nach vorne und nutzten Hazards offensive Rolle aus.
Belgien konnte die eigenen Konter gegen die forsch aufrückenden Amerikaner jedoch vor der Pause selten vors Tor bringen. Im letzten Drittel rückten die Aussenstürmer früh ein, sodass Belgien etwas die Breite fehlte. Die Aussenverteidiger hielten sich noch zurück, sodass die Amerikaner sich in ein enges Konstrukt zusammenziehen konnten. Dadurch versperrten sie die Passwege hinter die Abwehr. Belgien war oft gezwungen, aussichtsreiche Angriffe abzubrechen und über die Flügel neu aufzubauen. Amerika konnte sich derweil sortieren und in eine enge 4-4-1-1-Ordnung zurückziehen.
In der zweiten Halbzeit nahm Belgien das Zepter mehr und mehr in die Hand. Sie nutzten nun intensiver ihre Aussenverteidiger und schoben diese weiter nach vorne. Zudem schufen sie öfter Überzahlsituationen auf den Flügeln. Kevin de Bruyne zeigte sich sehr umtriebig, aber auch die anderen zentralen Mittelfeldspieler unterstützten immer wieder die Aussen. So konnte sich Belgien auch den engen Deckungen des amerikanischen Mittelfelds entziehen.
So richtig rund ging es allerdings erst nach zwei Wechseln: Rechtsaussen Mirallas interpretierte seine Position sehr viel diagonaler als Mertens zuvor, der oft an der Aussenlinie blieb. So hatte Belgien einen weiteren Spieler, der schnell in den Strafraum startete, was de Bruyne aus dem Hintergrund noch mehr Optionen gab.
Vor allem aber verloren die Amerikaner ihre Struktur, nachdem Klinsmann mit Wondolowski einen zweiten Stürmer brachte. Für ihn wich mit Zusi der Rechtsaussen, dessen Position auf dem Flügel danach weitestgehend vakant blieb. Jermaine Jones sollte wohl dort spielen, allerdings stiess er so häufig nach vorne, dass er der Defensive keine grosse Hilfe war.
Im defensiven Mittelfeld liess sich zudem Cameron weit nach hinten drücken, er wollte de Bruyne eng decken. Die Amerikaner standen so oft in einem sehr unkompaktem 4-1-1-2-2, das vor allem auf den Flügeln zahlreiche Lücken aufwies.
Belgien drückte nun mit den Aussenverteidigern nach vorne und schnürte die Amerikaner mit einem Gegenpressing hinten ein. Schuss um Schuss kam auf das Tor von Howard, der aber einen Ball nach dem anderen hielt. Die USA rettete sich in die Verlängerung, doch dort mussten sie früh zwei Gegentreffer hinnehmen.
Erst nach dem 0:2 fand die USA wieder ins Spiel. Die Belgier hielten den Druck nicht mehr hoch und zogen sich weit nach hinten zurück in einer 4-4-1-1-Formation. Die Amerikaner warfen nun alles nach vorne. Durch die Einwechslung von Julian Green konnten sie sich auf der linken Seite ein spielerisches Übergewicht erarbeiten, mit dessen Hilfe sie zahlreiche Flanken in den Strafraum schlugen. Julian Green konnte sogar den Anschlusstreffer markieren; mehr war aber nicht mehr drin.
Am Ende sollte es nicht der Tag der deutschen Trainer sein. Ottmar Hitzfeld musste eine bittere Niederlage hinnehmen, und auch Jürgen Klinsmann konnte seinem Team mit seinen Wechseln nicht helfen. Erst sein letzter Joker stach – zu spät. Nun muss Jogi Löw die Ehre der teutonischen Trainer bei dieser WM hochhalten. Ob ihm das gelingt?