Nur ein halbes Jahr hat es Timo Schnegg versucht, sich eine Existenz als Tennis-Profi aufzubauen. Doch die Einsamkeit, die Unsicherheiten und die immensen Kosten haben ihn zum Umdenken bewegt. Mitte Mai beendete er die Rekrutenschule, im Herbst beginnt er an der Universität Bern ein Studium der Betriebswirtschaftslehre.
Dabei ist Schnegg erst 20 Jahre alt und immerhin die Nummer 84 der Schweiz. Zu wenig, um vom Sport leben zu können. Selbst wer nur Turniere in der Schweiz bestreite, komme auf Kosten von 30'000 Franken pro Saison, wer auch im Ausland spielt, kommt schnell auf 50'000 Franken im Jahr. Für Sponsoren sind solche Spieler noch nicht interessant, und der Schweizer Tennisverband kann nur die besten Junioren des Landes adäquat unterstützen.
Vom Tennis leben können nur eine Handvoll Schweizer Spieler: Neben den Grossverdienern Roger Federer, Stan Wawrinka und Belinda Bencic, die zu den Weltbesten gehören, sind das Timea Bacsinszky, Viktorija Golubic, Jil Teichmann, Stefanie Vögele, Henri Laaksonen und Conny Perrin sowie Xenia Knoll, die sich auf die Doppel-Konkurrenz spezialisiert haben. Reich werden sie damit nicht, Steuern, Reisekosten und Material fressen den Grossteil der Preisgelder auf, einen festen Trainer können sie sich kaum leisten.
Und gegen einen Verdienstausfall sind sie nicht versichert. Wird nicht gespielt, gibt es keine Preisgelder, die Existenz ist gefährdet. Geld auf die Seite legen können diese Athleten kaum. Selbst dann nicht, wenn sie ein Jahrzehnt zu den 100 besten der Weltsportart Tennis gehörten.
Viele scheitern in diesem gnadenlosen Verdrängungskampf bereits früher. Weil das Talent nicht ausreicht, eine Verletzung im dümmsten Moment dazwischen kommt, oder das Geld ausgeht. Timo Schnegg ist einer von ihnen. Er wünscht sich, dass künftig mehr Schweizerinnen und Schweizer vom Tennis leben können – und bringt konkrete Vorschläge:
Jeder Kanton/Regionalverband stellt ein Team, zusammengesetzt aus Elite-Männern und Elite-Frauen. Gespielt wird während neun Tagen nach einem noch zu definierenden Modus, der dem ATP-Cup ähneln soll.
Die Teams sind gleich oder ähnlich zusammengestellt wie bei Variante 1. Der Modus ist dem alten Davis Cup und Fed Cup entliehen. Heisst: K.o-System. Gespielt wird über mehrere Wochen an den Wochenenden.
Die Kantone würden zunächst in regionalen Gruppen ihren Vertreter an den Wochenenden ermitteln, analog zum Interclub-Modus. Die Sieger der Vorausscheidung treffen danach in Halbfinals und Finals aufeinander.
Unternehmen alimentieren Spieler, die sie unter ihrem Namen antreten. Schneggs Vision: Die Geldgeber stellen die Spieler in Teilzeitpensen an, oder ermöglichen Praktika. In anderen Sportarten ist das weit verbreitet.
An stark frequentierten Schauplätzen wie auf dem Berner Bundesplatz, oder im Zürcher Hauptbahnhof werden Turniere veranstaltet. Das Konzept ist der Beachvolleyball-Tour entliehen. Zentral wäre der Eventcharakter.
Unterstützung erhält Timo Schnegg von höchster Ebene: Swiss-Tennis-Präsident René Stammbach begleitet den Prozess. Er sagt, der Verband möchte mithelfen, dass sehr gute Spieler, die vom Tennis nicht leben können, so genannte Dropouts, die Freude am Sport nicht verlieren, und sich selbst in der Junioren-Förderung einbringen, was ein zentrales Anliegen der Regionalverbände von Swiss Tennis sei.
Dafür müssten finanzielle Anreize in Form von Verdienstmöglichkeiten geschaffen werden. Eine Serie mit Millionen-Budget würde Swiss Tennis nicht unterstützen, der Fokus liege auf dem Spitzensport, sagt Stammbach. Realistischer sei eine Turnier-Serie in den Monaten Februar und März. Swiss Tennis könnte diese mit Beträgen im tiefen fünfstelligen Bereich alimentieren. Junge Spieler könnten damit zwar nicht vom Tennis leben, würden dem Sport aber länger erhalten bleiben. Für das Schweizer Tennis wäre das eine kleine Revolution, entstanden aus Timo Schneggs Vision. (aargauerzeitung.ch)
Wenn man bedenkt, dass ein Davis Cup -Wochenende in Biel nicht mal 1000 Zuschauer anzieht und für Swiss Tennis jeweils ein Minus von 300'000 Franken bedeutet, sind diese Ideen illusorisch.
Es können halt nur wenige vom Sport Leben und für den Rest ist es ein mehr oder weniger teures Hobby.
Es fehlt nur noch, dass man für Dreijährige Cup-, kantonale oder nationale Meisterschaften in Schlittenfahren einführt. Einfach wieder auf den Boden der Realität oder auf die Wurzeln der ursprünglichen Idee zurückkehren.