Rafael Nadal wird am US Open regelrecht der rote Teppich ausgerollt. Er erreicht kampflos die 3. Runde und sieht um sich herum fast alle Mitfavoriten straucheln.
Der Australier Thanasi Kokkinakis musste vor seiner Zweitrunden-Partie wegen einer Verletzung an der rechten Schulter Forfait geben. Und es kam noch besser für Nadal: Gegner in der 3. Runde ist am Samstag nicht sein als Nummer 32 gesetzter Landsmann Fernando Verdasco, sondern der südkoreanische Qualifikant Chung Hyeon (ATP 178), der sich in einem Abnützungskampf im Tiebreak des fünften Satzes durchsetzte.
Ohne grosses eigenes Dazutun läuft bisher alles ideal für den Weltranglisten-Zweiten. In seiner Tableauhälfte ist mit Alexander Zverev ein einziger anderer Top-Ten-Spieler verblieben – und der spielte in der 2. Runde gegen Frances Tiafoe bereits seinen zweiten Fünfsatz-Match.
Als Herausforderer kristallisiert sich dafür immer mehr der ebenso talentierte wie unberechenbare «Bad Boy» Nick Kyrgios heraus. Der Australier gewann zweimal souverän und ohne grossen Energieverlust. Zverev ist ein möglicher Viertelfinal-Gegner Nadals, Kyrgios könnte im Halbfinal auf den Spanier treffen.
Ausgeschieden ist hingegen bei den Frauen die Wimbledonsiegerin Simona Halep. Die Weltnummer 4 aus Rumänien unterlag sensationell 6:2, 3:6, 6:7 (4:7) gegen die amerikanische Qualifikantin Taylor Townsend (WTA 116). Für noch grössere Schlagzeilen sorgt ein anderes US-Girl.
Die 15-jährige Cori Gauff (WTA 140) hatte bereits in Wimbledon die Achtelfinals erreicht und steht nun auch bei ihrem ersten US Open in der 3. Runde, als jüngste Spielerin seit Anna Kurnikowa 1996. Der Teenager verzückt die Fans nicht nur mit einer verblüffenden Reife, sondern vor allem mit ihrem Kampfgeist.
Wie in der 1. Runde gewann sie auch gegen die Ungarin Timea Babos (WTA 112) in drei Sätzen. Hatte Gauff in den ersten beiden Runden noch von einem günstigen Los profitiert, folgt nun der grösstmögliche Test. In der 3. Runde misst sie sich mit der Titelverteidigerin und Weltnummer 1 Naomi Osaka.
Wawrinka, der US-Open-Champion von 2016, findet immer besser zu seiner Form. Gegen den Franzosen Chardy zeigte er sich vor allem bei eigenem Aufschlag sehr solide und musste in der gesamten Partie, die am Mittwoch wegen des Dauerregens verschoben worden war, keinen Breakball abwehren. Im ersten – zum 6:4 – und zweiten – zum 4:2 – Satz schaffte er dann jeweils selber gleich ein Break, nachdem er die Chance des Franzosen vereitelt hatte. Einzig im Tiebreak des dritten und zu Beginn des vierten Satzes zeigte sich Wawrinka weniger effizient.
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— doublefault28 (@doublefault28) August 29, 2019
Das Tiebreak verlor er klar, und zu Beginn des vierten Durchgangs konnte er sieben Breakchancen zum 2:0 nicht nutzen. Wenig später machte er es aber zum 3:1 besser. Am Ende behielt er gegen Chardy auch im sechsten Duell die Oberhand.
«Das war ein grosser Kampf auf hohem Niveau», stellte Wawrinka zufrieden fest. «Ich habe sehr stark aufgeschlagen und fühle mich gut.» Wawrinka entwickelt sich damit am US Open wieder zum gefährlichen Aussenseiter, der zu einem Exploit fähig scheint. Er überwand zumindest einmal eine kleine Negativserie. Seit der Viertelfinal-Qualifikation am French Open hatte er bei vier Turnieren in Folge in der 2. Runde verloren. Nun ist wieder einiges zuzutrauen. In der 3. Runde, die ohne einen Tag Pause, aber bei endlich sommerlichen Temperaturen bereits am Freitag ansteht, ist er jedenfalls klarer Favorit.
Der als Nummer 23 gesetzte Wawrinka trifft am Freitag (ca. 21.00 Uhr Schweizer Zeit) auf den italienischen Lucky Loser Paolo Lorenzi (ATP 135). Dieser dürfte nicht mehr allzu frisch sein. Lorenzi, einer der härtesten Arbeiter im Tenniszirkus, rang den serbischen Teenager Miomir Kecmanovic (ATP 50) in fünf Sätzen und fast fünf Stunden nieder. Im Achtelfinal würde dann ein Duell mit dem Titelverteidiger Novak Djokovic winken, falls dessen linke Schulter dies zulässt.
Henri Laaksonen gelingt in der 2. Runde des US Open kein zweiter Exploit. Die Nummer 119 der Welt unterlag dem jungen Kanadier Denis Shapovalov (ATP 33) in 1:51 Stunden 4:6, 6:7 (2:7), 2:6.
Laaksonen wehrte sich zwar nach Kräften, konnte gegen den Linkshänder jedoch vor allem in dessen Aufschlagspielen nichts ausrichten. Er kam zu keinem einzigen Breakball. Nach dem fast vierstündigen Fünfsatz-Kampf in der 1. Runde fehlte wohl auch etwas die Kraft.
«Ich freue mich über den Sieg vom Dienstag, aber heute habe ich nicht gut gespielt», zeigte sich der schweizerisch-finnische Doppelbürger selbstkritisch. «Und als Linkshänder hat er einfach zu gut aufgeschlagen.»
Dank dem erstmaligen Einzug in die 2. Runde des US Open wird Laaksonen, der in zehn Tagen das Schweizer Davis-Cup-Team im Weltgruppen-Playoff in der Slowakei anführen wird, immerhin rund zehn Plätze in der Weltrangliste gutmachen.
Nach Stan Wawrinka qualifizierte sich auch Belinda Bencic für die dritte Runde. Die Ostschweizerin setzte sich gegen die Französin Alizé Cornet in drei Sätzen (6:4, 1:6, 6:2) durch.
Im ersten Durchgang drückte Bencic dem Spiel scheinbar nach belieben den Stempel auf, drängte ihre Gegnerin immer wieder aus dem Feld. Sie belohnte sich gegen Ende des Satzes mit dem Servicedurchbruch.
Danach folgte allerdings ein kurzes Zwischentief. Plötzlich war es Cornet, die die Ballwechsel prägt und die Baisse der Schweizerin zu zwei Breaks nutzte. Im dritten Durchgang war Bencic dann aber die geduldigere und sicherere der beiden Spielerinnen. Sie gewann das Match am Ende verdient. In der dritten Runde wartet dann die Estin Anett Kontaveit. (abu/sda)