Es gibt tausende Erzählungen über Elfmeter. Eigentlich ist es ja einfach: Man muss den Ball nur aus elf Metern am kleinen Goalie vorbei ins grosse Gehäuse schiessen. Doch jeder, der schon einmal zu einem Penalty angetreten ist, weiss: Das Tor wird verdammt klein und der Goalie riesengross, wenn man so alleine da steht. Ganz zu schweigen von den Psychospielchen der Keeper, auf grosser Bühne diverse Male perfekt inszeniert wie beispielsweise vom holländischen Goalie Tim Krul im WM-Viertelfinal 2014 gegen Costa Rica.
Für einen schienen Elfmeter immer die simpelste Sache der Welt: Alessandro Del Piero. Der Italiener versenkte Penaltys im WM- und CL-Final, als ob es auf dieser Welt nichts Einfacheres gäbe:
Meist nimmt der Stürmer mit Gefrierschutz in den Adern als einer der letzten Anlauf. Del Pieros Elfmeter sind selten scharf geschossen, dafür extrem platziert. Es wirkt wie Kunst, wenn er aus elf Metern antritt. 65 Elfmeter soll der Italiener in seiner Karriere getreten haben, 61 davon versenkt. Von einer solchen Quote träumen andere Fussballer nicht einmal, wenn ihnen vor dem Schuss vom Punkt die Knie schlottern.
So ist es nicht verwunderlich, dass der TV-Kommentator am Peace Cup 2009 den Sieger schon ausgemacht hat, als Del Piero sich den Ball präpariert. Juventus steht bei diesem Vorbereitungsturnier im Final gegen Aston Villa. In 120 Minuten fallen keine Tore, im Elfmeterschiessen steht es 3:3. Vincenzo Iaquinta hat für die Juve verschossen, Steve Sidwell und Chris Herd für Villa. Del Piero ist der letzte Schütze. Trifft er, geht die Trophäe an die «Alte Dame». «Nun, die Aussichten stehen gut, wenn dein letzter Schütze Del Piero heisst», sagt der Kommentator als der Superstar Anlauf nimmt.
Sekunden später lacht er sich kaputt: «Oooh! Das ist der schlechteste Penalty, den ich je gesehen habe!»
Was war passiert? Es geschieht das, was niemand für möglich gehalten hätte: Del Piero schiesst nicht, er passt den Ball vielmehr flach und geradeaus Richtung Villa-Torhüter Brad Guzan. Dieser bleibt einfach stehen und wehrt den Ball mühelos ab.
«Das ist ein fürchterlicher Elfmeter von Alessandro Del Piero!» und «das ist schlicht elend schwach!», prustet der Kommentator zwischen seinen Lachern heraus.
Doch es ist, wie es ist. Das Penaltyschiessen muss in die «Verlängerung». Carlos Cuellar versenkt für Aston Villa mühelos, Nicola Legrottaglie schiesst danach über das Gehäuse – die Engländer gewinnen den Peace Cup.
Juventus wird das Vorbereitungsturnier, das von 2003 bis 2012 alle zwei Jahre stattfindet, nie gewinnen. Del Piero dürfte es verkraften. Die wirklich wichtigen Elfmeter seiner Karriere hat er ja versenkt. Mit dem Alter schwindet allerdings seine Treffsicherheit. Von 2012 bis 2014 lässt er seine Laufbahn beim Sydney FC ausklingen. Zwei seiner fünf Penaltys für die Australier gehen daneben.