Alan Shearer ist in Newcastle ein Gott. Dabei gehört der Stürmer gar nicht in die Kategorie der Treueformate wie ein Francesco Totti, der seine Klubfarben eine ganze Karriere lang auf den Platz trug.
Begonnen hat Shearers Karriere nämlich in Southampton. Von seiner zweiten Premier-League-Station Blackburn wurde er dann 1996 für die damalige Rekordsumme von 20 Millionen Franken zu Newcastle transferiert. Für den waschechten «Geordie» ein Weg zurück zu den Wurzeln. Und zu seinem «Herzensklub».
In seiner Heimat mausert sich Shearer zum erfolgreichsten Torschützen der Premier League: Mit sagenhaften 260 Toren liegt er in der ewigen Torjägerliste satte 52 Tore vor ManUnited-Legende Wayne Rooney. Die Schattenseite: Mit Newcastle hat der Starstürmer keinen absoluten Topklub im Rücken, in zehn Jahren gewinnt er keinen einzigen Titel.
Dennoch hat es Shearer alles bedeutet, für seine «Magpies» zu spielen: «Ausserhalb von Newcastle wird das niemand verstehen, aber wenn du einen ‹Geordie› fragst, der in Newcastle aufgewachsen ist und sein ganzes Leben lang im schwarz-weissen Trikot einen Ball herumgekickt hat – wenn du ihn fragst, was es bedeutet, für diesen Verein zu spielen, wird er es verstehen.»
Auch in seiner Blütezeit hat der heute 48-Jährige seine Wurzeln nie verraten, trotz zahlreicher Angebote von grösseren Klubs. Vor allem ein Transfer zu Manchester United stand lange im Raum, doch für Shearer war immer klar: «Als ich ein kleiner Junge war, träumte ich davon, bei Newcastle zu spielen, die Nummer 9 zu tragen und im St.James' Park Tore zu schiessen. Ich habe meinen Traum gelebt.»
Am 17. April 2006 läuft Shearer ahnungslos zum letzten Ernstkampf seiner Karriere auf. Die Rücktrittsgedanken geistern dem 35-Jährigen bereits durch den Kopf, die Saison will er aber unbedingt noch beenden.
Doch wie so oft im Fussball kommt alles anders: Gegen Lokalrivale Sunderland trifft er beim 4:1-Sieg per Penalty zur 2:1-Führung, prallt keine zehn Minuten später unglücklich mit einem Gegenspieler zusammen und holt sich einen Bänderriss im linken Knie. Das «Stadium of Light» wird für Shearer zur Alptraum-Stätte.
«Als ich am Montag vom Platz lief, wusste ich tief in mir, dass etwas verloren gegangen war», gesteht Shearer vier Tage und eine Untersuchung später. Tags darauf, am 22. April 2006, verkündet die Newcastle-Legende offiziell seinen Rücktritt.
Ausgerechnet von Erzrivale Sunderland wird seine aussergewöhnliche Karriere abrupt beendet. Ein unwürdiger Abgang für den Weltklasse-Stürmer? Keineswegs, wie Alan Shearer festhält: «Gegen Sunderland treffen und das beste Resultat seit 50 Jahren erzielen? Kein schlechtes Ende!»